Globales Wachstum durch Unsicherheiten gebremst

Brexit als anhaltende Belastung in der Eurozone

Langfristig gesehen wird sich die Entscheidung der Briten, die EU zu verlassen, als Dauerbelastung erweisen – primär für Großbritannien, aber auch für Europa. Es wird eine Weile dauern, bis der Brexit seine volle Wirkung zeigt und ein Großteil der Effekte dürfte erst 2017 zum Tragen kommen. Die Unsicherheit über das operative Umfeld und die Konjunkturaussichten dürften dazu führen, dass sich Unternehmen und Verbraucher mit Investitionen zurückhalten. Die britischen Unternehmensinvestments dürften besonders leiden, außerdem erscheint es sehr wahrscheinlich, dass sich der Häusermarkt abschwächt und dabei sowohl die Zahl der Transaktionen als auch die Preise sinken werden. Die Entwicklungen am Häusermarkt könnten den privaten Konsum belasten – durch das Vermögen selbst sowie durch einen direkten Konsumverlust aufgrund der Notwendigkeit eines Umzugs. Die Schwäche des britischen Pfunds sollte zwar einen gewissen Ausgleich in Form wettbewerbsfähigerer Exporte bieten, dennoch dürfte Großbritannien in den nächsten 12 bis 18 Monaten in die Rezession abgleiten oder zumindest nur noch ein Wachstum nahe Null erreichen. Wir haben daher unsere Wachstumsprognose 2017 für Großbritannien und die Eurozone gesenkt.

In Europa wird die direkte Wirkung über den Handelskanal vermutlich relativ moderat ausfallen, wobei der Brexit die bestehenden Probleme noch verstärkt. Die Unsicherheit über die Folgen für die Zukunft der Europäischen Union und bevorstehenden Wahlen dürfte das Vertrauen in die Wirtschaft einer ständigen Belastungsprobe aussetzen.

Von Seiten der Europäischen Zentralbank (EZB) rechnen wir in der Eurozone mit einer weiteren Zinssenkung, aber nur um 10 Basispunkte, da die EZB ihr Hauptaugenmerk weiter auf Wertpapierkäufe legen wird. Wegen der sinkenden Zinsen und begrenzten Neuemissionen gibt es für die EZB weniger kaufbare Staatsanleihen, sodass ihr aktuelles Programm sehr wahrscheinlich bald angepasst wird. Außer in Deutschland, wo Konjunkturmaßnahmen unwahrscheinlich erscheinen, sehen wir kaum Spielraum für eine finanzpolitische Lockerung. Frankreich, Spanien und andere Länder sind auf dem besten Weg, die EU-Defizitziele zu verfehlen und stehen folglich unter dem Druck zu sparen, statt Mehrausgaben zu tätigen.

Japans Politik im Dilemma – Zeit für Helikoptergeld?

Japans erwarteter Übergang zu einer lockereren Haushaltspolitik ist wohl das eindringlichste Beispiel für das politische Dilemma des Landes. Die implizite Koordination von Geld- und Fiskalpolitik wird möglicherweise nicht ausreichen, um die strukturellen Herausforderungen zu beseitigen, die das Wachstumspotential Japans geschwächt haben. Dazu zählen allen voran die hohe Sparneigung, der Status des Yens als Fluchtwährung und eine alternde Bevölkerung. Die Alternative wäre eine Form von Helikoptergeld, bei dem die Geldversorgung von der Notenbank permanent erhöht wird, um fiskalische Stimuli zu finanzieren. Angesichts des Umfangs der Wertpapierkäufe lässt sich argumentieren, dass die Bank of Japan die japanischen Staatsschulden bereits monetarisiert hat und dass von einer klaren Stellung zum Helikoptergeld eine stärkere Signalwirkung ausgehen würde.

Helikoptergeld könnte das Wachstum und die Inflation zwar ankurbeln, geht aber auch mit einem beträchtlichen Risiko für das Finanzsystem einher. Die Anleger würden wahrscheinlich die Fähigkeit der BoJ anzweifeln, eine permanente Unterordnung unter die Haushaltspolitik zu vermeiden. Dies könnte wiederum zu höheren Risikoprämien bei japanischen Staatsanleihen führen. Japans Banken haben zuletzt auf ein höheres Durationsrisiko gesetzt, um im Umfeld niedriger Nettozinsmargen bessere Renditen zu erzielen. Ein Anstieg der langfristigen Renditen japanischer Staatsanleihen könnte sie deshalb vor erhebliche Probleme stellen. Andrew Wilson ist CEO für EMEA und Co-Head des Global Fixed Income und Liquidity Management Teams bei Goldman Sachs Asset Management

Foto: Goldman Sachs Asset Management

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