Fed lehnt sich gelassen zurück

Alles in allem bekräftigt die Fed mit dem jüngsten geldpolitischen Entscheid den im Januar vollzogenen Wechsel vom Tightening Bias hin zu einer neutralen Haltung. Während dieser Wandel bislang nur durch das geänderte Wording im FOMC-Statement und in den Erläuterungen Powells in der Pressekonferenz zum Ausdruck kam, wurde er nun durch die deutliche Abwärtskorrektur der „Dots“ vervollständigt.

Rate unterhalb der Spanne, die als neutral gilt

Mit dem aktuellen Leitzinsniveau von 2,375 Prozent (Mittelwert der Zielbandbreite von 2,25% bis 2,50%) liegt die Fed Funds Rate indes weiterhin leicht unter der Spanne, die als neutral angesehen wird. Die FOMC-Mitglieder veranschlagen diese auf 2,50 bis 3,50 Prozent. Von einer restriktiven Ausrichtung bleibt die Geldpolitik somit nach Einschätzung der Fed sowohl aktuell als auch in den kommenden Jahren weit entfernt. Möglich macht das der geringe Inflationsdruck. Er erlaubt den Währungshütern, im Zweifelsfall eher zu expansiv als zu wenig expansiv ausgerichtet zu sein.

Unveränderte Leitzinsen durch die Fed?

Ob die Prognose der Fed für dieses Jahr aufgeht und die Leitzinsen tatsächlich unverändert bleiben, hängt aber nicht nur von der Inflationsentwicklung, sondern vor allem vom Konjunkturtrend ab. Wir gehen davon aus, dass sich das Wirtschaftswachstum nach dem Durchhänger am Jahresanfang in Q2 wieder belebt. Wenn sich gleichzeitig die chinesische Wirtschaft stabilisiert und das Wachstum in der Eurozone wie von uns erwartet Fahrt aufnimmt, sollten auch die weltwirtschaftlichen Risiken abnehmen.

In diesem Umfeld besteht zunächst kein Grund für die Fed, sich noch dovisher als bisher zu positionieren. Vielmehr dürften sogar wieder die Rufe nach Zinserhöhungen lauter werden. Dazu wird es aber aus unserer Sicht nicht kommen. Wir rechnen im zweiten Halbjahr mit einer erneut nachlassenden US-Wachstumsdynamik, wenn die Anschubwirkungen der Fiskalstimuli ausklingen und die verzögerten Bremseffekte der bisherigen Zinserhöhungen wirksam werden.

Zinssenkung im zweiten Halbjahr?

In unserem Basisszenario gehen wir daher nach wie vor von unveränderten Leitzinsen im laufenden Jahr aus. Mehr noch, wir sehen weiterhin das Risiko, dass eine deutlichere Wachstumsverlangsamung im 2. Halbjahr im Zusammenspiel mit neuerlichen Finanzmarktturbulenzen die Fed zu einer Zinssenkung veranlasst.

Dr. Andreas A. Busch ist Senior Analyst Economic Research bei Bantleon.

Foto: Bantleon

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