Schiffsfinanzierung: Die See wird immer rauer

Die Löwer-Kolumne

Je länger die Krise auf den Schifffahrtsmärkten anhält, desto prekärer wird die Lage für alle Beteiligten. Die Zukunft der Branche liegt in der Hand der Banken, und der Ruf nach dem Staat wird lauter.

Cash.-Kolumnist Stefan Löwer
Cash.-Kolumnist Stefan Löwer

Das wurde auf dem diesjährigen „Hansa-Forum“ der Zeitschrift Hansa vor allem durch die Grundaussagen der Vertreter von schiffsfinanzierenden Banken deutlich. Im vergangenen Jahr um die gleiche Zeit hatten sie noch Beruhigungspillen verteilt. „Wir lassen die Branche nicht fallen und werden Problemfälle zusammen mit Reedern, Werften und Emissionshäusern lösen“, war damals der Tenor der Geldhäuser.

Das Motto „Wir schaffen es nur gemeinsam“ gilt zwar noch immer. Aber mittlerweile sind 13 Schiffs-KGs sowie ein Emissionshaus insolvent und von den Bankern heißt es nun – in Klartext übersetzt – unisono: „Wir bemühen uns, aber wir werden nicht jeden durchbringen können“. Bisher stemmen sich die Emissionshäuser zwar mit aller Kraft und durchaus mit Etappenerfolgen gegen die Krise. Aber die Branche wird sich auf weitere Pleiten einstellen müssen. Die See wird immer rauer, denn auch die Banken pfeifen aus dem letzten Loch.

Die Situation der Geldhäuser ist ein weiterer Beleg für gescheiterte staatliche Regulierung. Sie resultiert nicht nur aus dem weltweiten Subprime-Kasino, sondern auch aus den internationalen Eigenkapitalrichtlinien „Basel II“, mit denen Regierungen und Institutionen die Banken krisensicherer machen wollten. Nun stellt sich heraus: Das Gegenteil ist der Fall.

Die Vorschrift besagt, dass die Banken die ausgereichten Kredite in Abhängigkeit von der Bonität des Kreditnehmers und dem Marktwert des beliehenen Assets in unterschiedlicher Höhe mit Eigenkapital unterlegen müssen. Das klingt vernünftig, hat aber gerade in sehr zyklischen Märkten wie der Schifffahrt fatale Folgen.

Im Boom konnten die Banken zu Höchstpreisen eingekaufte Schiffe mit einer winzigen Eigenkapitalabsicherung finanzieren. Sie blähten damit ihr Kreditportfolio enorm auf und befeuerten gleichzeitig die Überhitzung des Marktes. Je stärker die Schiffswerte und die Bonitäten der Reedereien nun jedoch sinken, desto mehr Eigenkapital müssen die Banken auch für bereits vergebene Kredite zurückstellen – bis zum  25fachen der ursprünglichen Summe.

Das zerlegt den Geldhäusern nicht nur die Bilanzen, sondern es schränkt auch ihren Spielraum für Sanierungskonzepte und neue Kredite enorm ein. Statt die Branche zu stabilisieren, wirkt Basel II pro-zyklisch und verstärkt die Krise.

Im Vorjahr verbreitete vor allem der für Schiffsfinanzierungen verantwortliche Vorstand der HSH Nordbank, Peter Rieck, auf dem Hansa Forum demonstrativ Gelassenheit. Er war auch für das diesjährige Podium vorgesehen gewesen, wurde aber zwei Tage vor der Veranstaltung von der Bank gefeuert.

Viel wird wohl von der – allerdings nicht öffentlich diskutierten – Frage abhängen, ob die HSH ihr Verhalten nach Riecks Ausscheiden ändern wird. Schließlich hängt ein Großteil der Emissionshäuser, Reeder und Fonds am Tropf der selbst stark angeschlagenen HSH, die der größte Schiffsfinanzierer weltweit ist. Für die Fondsbranche bleibt zu hoffen, dass Riecks Nachfolger nun nicht Tabula rasa macht, um die Verantwortung für die unvermeidlichen Verluste noch seinem Vorgänger in die Schuhe schieben zu können.

Stefan Löwer ist Chefanalyst der G.U.B., Deutschlands ältester Ratingagentur für geschlossene Fonds, und begleitet den Themenbereich geschlossene Fonds in der gesamten Cash.-Unternehmensgruppe. Als Cash.-Redakteur und G.U.B.-Analyst  beobachtet Löwer die Branche und ihre Produkte insgesamt bereits seit mehr als 15 Jahren.

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