Wohnimmobilien: Alternative zum Volleigentum

Steigende Preise und strengere Regeln für die Vergabe von Krediten: Für viele Menschen ist es heute schwer, überhaupt Wohneigentum zu bilden.
In dieser Situation kann das Erbbaurecht eine gute Alternative sein.  Denn es ermöglicht die Trennung zwischen Grundstück und Immobilie.

 

Beim Erwerb entfallen deshalb die Kosten für das Grundstück. Stattdessen zahlt der Erbbaurechtsnehmer regelmäßig den Erbbauzins. Damit ist das Erbbaurecht insbesondere für Personen interessant, die über wenig Liquidität verfügen oder ihr Eigenkapital schonen möchten. Wie funktioniert das eigentlich? Und was ist dabei zu beachten?

Was ist ein Erbbaurecht?
Die Vergabe von Erbbaurechten ist im deutschen Erbbaurechtsgesetz geregelt, das auf das Jahr 1919 zurückgeht. Erbbaurechte werden vom Grundstückseigentümer für bestimmte Grundstücke vergeben. Der Erbbaurechtsnehmer erhält das Recht, auf diesem Grundstück eine Immobilie zu bauen und zu nutzen. Eigentümer dieser Immobilie ist er selbst, mit allen Rechten, die dazugehören. Eigentümer des Grundstücks bleibt aber der Erbbaurechtsgeber – hierin liegt der Unterschied zum Volleigentum.

Was ist der Unterschied zur Erbpacht?
Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass Erbbaurecht und Erbpacht dasselbe seien. Tatsächlich ist die Erbpacht in Deutschland längst verboten. Die Erbpacht geht auf das mittelalterliche Lehnswesen zurück. Dabei zahlte der Pächter Geld an seinen Lehnsherren, um ein Grundstück oder ein Gebäude zu nutzen. Eigentümer blieb aber immer der Lehnsherr selbst. Darüber hinaus hatte der Pächter zahlreiche Pflichten und musste das Lehen in einem guten Zustand halten. Ansonsten konnte es ihm wieder entzogen werden.

Wie hoch sind die Erbbauzinsen?
Anstelle eines Kaufpreises für das Grundstück zahlt der Erbbaurechtsnehmer einen Erbbauzins an den Grundstückseigentümer. Die Höhe dieses Zinses ist gesetzlich nicht geregelt und insofern frei verhandelbar. Eine Studie des deutschen Erbbaurechtsverbands aus dem Jahr 2017 fand heraus, dass der durchschnittliche Erbbauzins für Wohnimmobilien bei jährlich 3,1 Prozent des Bodenwertes – also des Bodenrichtwertes abzüglich der Erschließungskosten – liegt. Bei gewerblich genutzten Erbbaurechten wird meist ein etwas höherer Prozentsatz angesetzt.
Diese Berechnung ist zwar üblich, aber nicht „in Stein gemeißelt“. Auch andere Modelle sind denkbar. Möglich wäre es beispielsweise, den Erbbauzins variabel zu gestalten und dem jeweiligen Immobilienprojekt anzupassen. Die Kosten für das Erbbaurecht sind – ebenso wie Grundstücks- oder Tilgungskosten – nicht umlagefähig.

Was regelt der Erbbaurechtsvertrag noch?
Erbbaurechtsverträge können individuell gestaltet werden. Als wesentliche Inhalte sind zu regeln:

  • der Erbbauzins,
  • die Bestimmung des Flurstücks,
  • eine Wertsicherungsklausel,
  • dingliche Rechte und
  • Zwangsversteigerungsfestigkeit des Erbbauzinses

In vielen Fällen wird auch der Heimfall in den Vertrag aufgenommen. Dabei handelt es sich um ein Sicherungsrecht des Grundstückseigentümers für die Fälle, in denen der Erbbaurechtsnehmer seinen vertraglichen Pflichten nicht nachkommt. Dies gilt insbesondere für die Fälle der Nichterfüllung der bestehenden Bauverpflichtung beziehungsweise der Zahlung des Erbbauzinses. Insbesondere im letzten Fall ist der Erbbaurechtsgeber auch durch die Regelungen über die Zwangsversteigerung gesichert – allerdings nur bei einem zwangsversteigerungsfesten erstrangigen Erbbauzins.

