Sustainable Finance: „Politik sollte Wandel fördern, statt Verbote zu fordern“

Foto: Union Investment
"Viele Sparer haben verstanden, dass sie der hohen Inflation nur mit Sachwerten wie Aktien und Immobilien begegnen können. Aufgrund der steigenden Zinsen haben es Rentenfonds vergleichsweise schwer, positive Renditen zu erzielen“, erläutert Hans Joachim Reinke, Vorstandsvorsitzender von Union Investment.

Der Sustainable Finance-Beirat der Bundesregierung hat heute seinen Abschlussbericht vorgelegt, der Vorschläge für die Weiterentwicklung einer nachhaltigen Finanzwirtschaft in Deutschland enthält. Hans Joachim Reinke, Vorstandsvorsitzender von Union Investment, kommentiert die Ergebnisse des Berichts.

1.   Empfehlung des Expertenrats: Reform der Beitragsgarantie im Rahmen der Riester-Rente, um Nachhaltigkeitskriterien sinnvoll integrieren zu können. Bei Neuabschlüssen sollen nur noch nachhaltige Produkte (Art. 8- oder Art. 9-Produkte) förderfähig sein. Erträge aus nachhaltigen Anlagen sollen bis zu einem bestimmten Betrag von der Besteuerung befreit sein.

„Leider lassen sich bis heute keine konkreten Fortschritte in  Richtung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Modernisierung der Riester-Rente erkennen. Für die Abbildung komplett nachhaltiger Riester-Produkte wäre eine Lockerung der verpflichtenden Garantien essenziell, auch wegen der noch bestehenden Marktenge nachhaltiger Anleihen. Der Expertenrat der Bundesregierung beschreibt mit der Lockerung der Beitragsgarantie und der Steuerbefreiung für Erträge aus nachhaltigen Anlagen auch in der Rentenphase sinnvolle Ansätze, die den Anlegern weitere Renditechancen eröffnen und gleichzeitig die Finanzierung der nachhaltigen Modernisierung fördern. Rendite und positive Wirkung lassen sich verbinden.“

2.   Empfehlung des Expertenrats: Standardisierte ESG-Rohdaten sollen menschen- und maschinenlesbar an einem zentralen digitalen Ort öffentlich und kostenlos zur Verfügung gestellt werden

„Mit der Forderung nach der Verfügbarkeit von standardisierten ESG-Daten thematisiert der Expertenrat einen der wichtigsten Aspekte für die Finanzbranche. Verfügbare und verlässliche Daten sind der Rohstoff einer gründlichen Analyse. Doch auf dieser Baustelle ist noch viel zu tun. So basiert ein Großteil der Daten, die man braucht, um die Anforderungen der EU-Taxonomie abzubilden, auf Schätzungen und nicht auf standardisierten Daten, die von Unternehmen berichtet werden. Das Fundament an standardisierten ESG-Daten muss ausgebaut werden.“

3.   Empfehlung des Expertenrats: Etablierung eines ESG-Klassifizierungssystems (der Bundesregierung) für alle Anlageprodukte der Finanzwirtschaft auf Basis der EU-Offenlegungsverordnung  

„Mit großem Aufwand haben Verbände der Finanzbranche frühzeitig ein Konzept zur Klassifizierung nachhaltiger Finanzprodukte entworfen, um die kommenden gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Das Konzept ist praxisnah und lässt sich gut in den ganzheitlichen Beratungsprozess für Privatkunden integrieren. Dabei geht das Verbändekonzept sogar weiter als der Vorschlag des Beirats, weil es auch Finanzinstrumente berücksichtigt, für die die Offenlegungs-Verordnung nicht gilt. Ein zusätzliches Klassifizierungssystem ist daher nicht notwendig. Mehrere Klassifizierungssysteme nebeneinander könnten sogar zu einer Verunsicherung der Anleger führen.“

Zur Bedeutung einer nationalen Sustainable Finance-Strategie der Bundesregierung:

  1. „Ökonomie und Ökologie sind voneinander abhängig. Denn der nachhaltige Umbau unserer Gesellschaft muss finanziert werden. Damit Deutschland seine Innovationskraft und wirtschaftliche Stärke bei der notwendigen Modernisierung ausspielen kann, braucht es verlässliche politische Rahmenbedingungen. Dafür gibt der nun vorgelegte Expertenbericht eine Vielzahl von Handlungsempfehlungen.“
  2. „Der Bericht unterstreicht die Notwendigkeit der nachhaltigen Modernisierung unserer Wirtschaft. Nachhaltigkeit ist mehr als Ökologie. Sie ist ein wichtiger weiterer Schlüssel zur Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft.“
  3. „Die Politik sollte den Wandel fördern, statt Verbote zu fordern. Wir brauchen Pragmatismus und fairen Wettbewerb, gepaart mit staatlichen Anreizen, die für Schwung und Breitenwirkung sorgen. Nur so wird es gelingen, möglichst viele bei diesem notwendigen Wandel mitzunehmen.“
  4. „Allein über Verbote und Ausschlüsse sind Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft nicht in Einklang zu bringen.“
  5. „Die nationale Sustainable Finance-Strategie sollte mit der EU-Regulierung Hand in Hand gehen. Benötigt werden passgenaue Lösungen für den Finanzstandort Deutschland und somit eigene Schwerpunkte, aber kein regulatorischer Überbietungswettbewerb auf nationaler Ebene.“

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