7-Punkte-Sofortprogramm für ein Volk von Aktionären

1.     Wer Wohlstand für alle und weniger Vermögensungleichheit will, muss die Beteiligung am unternehmerischen Kapital fördern. Die Brücke zwischen Kapital und Arbeit muss gebaut werden. Dies umso mehr, wenn die Robotisierung voranschreitet und zu erwarten ist, dass wir zukünftig weniger arbeiten werden. Die Mitarbeiterkapitalbeteiligung kann dafür ein wichtiger Einstieg sein. Sie sollte daher auch ein Teil der Corporate Social Responsibility (CSR) gesehen werden. Es wäre nur konsequent, wenn die Mitarbeiterkapitalbeteiligung in den gängigen Katalog der sogenannten „ESG“-Kriterien (Environment – Social – Governance) als Prüfkriterium für die Beschäftigungsbedingungen mit aufgenommen würde.

2.     Um annährend europäisches Förderniveau und eine entsprechende Verbreitung zu erreichen, müsste der jährliche Steuerfreibetrag für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen von derzeit 360 Euro auf mindestens 3.000 Euro angehoben werden.

3.     Dabei brauchen wir Instrumente, die den Kapitalaufbau in Mitarbeiterhand durch die Verringerung von Risiken fördern. Es geht vor allem um die Diversifikation. Vorstellbar wären deshalb zum Beispiel Teilhaberfonds, mittels derer die Mitarbeiteraktionäre ihre Aktienanteile mit denen anderer poolen und damit diversifizieren können. Gleichzeitig müsste die Ausübung von Eigentumsrechten möglich bleiben. Im Zeitalter der Digitalisierung sollte dies aber kein großes Problem darstellen.

4.     Investition ist nicht Spekulation: Langfristige Anleger sollten anders besteuert werden als kurzfristig denkende und handelnde Investoren, beispielsweise durch die Steuerfreiheit für Veräußerungsgewinne bei Aktien bei einer Haltefrist von mindestens zehn Jahren.

5.     Für langfristige Aktien- und Fondssparpläne und auch Mitarbeiterkapitalbeteiligungen, die explizit zur Bildung von Altersvorsorgekapital dienen, muss es einen Freibetrag für die nachgelagerte Besteuerung geben.

6.     Mehr Teilhabe für alle! Die Beteiligung am Kapital der Unternehmen muss für alle Kreise der Bevölkerung attraktiv gestaltet werden, unabhängig von Beschäftigungsverhältnis und Einkommen. Eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige Förderung des „Altersvorsorge-Sparens“ und der Vermögensbildung sollte Aktien, Fonds und andere Produkte in den Förderkatalog aufnehmen und gleiche steuerliche Rahmenbedingungen, Freibeträge sowie nachgelagerte Besteuerung vorsehen.

7.     Als Sofortmaßnahme muss die Börsensteuer (auch „Finanztransaktionssteuer“) vom Tisch. Sie ist eine Mehrwertsteuer auf den Vermögensaufbau der Kleinanleger, und nicht wie oft vermutet, auf das „High Frequency Trading“.

Es geht um ein Volk von Eigentümern statt um Volkseigentum. Es geht darum, Wohlstand für alle in das 21. Jahrhundert fortzuschreiben. Wir können es erreichen.

Autor Hans-Jörg Naumer ist Volkswirt und leitet Global Capital Markets & Thematic Research bei AllianzGI.

Foto: AllianzGI

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