Behavioural Finance: Der Fluch von Blackberry & Co.

Das Forschungsgebiet der Behavioural Finance, das Psychologie und Finanzwissenschaften verbindet, brachte viele wichtige Erkenntnisse hervor. So analysierten die Psychologen Kahnemann und Tversky, wie sich unser Befinden ändert, wenn sich unser Vermögen verändert.

Gastbeitrag von Florian Esterer, MainFirst AM

Florian Esterer, MainFirst AM
Florian Esterer, MainFirst AM: „Ein häufiges Auseinandersetzen mit den Anlagen führt zu finanziellen Fehlentscheidungen.“

Die erste Erkenntnis war, dass sich Menschen auf die Veränderung ihres Vermögens gegenüber einem vorherigen Zeitpunkt fokussieren. So wird der Erfolg einer Aktie daran gemessen, wie sie sich entwickelt hat, seitdem man das letzte Mal den Aktienkurs überprüft hat. Des Weiteren wurde festgestellt, dass Verluste weit stärker empfunden werden als Anlageerfolge.

Verluste werden stärker empfunden

Man stelle sich nun eine Aktie vor, die eine erwartete Rendite von 8 Prozent pro Jahr und ein erwartetes Risiko von 15 Prozent aufweist. Wenn man den Aktienkurs nach einer Minute wieder abfragt, beträgt die Wahrscheinlichkeit einer tieferen Notierung fast 50 Prozent. Wird dies einen Tag lang wiederholt, macht man 241 gute und 239 unerfreuliche Erfahrungen, was einen sicherlich emotional stark belasten würde.

Was man bei einem solchen Vorgehen spürt, ist die Volatilität der Aktie und nicht deren Rendite. Die Wahrscheinlichkeit, positive Renditen zu beobachten, liegt schon deutlich höher, wenn der Aktienkurs nur einmal im Monat überprüft wird. Sie liegt dann bei 55,9 Prozent. Am besten wäre ein Check nur alle 5 Jahre, dann würde man nur in 8,1 Prozent aller Fälle einen Verlust feststellen müssen.

Zusätzlich führt ein häufiges Auseinandersetzen mit den Anlagen zu finanziellen Fehlentscheidungen, denn Investoren tendieren dazu, gute Investitionen zu früh und schlechte Investitionen zu spät zu verkaufen.

Studien zeigen, dass dieses Verhalten aktive Investoren bis zu 3 Prozent Performance pro Jahr kostet. Auch professionelle Investoren, die für Banken Eigenhandel betreiben, neigen zu diesem Verhaltensmuster und vergeben dadurch bis zu 1,5 Prozent an jährlicher Performance.

Im Gegensatz dazu, begehen Personen, die sich nicht von Emotionen leiten lassen können, weil sie klinische Schädigungen in den betroffenen Gehirnregionen erlitten haben, Studien zufolge diese Fehler nicht. Nicht zuletzt gilt es auch zu beachten, dass durch häufiges Reagieren auf Kursänderungen Handelskosten entstehen, die immer dem eigenen Nutzen entgegenlaufen.

Ausgehend von der ursprünglichen Frage stellen wir fest, dass für den Investor die Möglichkeit, immer Zugriff auf den aktuellen Aktienkurs zu haben, eher ein Nachteil ist, denn es leidet das persönliche Wohlbefinden und es entstehen zudem finanzielle Verluste.

Aktuelle Probleme werden überbewertet

Die großen Nutznießer jederzeitiger Zugriffsmöglichkeiten sind primär Anbieter, welche entsprechende Hard- und Software vertreiben, sowie die Finanzinstitute, welche durch Käufe und Verkäufe Gebühren vereinnahmen.

Unser Instinkt veranlasst uns häufig, die aktuellen Probleme viel wichtiger zu nehmen als sie wirklich sind. Sie fokussieren unsere Aufmerksamkeit und veranlassen uns sofortige Maßnahmen zu ergreifen.

Zusätzlich zu den beschriebenen emotionalen Kosten und eventuellen Fehlentscheiden entstehen Opportunitätskosten. Denn die Zeit, die wir mit Krisenmanagement verbringen, könnten wir besser verwenden, um andere Firmen zu analysieren, bessere Anlagestrategien zu entwickeln oder nicht zuletzt mehr Zeit mir der Familie zu verbringen.

Daraus folgt: Emotionen sind ein schlechter Ratgeber. Für die meisten Investoren, seien es Kleinanleger oder institutionelle Anleger, ist es sinnvoll, möglichst wenig den eigenen Emotionen zu folgen.

Ein Portfolio, mit dem man seine mittel- und langfristigen Ziele erreichen will, sollte man in Ruhe für sich arbeiten lassen. Wer trotzdem nicht widerstehen kann und bei Kursschwankungen reagieren möchte, sollte vor einer Transaktion zumindest noch einmal darüber schlafen.

Autor Florian Esterer ist Portfolio Manager bei MainFirst Asset Management.

Foto: MainFirst Asset Management

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