Wohnungsnot: Platzmangel lässt Supermärkte kreativ werden

Aldi Süd hat ähnliche Pläne: In Ballungsräumen wie Köln oder München würden Filialen in Kombination mit Wohnungen realisiert, teilte das Unternehmen mit. Man stehe neuen Konzepten „offen gegenüber“.

Und Lidl will im Frankfurter Gallus-Viertel eine Filiale abreißen, die samt Parkplatz ein 7.700 Quadratmeter großes Grundstück belegt. Zu viel Raum für einen eingeschossigen Bau, findet Lidl, zumal die Gegend durch mehr Wohnungsbau „zunehmend attraktiv“ werde.

Lidl plant mit der kommunalen Gesellschaft ABG 110 Wohnungen auf dem Gelände – 40 direkt über der neuen Filiale und weitere 70 in einem separaten Gebäude.

Politischer Druck als Faktor

Die Parkplätze werden teils in eine Tiefgarage verbannt. „Mit solchen Plänen kommen Händler den Anforderungen von Städten entgegen, die dringend Wohnraum brauchen“, sagt Atzberger.

Mehrgeschossige Handelsimmobilien seien betriebswirtschaftlich effizienter und nebenbei näher am Kunden. „Wer über einem Lebensmittelmarkt wohnt, kauft dort wahrscheinlich auch ein.“

Teils agieren Handelsketten aber auch unter politischem Druck. Aldi Nord etwa will in Berlin 2.000 Wohnungen errichten. Die ersten in Neukölln und Lichtenberg würden in Kürze gebaut, weitere 15 Standorte in der Hauptstadt habe man im Blick.

Druck durch hohe Grundstückspreise

Mit dem Projekt geht Aldi auch auf Berlins Senat zu, dem die üppigen Discounterflächen wegen der Wohnungsnot ein Dorn im Auge sind. „Handelsketten dürften mit gemischt genutzten Immobilien leichter Baugenehmigungen in Städten erhalten“, sagt Atzberger.

Zudem setzt der Immobilienboom die Handelsketten selbst unter Druck. In Metropolen seien Planungen für rein eingeschossige Supermärkte plus Parkplätze wegen der hohen Grundstückpreise „wirtschaftlich nicht realisierbar“, erklärte Rewe. Der hochpreisigere Händler setzt aber eher auf zentrale „City“-Filialen in städtischen Wohnhäusern.

Selbst bei anderen Händlern finden neue Filialtypen Gefallen: So strebt der Möbelriese Ikea zunehmend in die Innenstädte und kann sich nun Büros und Wohnungen auf dem Dach von Geschäften vorstellen. „Wir trauen uns zu, solche Modelle zu entwickeln. Umgesetzt werden sollten sie dann mit lokalen Partnern“, kündigte Ikea an.

Neue Konzepte müssen sich bewähren

Die neuen Vorzeigefilialen haben jedoch auch Nachteile, etwa eine aufwendigere Statik. Aus Anwohnersicht ist ebenfalls nicht alles rosig: Supermärkte liegen oft an Verkehrsachsen und sind so Lärm beim Kommen und Gehen der Kunden ausgesetzt. Zumal manche Geschäfte bis in den späten Abend hinein geöffnet haben.

Zudem sei Vermietung keine Kernkompetenz von Händlern, sagt Experte Atzberger. Verwalteten sie Wohnungen in eigener Hand, seien sie Ansprechpartner für Reparaturen und Mieterbeschwerden.

Eine Auslagerung an Dienstleister lohne hingegen erst bei vielen Objekten. „Die neuen Filialkonzepte müssen sich insofern noch bewähren.“ (dpa-AFX)

Foto: Lidl

 

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