„Das Unternehmen ist das entscheidende Investment“

Auf der anderen Seite fehlt es Anlegern häufig an diesem langen Atem?

Lehr: Daran sind wir alle, unsere Branche, die Medien nicht ganz unschuldig. Sobald die Kurse in Bewegung kommen, kommt Hektik auf. Tagtäglich werden Anlegern aus allen Ecken gut gemeinte Ratschläge à la „Auf was Anleger jetzt achten sollten“ zugerufen. Damit informieren wir Anleger nicht. Wir verunsichern sie und erwecken den Eindruck als sei es wichtig, am Ball zu bleiben. Jahresprognosen suggerieren, dass der Verlauf eines einzelnen Kalenderjahres nicht nur relevant, sondern auch prognostizierbar sei.

Sie haben im vergangenen Jahr mit „Flossbach von Storch – der erste Schritt“ eine Alternative für Festgeld und Sparbuch lanciert. Wie wurde das Angebot angenommen?

Lehr: Geldanlage hat auch etwas mit Erfahrung zu tun, die viele Anleger erst noch sammeln müssen. Der erste Schritt besteht für viele Sparer erst einmal aus einem Beratungsgespräch und der Eröffnung eines Depots. Sie schaffen gewissermaßen die Infrastruktur. Als nächstes wagt man dann ein erstes Investment, das vielleicht etwas schwankt, aber eben mehr als die „garantierte Null“ bringt. Unser Fonds „Der erste Schritt“ soll Sparern dabei helfen, erste Erfahrungen zu sammeln und sich selbst besser kennenzulernen. Das ist ein Prozess, der sich lohnt, aber er erfordert Geduld. Von allen Beteiligten. Dass das Angebot bislang vergleichsweise zögerlich angenommen wurde, hatten wir erwartet.

Noch einmal zurück zur aktuellen Lage. Abgesehen vom generellen Plädoyer für ein Engagement an den Märkten. Wie positioniert sich Flossbach von Storch derzeit konkret?

Lehr: Unsere Anlagestrategie ist langfristig angelegt und deswegen sehr viel weniger von der jeweils aktuellen Lage abhängig, als manche Anleger vielleicht glauben. Unser Plädoyer ist in erster Linie eines für das „Investieren“. Wenn Sie von einem Unternehmen überzeugt sind, werden sie die Beteiligung nicht an jemanden anderen abgeben, nur weil der Preis schwankt. Vor allem dann nicht, wenn die Alternative keinen Ertrag bringt oder sogar Geld kostet. Neben einem substantiellen Aktienanteil und einer visiblen Goldquote haben wir über die zurückliegenden Monate in den Kursanstieg unseren Spielraum, sprich unsere Cashquote, erhöht. Wenn die Kurse fallen, soll uns das recht sein. Vielleicht gibt es dann Kaufgelegenheiten. Wenn sie weiter steigen, freuen wir uns an den Positionen, die wir bereits haben.

In letzter Zeit mehren sich Stimmen, die China immer stärker als eigenständigen Investment Case – losgelöst von anderen Schwellenländern – betrachten. Teilen Sie diese Ansicht?

Lehr: China und sein Wachstum sind global extrem relevant. Interessant ist, dass makroökonomisches Wachstum sehr schnell mit Gewinnwachstum gleichgesetzt wird. Dieses Gewinnwachstum gibt es natürlich auch, aber eben nicht zwangsläufig – und schon gar nicht primär in China selbst. Fragen Sie doch mal beim Management von LVMH, wie relevant das Wachstum in China ist. Und damit sind wir wieder beim Unternehmen. Das ist am Ende immer das entscheidende Investment. Nicht eine Region, ein Trend oder das gerade aktuelle Narrativ. (fm)

 

Foto: Flossbach von Storch

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