Welche Kosten entstehen bei Vertragsabschluss?
Als grundstückgleiches Recht unterliegt auch das Erbbaurecht der Grunderwerbssteuer. Deren Höhe ergibt sich aus dem Kapitalwert des Erbbaurechts als Bemessungsgrundlage und dem Grunderwerbssteuersatz des jeweiligen Bundeslandes. Um den Kapitalwert zu ermitteln, wird beim Erbbaurecht der Jahreserbbauzins mit einem bestimmten Wert multipliziert, der von der Restlaufzeit des Erbbaurechts abhängt.

Die Notargebühr richtet sich nach dem Kaufpreis, wenn ein bestehendes Erbbaurecht verkauft wird. Ihre Höhe ist in der Gebührentabelle des Gerichts- und Notarkostengesetzes festgelegt. Wenn der Notar ein neues Erbbaurecht ins Grundbuch eintragen lässt, ergeben sich seine Gebühren aus dem Geschäftswert des Erbbaurechts. Dieser entspricht entweder 80 Prozent des Grundstückswertes oder dem Erbbauzins der ersten 20 Jahre. Grundlage für die Notargebühren ist immer der höhere dieser beiden Werte. Wie Erbbaurechtsnehmer und -geber diese Kosten untereinander aufteilen, ist Verhandlungssache.

Wenn der Verkauf eines Erbbaurechts von einem Immobilienmakler vermittelt wurde, fällt dafür die übliche Maklercourtage an. Deren Bemessungsgrundlage ist üblicherweise der im Kaufvertrag angegebene Kaufpreis.

Steuerliche Aspekte
Die Errichtung und Veräußerung von Erbbaurechten sind grunderwerbsteuerpflichtige Vorgänge. Ob der Erbbaurechtsausgeber oder Erbbaurechtsnehmer die Grunderwerbsteuer trägt, kann vertraglich vereinbart werden. Üblicherweise übernimmt der Erbbauberechtigte sie.
Für die Erbbaurechtsnehmer wirkt sich die Zahlung der Erbbauzinsen steuermindernd aus, wenn das Erbbaurecht betrieblich genutzt wird. Werden Gebäude oder Gebäudeteile vermietet, sind die Erbbauzinsen als Werbungskosten berücksichtigungsfähig. Hierin besteht ein deutlicher Vorteil gegenüber dem Volleigentum: Denn die Anschaffungskosten für ein Grundstück können nicht abgeschrieben werden. Auf einem Erbbaurecht errichtete oder vorhandene Gebäude sind regelmäßig wirtschaftliches und zivilrechtliches Eigentum des Erbbauberechtigten und entsprechend den üblichen Regelungen zu aktivieren und abzuschreiben.

Was passiert, wenn das Erbbaurecht endet?
Erbbaurechtsverträge haben meistens sehr lange Laufzeiten von bis zu 198 Jahren. Auch längere Laufzeiten sind denkbar. Dennoch haben viele Menschen Zweifel, ob das Erbbaurecht für sie infrage kommt. Sie fürchten, dass sie am Ende der Laufzeit mit leeren Händen dastehen könnten. Das ist nicht der Fall. Denn in den meisten Erbbaurechtsverträgen sind Entschädigungsregelungen für die Bauwerke bei Ablauf des Vertrages vereinbart. Demnach hat der Erbbaurechtsausgeber dem Erbbauberechtigten eine Entschädigung für das Haus oder die Häuser, die auf dem Grundstück stehen, zu leisten. Die Höhe dieser Entschädigung und die Art der Zahlung sollten im Vorfeld vertraglich festgehalten werden. Üblicherweise liegt sie bei privat genutzten Erbbaurechten meist bei zwei Dritteln des Verkehrswertes des Gebäudes zum Zeitpunkt des Vertragsablaufs.

Doch häufig stellt sich die Frage nach einer Entschädigung gar nicht. Denn in der Praxis werden sehr viele Erbbaurechte verlängert. Schließlich haben die Grundstückseigentümer ebenfalls ein Interesse an stabilen Verhältnissen und langfristiger Planungssicherheit. Dann verbleibt das Haus weiterhin im Eigentum des Erbbauberechtigten und das Erbbaurecht wird erneuert – oder auch vorzeitig verlängert. Insbesondere der Erbbaurechtsnehmer kann sein Haus wieder voll beleihen, wenn er größere Modernisierungen oder Umbauarbeiten durchführen möchte. Oder er kann es wieder zum vollen Verkehrswert mit einem dann wieder langlaufenden Erbbaurechtsvertrag veräußern.

Autor Dr. Matthias Nagel ist Geschäftsführer des Deutschen Erbbaurechtsverbands e. V. (www.erbbaurechtsverband.de)

Foto: Shutterstock

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