50-plus: Finanzkonzepte ohne Methusalem-Komplex

Der Hofheimer Finanz­vertrieb ASG hat vor vier Jahren den Versuch unternommen, ein Vertriebskonzept unter der Dachmarke „Desenio“ zu etablieren. „Wir haben jedoch die Erfahrung gemacht, dass sich die Zielgruppe in der zweiten Lebenshälfte meist zu jung fühlt, um explizit als ,Senior‘ angesprochen zu werden. Die Beratung kann deshalb auch von kompetenten Beratern jeder Altersstufe durchgeführt werden – das Vertriebskonzept ,von Senioren für Senioren‘ funktioniert zumeist nicht“, sagt Maria Seibert-Gölz, Marketingleiterin bei der ASG.

Die Erfahrung der ASG zeigt, dass Beratungskonzepte für die Zielgruppe allein nicht ausreichen. Es geht auch darum zu wissen, ob diese Generation eine andere Beratung benötigt, Besonderheiten in der Produktwahl zu beachten sind und wie der Berater menschlich drauf sein muss, um der Zielgruppe so zu begegnen, wie sie es sich wünscht.

Cash. war in Hamburg unterwegs und hat sich bei der Altersgruppe einmal umgehört. So spielt das Alter des Beraters für die meisten der rund 25 Befragten keine Rolle. Die Chemie müsse eben stimmen, lautet der Tenor. Auch sei die Persönlichkeit des Beraters wichtig. Die Altersgruppe ist zudem heute informierter und scheut sich überhaupt nicht davor, sich im Internet mit Informationen einzudecken. Auch Direktabschlüsse von Versicherungen im Internet sind nicht ungewöhnlich, um, so eine Befragte, zu vermeiden, sich mit einem Berater treffen zu müssen.

Gibt es direkte Gespräche, so nehmen sich gerade Ältere über 65 gerne Verstärkung mit. Die Vorschläge kämen häufig so schnell, dass man nicht mitkomme. Viele wünschen sich, dass der Berater von selbst den Vorschlag macht, dass der Kunde die Unterlagen mit nach Hause nehmen kann und nicht sofort eine Entscheidung treffen muss.

Inwieweit stimmen im Hinblick auf die Beratungsansätze und Ansprache die Vorstellungen der Zielgruppe mit denen der Vertriebe überein? Die Cash.-Umfrage ergab, dass es für acht der 13 teilnehmenden Unternehmen anspruchsvoller ist, Kunden ab 50 Jahren zu beraten. „Die Kundensituation ist komplexer, weil häufig ein größeres Vermögen zu strukturieren ist“, sagt Johannes Sczepan, Geschäftsführer der Kasseler Plansecur.

Christian Albert, Bereichsleiter Strategische Vertriebsprojekte und -kooperationen bei der Postbank Finanzberatung, ist der Meinung, dass es bei älteren Kunden noch mehr auf den Aufbau einer Vertrauensbasis ankäme. „Der Berater muss sich mehr Zeit für das Gespräch nehmen und sich auch für die jeweilige Lebenssituation des Kunden interessieren.“ Es sei noch mehr der „Kümmerer“ gefragt. Auch besitzen viele Kunden dieser Altersgruppe bereits Erfahrung und Wissen zum Thema Finanzen. Sie seien daher anspruchsvoller und kritischer, lautet seine Einschätzung. Jürgen Kotulla, Vorstand Vertrieb und Marketing beim Kölner Finanzvertrieb OVB, ergänzt: „Diese Zielgruppe wünscht Sicherheit, dass ihre kurzfristige Liquidität, also das Haushaltseinkommen, gewährleistet ist. Sie beschäftigen sich oft erstmals mit Unsicherheiten und Ängsten hinsichtlich ihrer finanziellen und gesundheitlichen Mobilität.“

Seite 5: Mit welchen Produkten die Versicherungen um Kunden buhlen

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