Großbaustelle Transparenzregister: Der Ausbau zum Vollregister

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Christine Varga-Zschau

Anders als bisher müssen sich Unternehmen künftig auf umfangreiche Neu- bzw. Nachmeldungen zum Transparenzregister einstellen. Gastbeitrag von Rechtsanwältin Christine Varga-Zschau, Rödl & Partner

Der Ausbau des Transparenzregisters geht mit großen Schritten voran. Am 10. Februar hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Geldwäschegesetzes (Gesetz zur europäischen Vernetzung der Transparenzregister und zur Umsetzung der EU-RL 2019/1153 zur Nutzung von Finanzinformationen für die Bekämpfung von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und sonstigen schweren Straftaten – TraFinG) beschlossen. Am 10. Juni wurde das Gesetz im Deutschen Bundestag verabschiedet und am 1. August soll das TraFinG in Kraft treten. Damit konnte das Gesetz noch vor der Sommerpause auf den Weg gebracht werden. Hintergrund des Gesetzes ist die europarechtlich vorgesehene elektronische Vernetzung der Transparenzregister aller EU-Mitgliedstaaten. Diese geforderte Vernetzung kann jedoch nur erreicht werden, wenn alle relevanten Informationen zu den wirtschaftlich Berechtigten in digital abrufbarer Form vollständig zur Verfügung stehen.

Wegfall der Meldefiktion nach Paragraf 20 Absatz 2 GwG (Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten)

Genau an diesem Erfordernis scheitert es noch zum jetzigen Zeitpunkt: Aufgrund diverser Befreiungsmöglichkeiten sind für eine Vielzahl von Unternehmen gerade keine vollständigen Daten im Transparenzregister hinterlegt. Das ist darauf zurückzuführen, dass das deutsche Transparenzregister bislang als Auffangregister strukturiert ist.

Was bedeutet das konkret?

Eine Meldung an das Transparenzregister ist bisher insbesondere dann entbehrlich, wenn sich alle erforderlichen Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten bereits aus bestimmten öffentlich einsehbaren Registern, wie zum Beispiel Handels-, Partnerschafts-, Genossenschafts- oder Vereinsregister ergeben (sogenannte Mitteilungsfiktion). 

Die Ausgestaltung des Transparenzregisters als Auffangregister erfolgte bei der Umsetzung der 4. EU-Geldwäscherichtlinie vor dem Hintergrund der Bemühungen, den Verwaltungsaufwand für die beteiligten Unternehmen so gering wie möglich zu halten. Dies war deshalb erforderlich, weil sich der deutsche Gesetzgeber bewusst für ein eigenständiges Register – und nicht um eine Erweiterung des bereits bestehenden Handels-oder Unternehmensregisters – entschieden hatte.

Umso überraschender die Kehrtwende! Nun soll das „Auffangregister“ zum Vollregister erfolgen. Auf diesem Wege schafft man nun die Voraussetzungen zur internationalen Vernetzung, die eigentlich bereits in der 4. EU-Geldwäscherichtline (2015/849) und bei der Erstimplementierung des Transparenzregisters vorgesehen waren.

Was bedeutet der Ausbau zum Vollregister konkret für die transparenzpflichtigen Unternehmen? Die Antwort ist denkbar einfach: Es müssen alle alles melden oder alle Meldepflichtigen müssen alle Daten zu ihren wirtschaftlich Berechtigten zur Eintragung in das Register melden. Ändern wird sich also, dass zu den bislang zur Eintragung verpflichteten Gesellschaften, wie juristische Personen des Privatrechts, eingetragene Personengesellschaften, nichtrechtsfähige Stiftungen, Trusts und ähnliche Gestaltungen nun auch GmbHs einzutragen sind.

Dabei kommt es auch weiterhin darauf an, ob der wirtschaftlich Berechtigte unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 Prozent der Kapitalanteile oder der Stimmrechte einer Gesellschaft hält oder auf vergleichbare Weise Kontrolle über die betreffende Gesellschaft ausüben kann. Ist diese Voraussetzung bei einer AG oder GmbH nicht erfüllt, gelten die Mitglieder des Vorstands bzw. der Geschäftsführung als sogenannte fiktiv wirtschaftlich Berechtigte. Die Angaben zu den fiktiven wirtschaftlich Berechtigten ergeben sich aus dem Handelsregister, so dass bis dato keine derartige Meldung an das Transparenzregister erfolgen musste. Zukünftig sind auch diese Personen dem Transparenzregister zu melden.

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass bei jeder personellen Veränderung in Vorstand oder Geschäftsführung oder bei den eintragungspflichtigen Daten (zum Beispiel Wohnort oder Nachname) die Eintragung im Transparenzregister aktualisiert werden muss.

Auch börsennotierte Gesellschaften sollen zukünftig zur Meldung ihrer wirtschaftlich Berechtigten verpflichtet sein. Das verwundert vor dem Hintergrund, dass die aktuelle EU-Geldwäsche-Richtlinie in der Definition des wirtschaftlich Berechtigten börsennotierte Gesellschaften ausdrücklich ausnimmt, so dass an dieser Stelle von einer Übererfüllung der Richtlinie oder „Goldplating“ gesprochen werden kann.

