Die Halver-Kolumne: Das alte Europa schlägt zurück!

Warum lassen wir uns immer wieder von den Amerikanern die Butter vom Brot nehmen? Wir machen es ihnen verdammt leicht. Oder haben Sie den Eindruck, dass der euroländische Hühnerhof eine gemeinsame Verteidigungsstrategie gegen die außerhalb des Stalls wartenden Füchse der Finanzmärkte entwickelt hat? Man lässt ja sogar die Tür zum Hühnerstall offen. Man könnte schier verzweifeln: Soll Italien wirklich zur leichten Beute für die Finanzmärkte werden?

Aber halt, das alte Europa bewegt sich doch. Das neue Motto der Politik scheint zu lauten: Vergesst Griechenland, rettet Italien! Man hat verstanden, dass selbst die beste Propaganda die Rettung von Hellas den Bürgern weder hüben noch drüben glaubhaft vermittelt werden kann. Das Land, das uns die Mathematik gebracht hat, kann offensichtlich selbst nicht rechnen.

Stattdessen scheint Plan B vorbereitet zu werden. Das unzweifelhaft verbale Feuerwerk, das Madame Lagarde vom IWF, die EU-Kommission und selbst unsere Kanzlerin in Richtung Bankenrettung bzw. – rekapitalisierung abgeschossen haben, lässt sogar darauf schließen, dass man zwei Fliegen mit einer Klatsche schlagen will. Erstens soll Griechenland kontrolliert in die Pleite geführt werden, um zu zeigen, dass man politisch noch handlungsfähig ist. Das finde ich gut.

Jedoch soll dabei zweitens ein Dominoeffekt auf wichtige Länder wie eben Italien verhindert werden, indem man die europäischen Banken – die Staatsanleihen der Euro-Länder im Depot haben – stützt. Grundsätzlich haben die Griechen noch bis Mitte November Geld. Bis dahin wäre der erweiterte Euro-Rettungsschirm auch als Wohlfahrtsamt für die Banken einsatzbereit. Und die EZB wird selbstverständlich auch unter der Ägide Draghi die totale Liquidität für Banken fortsetzen. Grundsätzlich ist eine Bankenrettung günstiger zu haben, als eine fortwährende, kolossale Rettungsorgie für nicht zu rettende Länder.

Dazu muss man sich aber richtig bewegen. Der pleitebedingte Schuldenschnitt muss zeitgleich mit dem Austritt Griechenlands aus der Eurozone stattfinden. Nur dann wird ein schöner Schuh daraus. Denn erst über Währungsabwertung verbesserte Konjunkturperspektiven werden die deutschen Großkonzerne – der nette Herr Rösler war ja erst kürzlich mit einer deutschen Wirtschaftsdelegation auf Erkundungstour in Athen – dazu bewegen, das Portemonnaie für Unternehmensinvestitionen zu zücken. Im Übrigen wäre das genau die Entwicklungshilfe, die den Griechen perspektivisch wirklich auf die Beine helfen würde.

Es ist zu hoffen, dass Euroland die in Gang gesetzte Bewegung zum Marathonlauf werden lässt. Denn die Karawane der Rating-Agenturen zieht bereits weiter. Aktuell werden die Banken abgestuft und Frankreich überprüft. Niemand sollte annehmen, dass der Fuchs schläft. Zeigen wir ihm die Zähne. Soll er doch in der Heimat wildern. Da gibt es wirklich leichte Beute.

Robert Halver leitet die Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank. Mit Wertpapieranalyse und Anlagestrategien beschäftigt er sich seit Abschluss seines betriebswirtschaftlichen Studiums 1990. Halver verfügt über langjährige Erfahrung als Kapitalmarkt- und Börsenkommentator und ist durch regelmäßige Medienauftritte bei Fernseh- und Radiostationen, auf Fachveranstaltungen und Anlegermessen sowie durch Fachpublikationen präsent.


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Foto: Baader Bank

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