Müssen sich Schwellenländeranleger über eine Drosselung sorgen?

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Obwohl die Fed wahrscheinlich früher als erwartet die geldpolitischen Zügel straffen wird, sollte ein „Taper Tantrum“ wie im Jahr 2013 vermieden werden können. Die Drosselung wird dennoch Folgen für die Schwellenländer haben.

In unserer neuesten Ausgabe des Monatlichen Marktausblicks beschrieben wir unsere Erwartungen im Hinblick auf eine geldpolitische Straffung vonseiten der US-Notenbank Fed. Wir glauben weiterhin, dass der aktuelle Inflationsschub in den USA nur vorübergehend ist. Die robuste Erholung der US-Wirtschaft bedeutet jedoch, dass wir im kommenden Jahr mit einem steigenden zugrunde liegenden Preisdruck rechnen. Dadurch werden die politischen Entscheidungsträger zum früheren Handeln gezwungen.

Infolgedessen gehen wir nun davon aus, dass die Fed bis Jahresende mit der Reduzierung ihrer Anleihekäufe im Rahmen ihres Programms zur quantitativen Lockerung (QE) und ab Ende 2022 mit einer Zinserhöhung beginnt. Dies ist restriktiver, als es derzeit von den US-Zinsmärkten eingepreist wird.

Wenn die Fed unsere Erwartungen erfüllt und am Jahresende ihre Anleihekäufe drosselt, bedeutet dies, dass die Entscheidungsträger schon bald eine restriktivere Tonart werden anschlagen müssen. Normalerweise signalisiert die Fed vor einem Kurswechsel, dass sie über eine Drosselung nachdenkt. Dann käme eine Ankündigung (möglicherweise im September) und schließlich die Drosselung der Käufe gegen Ende des Jahres.

Warum wir nicht mit einem „Taper Tantrum“ wie im Jahr 2013 rechnen

Natürlich ruft dies sofort Erinnerungen an den inzwischen berüchtigten „Taper Tantrum“ hervor, der die Finanzmärkte der Schwellenländer im Jahr 2013 erschütterte. Der damalige Gouverneur der Fed, Ben Bernanke, sorgte für einen Anstieg der Rendite zehnjähriger Staatsanleihen um 100 Bp., als er die Anleger mit der Aussage überraschte, dass die Ankäufe von Vermögenswerten reduziert werden könnten. Befürchtungen über höhere risikofreie Zinsen in den USA lösten eine Kapitalflucht aus den Schwellenländern aus. Dies legte große außenwirtschaftliche Ungleichgewichte offen und zwang die Zentralbanken letztendlich, die Zinsen anzuheben, um die Wogen an den Finanzmärkten zu glätten.

Es gibt gute Gründe dafür, warum eine exakte Wiederholung des „Taper Tantrums“ von 2013 unwahrscheinlich ist. Es ist offensichtlich, dass die Entscheidungsträger nicht daran interessiert sind, in die Fußstapfen von Bernanke zu treten. Man kann davon ausgehen, dass sie ihre Absichten vorsichtiger kommunizieren werden. Außerdem ist die Drosselung der Anleihekäufe an den Märkten nichts Neues mehr. Tatsächlich spekulieren Anleger bereits über deren Zeitpunkt. Zudem sehen die makroökonomischen Bedingungen in den Schwellenländern anders aus, wie wir zu Jahresbeginn bereits erörterten: Verhaltene Zuflüsse „heißen Geldes“ bedeuten, dass es keinen so großen Positionsüberhang ausländischer Anleger gibt. Außerdem hat die Pandemie die Zahlungsbilanz in den meisten Volkswirtschaften bereinigt. Wie die nachstehende Abbildung zeigt, haben nur einige wenige Schwellenländer große Leistungsbilanzdefizite, die auf kurzfristige Finanzierungen angewiesen sind – was 2013 der Knackpunkt der „fragilen Fünf“ war.

Schwellenländeranlagen haben eine Schwächephase zu Jahresbeginn überstanden

Bessere Fundamentaldaten sind wohl der Grund dafür, warum Schwellenländeranlagen trotz einer starken Volatilität an den Märkten dem Abverkauf von US-Staatsanleihen am Jahresanfang weitgehend standhalten konnten. Die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen stieg im ersten Quartal dieses Jahres um etwa 80 Bp. auf 1,72 %, was den drittgrößten Abverkauf auf Total-Return-Basis aller Zeiten darstellt. Dies führte zwar zu einer gewissen Schwäche an den Finanzmärkten der Schwellenländer, Ausmaß und Dauer dieser Verluste waren jedoch begrenzt.

So fiel der JP Morgan Index der Schwellenländerwährungen gegenüber dem US-Dollar zwischen dem 24. Februar und dem 8. März um nur 2,5 %. Dabei handelt es sich um einen Bruchteil der Verluste im Jahr 2013, als der Index um etwa 10 % sank. Im Durchschnitt wurden alle Verluste in diesem Jahr wieder wettgemacht.

Wie immer in Schwellenländern gab es im JP Morgan Index eine breite Streuung der relativen Wertentwicklung der Währungen. Während einige Währungen wie der Renminbi und der Rubel gegenüber dem US-Dollar um nur etwa 1 % nachgaben, gaben der brasilianische Real, der südafrikanische Rand und die türkische Lira um ganze 8 % nach.

In diesem Zeitraum tat sich einiges. Zum Beispiel hatten die brasilianischen Märkte auch mit hohen und steigenden Covid-Neuinfektionszahlen zu kämpfen, was auch die Wertentwicklung der Vermögenswerte zu belasten schien. Es scheint, dass die Märkte mit historisch niedrigen Realzinsen eine gewisse Underperformance aufwiesen, als der Abverkauf von US-Staatsanleihen die Stimmung gegenüber den Schwellenländern beeinträchtigte.

Dieses Muster ist umso glaubwürdiger, weil sich der brasilianische Real gut entwickelte, seitdem die Zentralbank ihre geldpolitischen Zügel aggressiv strafft und zudem signalisiert, dass in den kommenden Monaten wahrscheinlich weitere Zinserhöhungen folgen werden. Die Realzinsen in Brasilien bleiben sowohl auf tatsächlicher als auch auf historischer Basis stark negativ. Diese restriktive Prognose könnte der Währung jedoch Einiges ersparen, wenn die Fed umschwenkt.

Welche Schwellenländer sind am anfälligsten?

Sollten sich die Märkte auf die Realzinsen konzentrieren, könnten Währungen in Schwellenländern wie Kolumbien und Peru stärker unter die Lupe genommen werden. Beide Märkte sind zudem mit politischer Unsicherheit konfrontiert, und zudem ist Kolumbiens Außenposition schwach.

Dies könnte die Zentralbanken zwingen, aggressiver zu werden. Ein positiver Realzins in der Türkei wird die Lira wohl kaum retten können, denn die Zahlungsbilanz ist relativ schwach und Präsident Erdogan fordert Zinssenkungen, die sich vermutlich als verfrüht erweisen werden.

Autor David Rees ist Senior Emerging Markets Economist bei Schroders.

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