Und ewig lockt das Gold

Um dieses Manko zu verdeutlichen, muss oft der sogenannte „Joseph-Pfennig“ herhalten: Wer die Münze zu Christi Geburt zu einem Zinssatz von fünf Prozent angelegt hätte, dem hätte der Zinseszinseffekt bereits im Jahr 1446 einen Wert erwirtschaftet, der dem einer Kugel Gold von der Größe der Erde entspräche, so die Theorie. Bis 1990 sollten sich die Zinsen schon auf einen Wert von 134 Milliarden goldenen Erdkugeln summiert haben.

Was zunächst plausibel erscheint, lässt allerdings Inflation, Währungsreformen, Erbschafts-, Vermögens- und Zinssteuern außer acht – von Revolution oder Enteignungen ganz zu schweigen.

Edelmetall als Glaubensfrage

Letztlich sind Gold-Investments immer ein Stück weit eine Glaubensfrage. Wer auf das Kettenbriefsystem der weltweiten Finanzströme vertraut, wird nicht auf ein Wertaufbewahrungsmittel setzen. Deshalb mokieren sich Stockpicker oder kredithebelnde Investmentbanker mit zweistelligen Renditezielen gerne über Gold-Fanatiker mit Barren im Tresor.

Wer auf die Krisenwährung vertraut, lässt den Spatz in der Hand gegen die Tauben auf dem Dach antreten und wird vor allem dann zum Gewinner, wenn andere Werte verlieren. Nur Krisen und Inflation drängen den Mainstream in diese pessimistische Außenseiterposition. So gesehen, ist der Run auf die Goldanlagen ein Misstrauensvotum gegen das Krisenmanagement von Regierungen und Notenbanken – gegen die virtuellen Werte der Bubble Economy und billiges Geld aus den Druckerpressen.

Wetten gegen das Finanzsystem

Allerdings stellt auch Gold keinen garantierten Inflationsschutz dar und was es wert ist, wenn es tatsächlich zum Crash kommt, bleibt ungewiss. So zweifelt beispielsweise Gertrud Traud, Chefvolkswirtin der Landesbank Hessen-Thüringen, an seiner Eignung: „Bei einem Zusammenbruch der Wirtschaftssysteme wäre es sicherlich besser, ein Stück Land zu besitzen, um darauf das Nötigste anzubauen, als Gold zu horten.“

Fest steht: Der kapitalistischen Wirtschaft hilft es wenig, wenn Anleger Gold horten, sie ist auf Kreditpyramiden, exponentielles Wachstum und Papiergeld angewiesen. Schon Midas, der mythenumwitterte König der Antike, scheiterte mit seiner Finanzpolitik, alles in Gold zu verwandeln, was ihm in die Finger geriet. Den Spaß an seiner wundersamen Gabe verlor er, als er merkte, dass er Gold nicht essen konnte.

Fotos: Shutterstock

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