10 Jahre Lehman-Pleite: Warum wir uns eine neue Finanzkrise nicht leisten können

Ginge der aktuellen Mega-Anleihe- beziehungsweise Schuldenblase die Luft aus, weil sich die Kreditzinsen wieder an marktwirtschaftlichen und Bonitätsfakten orientieren, stellte sich mit der gewaltigsten Schuldenkrise aller Zeiten die Existenzfrage für unser Finanzsystem. Haben beim Platzen der Immobilienblase die Dämme des Finanzsystems noch geradeso gehalten, würden sie dann final brechen. Bei scharfer zins- und liquiditätspolitischer Schubumkehr käme es bei Anlegern erneut zu einer risikoverabscheuenden „Cash is King“-Haltung. Wie will sich denn das Land der unbegrenzten Schulden-Möglichkeiten, Amerika, mit Staatsschulden von über 20.000 Milliarden US-Dollar refinanzieren? Auch die amerikanischen Kreditkartenverbindlichkeiten, Auto- und Studentenkredite befinden sich auf Höchstständen.

Grafik 2: Verschuldung USA

Überhaupt, mittlerweile ist die Liste der in Schuldenschönheit erstarrten Länder länger als die Wunschliste von Kindern an Weihnachten. Die Welt ist mit ungefähr 250 Bill. US-Dollar verschuldet. Mehr Unkraut findet sich nur auf Streuobstwiesen.

Von berstenden Dämmen

Die Geschichte des Platzens von Anlageblasen wird sich nicht fortsetzen können. Die alte römische Weisheit „Wehret den Anfängen“ gilt auch für Notenbanken. Die Rückkehr zu geldpolitischer Stabilitätsromantik – so sehr auch ich mir das wünsche – ist unmöglich, denn die Fallhöhe ist eindeutig größer als 2008. Selbst eine Rezession können wir uns heute nicht mehr leisten, geschweige denn eine neue Finanzkrise. Zur Not wird die Blase weiter aufgebläht. In der Not frisst der Teufel eben Fliegen.

Apropos Fliegen, die heutige Überschuldung und Instabilität unseres Finanzsystems lässt sich durchaus mit einer hässlichen Fliege vergleichen, die sich auf einer wertvollen Vase breitmacht. Man würde sie gerne mit einer Klatsche erledigen. Doch dann ist nicht nur die Fliege hin.

Die Finanz-Stabilität wird der Stabilität der Finanzwelt geopfert. Das ist die bittere Lehre aus der Finanzkrise.

Robert Halver leitet die Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank. Mit Wertpapieranalyse und Anlagestrategien beschäftigt er sich seit Abschluss seines betriebswirtschaftlichen Studiums 1990. Halver verfügt über langjährige Erfahrung als Kapitalmarkt- und Börsenkommentator. Er ist aus Funk und Fernsehen bekannt und schreibt regelmäßig für Cash.

Foto: Baader Bank

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