„Niemand sollte an das Märchen einer wirklich restriktiven Geldpolitik glauben“

Statt in der Realwirtschaft hat die Liquidität der Notenbanken in den Finanzmärkten ein Auffangbecken gefunden? Hier findet eine alternative Inflation über Anlageblasen statt. Doch warum sollten die Notenbanken diese Blasen durch massive Zinserhöhungen und Radikaldiäten der durch Anleiheaufkäufe fett gefütterten Notenbankbilanzen entblähen?

2008 wurde durch vorherige geldpolitische Restriktion das Platzen der Immobilienblase herbeigeführt, das psychologisch massiv auf die Konsum- und  Investitionsneigung drückte und eine Welt-Rezession mit Extremdeflation auslöste. Zehn der letzten 13 Zinserhöhungszyklen der US-Notenbank endeten in einer Rezession.

Die Fed hat kein Interesse an einer Wiederholung der wirtschaftlichen Endzeitstimmung mit deflationärer Apokalypse. Ein gebranntes Yellen-Kind scheut das Feuer.

Die EZB bleibt der beste Freund der Euro-Finanzminister

In der eurozonalen Geldpolitik geht es ohnehin schon längst nicht mehr um Inflationsfragen. Sie hat andere Probleme. Sie soll das Euro-Vaterland wie Pattex zusammenhalten. Dazu will man unter anderem den Untergang Roms verhindern. Bei restriktiver Geldpolitik ginge Italien mit seinen Staatsschulden von fast 140 Prozent der Wirtschaftsleistung in die Hyperdepression und vermutlich in die Pleite.

Dann fiele die Eurozone zusammen wie ein Soufflee bei Kaltluft. Es kann nicht sein, was nicht sein darf! Es wäre auch ein Strukturbruch der bisherigen Rettungsmission. Denn laut Juli-Monatsbericht der Deutschen Bundesbank hat die Geldpolitik der EZB den Euro-Ländern seit Ende 2008 Zinsausgaben von fast einer Billion Euro erspart.

Deutschland profitierte mit Einsparungen von insgesamt 240 Milliarden Euro. Allein 2016 liege die Entlastung bei 47 Milliarden Euro. Eigentlich müsste Mario Draghi als Heiligenbild in jedem Euro-Finanzministerium hängen.

Griechenlands Schulden bedürfen noch der Behandlung

Überhaupt, das SEK der EZB ist noch nicht am Ende seiner Rettungsmission. Griechenlands Schulden bedürfen noch der Behandlung. Ist es nicht faszinierend, wie mittlerweile Euro-Politiker die Bonität Hellas preisen, obwohl sich die (finanz-)wirtschaftliche Lage nicht verbessert hat? Aber es ist klar, um was es geht: Griechenland soll den europäischen Finanzfrieden nicht mehr stören.

Sollte sich Athen also auf Grundlage eines verbesserten Leumunds wieder selbst am Kapitalmarkt ausreichend mit neuen Schulden eindecken können, ist es dann nicht nur ein Katzensprung, bis die EZB auch griechische Staatspapiere aufkauft? Mit diesen höheren geldpolitischen Weihen werden die großen institutionellen Zinsanleger über griechische Staatspapiere mit im Vergleich paradiesisch hohen Renditen herfallen wie Heuschrecken über die grünen Felder.

Dadurch fallen die Schuldzinsen wie Blätter vom Baum und Griechenland kann seine Schulden wieder allein stemmen. Dann kann Brüssel mit viel Schmackes das endgültige Ende der Euro-Finanzkrise verkünden. Solche geld- und finanzpolitischen Wunder haben selbst Zeus, Herkules und Odysseus in der griechischen Mythologie nicht vollbringen können.

Seite drei: Mit ihrer Guthabenkrise zahlen Zinsanleger weiter für die Bewältigung der Schuldenkrise

1 2 3Startseite
Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
1 Kommentar
Inline Feedbacks
View all comments