Thomas Grüner: „Die seltsamen Folgen der Inflationssorgen“

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Thomas Grüner, Grüner Fisher Investments

Steigende Inflation rund um den Globus sorgen bei Anlegern für Kopfschmerzen. Thomas Grüner, Gründer und Vice Chairman von Grüner Fisher Investments, gibt eine Einschätzung dazu, ob die politischen Maßnahmen für dauerhafte Schwierigkeiten sorgen und wie Anleger ihr Vermögen vor einer drohenden Geldentwertung schützen können.

Nachdem in den USA die Inflationsrate in Form des Konsumenten-Preis-Index im April auf 4,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert anstieg, drohte Ungemach. Experten prognostizieren bereits seit längerem einen Anstieg der Inflation aufgrund der gestiegenen Geldmenge. Im Mai erreichte auch die Eurozone eine Inflationsrate von 2 Prozent.

Ursachenforschung als Wegweiser

„Zunächst einmal hilft es, die aktuellen Entwicklungen differenzierter einzuordnen. Ein Großteil der Inflationsbewegung in den Vereinigten Staaten beruht auf einem Basiseffekt gegenüber dem Vorjahreswert, als ein Großteil der Wirtschaft stillstand. Viele Industrien wurden hart getroffen und mit den wirtschaftlichen Öffnungen kehrt die Aktivität zurück“, sagt Grüner. Preise würden somit insbesondere in Segmenten steigen, in welchen Nachholeffekte anstünden – insbesondere etwa die Preise für Gebrauchtwagen, Flugtickets und Mieten für Hotels und Mietwagen. Diese Entwicklungen hätten teils sehr individuelle Gründe – würden jedoch nicht für dauerhafte Effekte sorgen.

Droht nun anhaltende Inflation?

Grüner ist davon überzeugt, dass Inflation auch in der heutigen Zeit ein Phänomen – angelehnt an die Beschreibung Milton Friedmans – sei, bei welchem zu viel Liquidität auf zu wenige Güter und Dienstleistungen träfe. In den vergangenen Monaten sei die Geldmenge in Folge von Maßnahmen rund um Corona erheblich gestiegen. Allerdings befände sich die Geldumlaufgeschwindigkeit auf einem historischen Tiefpunkt. Trotz globaler, wirtschaftlicher Öffnungen sei eine Veränderung nicht in Sicht. Selbst die Direktzahlungen der amerikanischen Regierung an die Bevölkerung würden nur partiell zum Konsum eingesetzt. Große Teile des Geldes hingegen flössen in Sparquoten oder die Bedienung von Schulden. „Zusätzlich gehen gerade die Kreditvolumina in wichtigen Regionen wie China und den USA zurück. Die Geldmengensteigerung reduziert sich. In diesem Umfeld eine dauerhaft hohe Inflation zu erwarten, fällt uns schwer“, so Grüner.

Hilft der Bitcoin?

Dennoch seien Inflationssorgen derzeit allgegenwärtig. Hieraus resultierend würden Investoren nach Möglichkeiten suchen, ihr Vermögen vor einer drohenden Geldentwertung zu schützen. Während tendenziell Sachwerte gut geeignet wären, kursieren laut Grüner inzwischen auch Gerüchte, Kryptowährungen in Form von Bitcoins seien eine gute Lösung. „Auch wenn die Historie der Kryptowährungen zu kurz ist, um dies nachhaltig bewerten zu können, sorgen erste Indizien dafür, dass wir an dieser Erklärung unsere Zweifel haben. Insbesondere schlägt das Hauptargument einer angeblich begrenzten Menge der Assets fehl“, erklärt Grüner. „Zwar existiert nur eine begrenzte Anzahl an Bitcoins – diese ist per Definition nicht steigerbar und somit ein seltenes Gut. Dennoch ist die Gesamtzahl der Kryptowährungen nicht begrenzt und erreicht mittlerweile schwindelerregende Größenordnungen. Ein unendlich vervielfachbares Gut wird somit aus unserer Sicht nicht den entscheidenden Schutz vor Inflation ermöglichen“, konstatiert Grüner.

Fazit

„Wir glauben nicht an eine dauerhaft hohe Inflation in der kommenden Zeit. Eine anziehende Inflation ist jedoch auch kein automatischer Auslöser eines Crashs am Aktienmarkt. Eher sorgt Inflation für Bewegungen zwischen Investitionsstilen und Sektoren“, so Grüner. Besonders betroffen vom Kaufkraftverlust seien hingegen liquide Mittel, wenn Preise anziehen. Laut Grüner schützen Sachwerte davor. 

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