Marken: Der Glanz der großen Namen

Entwickler wollen Immobilien hierzulande zunehmend als Marken positionieren und nutzen dazu schillernde Gebäudenamen, Hochglanzbroschüren, Stararchitekten und prominente Designer. 90 Prozent dieser „gebrandeten“ Gebäude werden trotzdem nicht zur Marke und bieten Investoren keinen Mehrwert.

Gastkommentar von Martin Halder, Meilenwerk

Martin Halde, Meilenwerk
Martin Halde, Meilenwerk

Projektentwickler scheinen einfallsreich, wenn es darum geht, neue Immobilien als einzigartige Produkte zu vermarkten. Um Objekten ein positives Image zu geben, werden schillernde Gebäudenamen, Hochglanzbroschüren, Stararchitekten und prominente Designer eingesetzt. Insbesondere bei Wohn- und Büroimmobilien im oberen Preissegment sind Projekte rar, die ohne diese Marketingmaßnahmen auskommen. Im Jargon der Experten wird dabei von Branding gesprochen, zu Deutsch: Markenbildung. Die Marke verspricht, dass die Immobilie individuell und unverwechselbar ist. In der Praxis ist jedoch trotz aller Maßnahmen für Mieter und Käufer oft nicht zu erkennen, wie sich die vermeintlich so individuellen Projekte – von den Namen abgesehen – voneinander unterscheiden.

Drei Gründe sind hierfür ausschlaggebend. Erstens: Immobilien werden nicht per se dadurch zur Marke, dass prominente Architekten und bekannte Designer bei der Projektentwicklung mit ins Boot geholt werden. Ganz im Gegenteil. In puncto Markenaufbau wirkt sich das oft negativ aus. Denn die Namen prominenter Zugpferde prägen das Markenprofil häufig mehr als die Gebäude selbst, und die Immobilie verblasst hinter dem Namen. Welchen Mehrwert bringt es einem Nutzer, wenn er weiß, dass seine Immobilie von brillanten Köpfen wie Sir Norman Foster oder von Gerkan, Marg und Partner geplant wurden – die Entwickler den Architekten aber im Vorfeld nur vage sagen konnten oder wollten, für wen konkret die Architekten eigentlich bauen?

Genau hierin liegt das zweite Problem: In der Zielgruppenanalyse werden gravierende Fehler gemacht. Sie sollte eigentlich der erste Schritt sein bei der Entwicklung einer Marke. Entwickler lassen diesen aber schlichtweg oft gänzlich weg. Die Folge ist, dass gewerblich genutzte Gebäude in rund 90 Prozent der Fälle möglichst flexibel gestaltet werden. Man kennt die Zielgruppe nicht, also muss man offen bleiben für die unterschiedlichen Nutzerbedürfnisse. Darunter leidet einerseits die Qualität, die ein Gebäude im Hinblick auf eine bestimmte Nutzergruppe haben könnte – denn ein Gebäude ist in solchen Fällen naturgemäß nicht präzise auf den späteren Nutzer zugeschnitten. Und auch das Markenimage des Objekts leidet. Denn meist hat die schnelle Vermietung der Flächen Priorität. An wen vermietet wird, ist doch oft eher nebensächlich, solange die Bonität stimmt und der Mietpreis den Kalkulationen des Eigentümers entspricht. Für den langfristigen Aufbau und Erfolg der Marke ist es jedoch entscheidend, dass bei der Auswahl der Mieter keine Kompromisse gemacht werden. Denn die Mieterzusammensetzung entscheidet wesentlich darüber, welches Image ein Objekt hat. Ein Gebäude, in dem Apple oder Google sitzen, hat ein anderes Image als ein Objekt, das ein verstaubtes Arbeitsamt beherbergt.

Der dritte Grund, weshalb es Deutschland an unverwechselbaren Markenimmobilien mangelt: Es wird zu sehr in den üblichen Schubladen gedacht. Es gibt Büro- und Einzelhandelsgebäude, Wohn- und Logistikimmobilien sowie noch zwei bis drei andere übliche Verdächtige. Innerhalb dieser einzelnen Nutzungsarten gibt es sicherlich noch Differenzierungen. Aber über die genannten Schubladen hinausgedacht wird fast nie, wenn Developer in die Konzeptionsphase gehen. Auch dies trägt dazu bei, dass immer wieder die gleichen Gebäude für standardisierte Nutzergruppen reproduziert werden und Produkte mit Wiedererkennungswert Fehlanzeige sind. Nutzungskonzepte werden kopiert statt neu erdacht.

Fest steht: Es würde sich lohnen, mehr Gedanken auf die Markenbildung zu verwenden. Einer Untersuchung der IREBS zufolge erzielen Büroimmobilien in Deutschland, die in der Öffentlichkeit als Marke wahrgenommen werden, einen um 7,5 Prozent höheren Mietpreis und einen um rund 15 Prozent höheren Verkehrswert als herkömmliche Immobilien. Von der höheren Qualität im Hinblick auf die Nutzerbedürfnisse ganz zu schweigen.

Autor Martin Halder ist Vorstand der Meilenwerk AG

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