Dieser komplette Umschwung in der zukünftigen Handhabe lässt sich nur in der fortschreitenden „Gläsernmachung“ erklären. Es ist einzig dem Ansinnen geschuldet, dass dem Einsichtnehmenden „auf Knopfdruck“ sämtliche Daten eines wirtschaftlich Berechtigten zu jedem Unternehmen geliefert werden kann.

Von dieser Erweiterung der Meldepflichten sind circa 2,3 Millionen deutsche Unternehmen betroffen. 

Folgen für die Unternehmen

Anders als bisher müssen sich Unternehmen – aber auch Verbände – künftig auf umfangreiche Neu- bzw. Nachmeldungen zum Transparenzregister einstellen. Unternehmen und Verbänden, die ihre wirtschaftlich Berechtigten noch nicht beim Transparenzregister gemeldet haben, ist zu empfehlen, dass dies umgehend nachgeholt wird bzw. Eintragungen ergänzt werden. Das umso mehr vor dem Hintergrund der aktuellen Bußgeldpraxis des Bundesverwaltungsamtes als zuständige Aufsichts-und Ordnungswidrigkeitenbehörde, die auch bei leichtfertigen und erstmaligen Verstößen gegen die Eintragungsverpflichtung zum Teil hohe fünfstellige Bußgelder verhängt – abgesehen von der Möglichkeit, bestandskräftige Bußgeldbescheide auf der Internetseite der Behörde zu veröffentlichen (Prinzip des „naming“ und „shaming“).

Erfahrungen zeigen, dass dieser „elektronische Pranger“ von den Unternehmen fast mehr gefürchtet wird als die hohen Bußgelder, weil dieser mit einem erheblichen Reputationsschaden für das betroffene Unternehmen einhergeht.

Es kann jetzt schon prognostiziert werden, dass mit einer Zunahme entsprechender Verfahren gerechnet werden kann. Durch die erforderlichen Mehrfachmeldungen an verschiedene Register entstehen per se Fehlerquellen und es drohen dadurch Unstimmigkeitsmeldungen seitens des Bundesanzeiger-Verlags als registerführende Stelle. Nicht selten münden nicht aufgelöste Unstimmigkeitsmeldungen durch Vorlage an das Bundesverwaltungsamt in Ordnungswidrigkeitenverfahren, da bei der Gelegenheit festgestellt wird, dass Eintragungen nicht rechtzeitig oder nicht richtig erfolgt sind.

Die Verantwortlichkeit für die Richtigkeit und Aktualität der Daten liegt damit fortan klar und abgrenzbar als Compliance-Maßnahme bei den Rechtseinheiten. Die Erfüllung dieser Anforderung muss durch die Implementierung von Prozessen und Zuständigkeiten sichergestellt werden, zumal diese im Falle von Ordnungswidrigkeitenverfahren bewusst von der Aufsichtsbehörde abgefragt werden.

Übergangsfristen für die Nachmeldung des wirtschaftlich Berechtigten

Ein Silberstreif am Horizont besteht jedenfalls: Das TraFinGw sieht für die Nachmeldung der wirtschaftlich Berechtigten eine gestaffelte Übergangsregelung vor, was angesichts des erheblichen Verwaltungsaufwandes für Unternehmen auch sinnvoll erscheint. Doch es ist nicht angezeigt, sich zurückzulehnen, denn die Nachmeldungen haben

  • im Falle einer Aktiengesellschaft (AG), Europäische Aktiengesellschaft (SE) oder Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) bis zum 31. März 2022, 
  • im Falle einer GmbH, Genossenschaft oder Partnerschaftsgesellschaft bis zum 30. Juni 2022 und
  • in allen anderen Fällen bis zum 31. Dezember 2022 zu erfolgen.

Der Vollzug der Bußgeldvorschriften für Verstöße gegen die Pflicht zur Erstmeldung des wirtschaftlich Berechtigten infolge der neuen Regelungen wird 

  • im Falle einer AG, SE oder KGaA bis zum 31. März 2023,
  • im Falle einer GmbH, Genossenschaft oder Partnerschaftsgesellschaft bis zum 30. Juni 2023 und
  • in allen anderen Fällen bis zum 31. Dezember 2023 ausgesetzt.

Es bleibt die Empfehlung, trotz der großzügig anmutenden Fristen, sich frühzeitig mit der Thematik auseinanderzusetzen, will man ein Ordnungswidrigkeitenverfahren inklusive hohe Bußgelder und einem nicht unerheblichen Reputationsschaden für das Unternehmen vermeiden.

Rechtsanwältin Christine Varga-Zschau ist im Bereich Wirtschafts-, Zoll- und Steuerstrafrecht im Team „Prävention und Verteidigung“ bei Rödl & Partner tätig.

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