Rücktritt von Jens Weidmann: Nachfolger wird lockere Geldpolitik stützen

Foto: T. Rowe Price
Tomasz Wieladk, T. Rowe Price

Mit Jens Weidmann verlässt ein Verfechter einer strengen Geldpolitik seinen Posten. Wer immer ihm folgt, der künftige Kurs der Bundesbank dürfte deutlich lockerer werden. Eine Analyse von Tomasz Wieladek, International Economist beim aktiven Vermögensverwalter T. Rowe Price.

Jens Weidmann, der Falke der Eurozone, verlässt seinen Posten. Der Zeitpunkt seines Rücktritts ist von zentraler Bedeutung, da die Ernennung eines neuen Bundesbankpräsidenten der sich aktuell formenden Bundesregierung zufallen wird. In Anbetracht der aktuell erkennbaren Präferenzen der neuen Bundesregierung wird der nächste Präsident wahrscheinlich eher ein Befürworter einer lockereren Geldpolitik sein und seine Ansichten stärker mit der aktuellen Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) in Einklang bringen. Kurzfristig wird dies den derzeitigen lockeren Kurs der EZB unterstützen.

Interessant ist ebenfalls, dass Deutschland das einzige große Land der Eurozone ist, das noch keinen EZB-Präsidenten gestellt hat. Wenn der nächste Bundesbankpräsident also einen Standpunkt vertritt, der eher mit der aktuellen EZB-Politik übereinstimmt, könnte er wahrscheinlich sogar Unterstützung für den Spitzenposten der EZB nach dem Ende von Christine Lagardes Amtszeit gewinnen. Damit wäre der derzeitige lockere Politikansatz der EZB auch mittelfristig gesichert.

Die potenziellen Kandidaten

Es gibt mehrere potenzielle Kandidaten für das Amt: Die Wirtschaftswissenschaftlerin Isabel Schnabel, Mitglied des Direktoriums der EZB, selbst ist eine mögliche Kandidatin, insbesondere da sie bei der EZB den deutschen Bürgerinnen und Bürgern die Politik er EZB erfolgreich nähergebracht hat. Eine weitere Möglichkeit ist Marcel Fratzscher, der derzeitige Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), eines der einflussreichsten deutschen Denkfabriken, und ein Befürworter der SPD-Politik.

Darüber hinaus zählen Jörg Kukies, der ehemalige Chef von Goldman Sachs Deutschland, und Jakob von Weizsäcker, der derzeitige Chefvolkswirt des Finanzministeriums, zu den weiteren Kandidaten. Beide sind derzeit im Finanzministerium tätig, das in der letzten Regierung von Olaf Scholz (dem wahrscheinlichen neuen Kanzler) geleitet wurde. Abschließend ist auch Veronika Grimm, Mitglied der fünf „Wirtschaftsweisen“, eine potenzielle Anwärterin für das Amt des Bundesbankpräsidenten.

Der Einfluss der Bundesbank

Auch die Bundesbank hat Einfluss auf die Auswahl der Kandidaten. Die Bundesbank ist eine der angesehensten öffentlichen Institutionen in Deutschland, weshalb ihre Meinung auch ein gewisses Gewicht haben wird. Darüber hinaus wird die FDP wahrscheinlich das Finanzministerium leiten wollen. Sie hat aber auch bereits erklärt, dass sie einen auf Kontinuität ausgerichteten Kandidaten für die Bundesbank vorziehen würde.

Die Ernennung des nächsten Präsidenten wird daher wahrscheinlich von politischen Verhandlungen geprägt sein, wobei auch der Beitrag der Bundesbank berücksichtigt werden muss. Jede dieser Ernennungen würde jedoch im Vergleich zu Präsident Weidmann einen eher lockeren geldpolitischen Kurs vertreten und mehr im Einklang mit der EZB-Politik stehen.

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