Meilenstein für Vertrieb?

Dies betrifft auch die Frage, in welcher Sprache das KID zu verfassen ist, wenn es im europaweiten Vertrieb eingesetzt werden soll. Die Kommission hat zwar in ihrem Vorschlag zur Überarbeitung der Prospektrichtlinie vom 9. Januar 2009  darauf hingewiesen, dass der künftige Stellenwert der Prospektzusammenfassung insbesondere für Privatanleger zu überdenken ist und in diesem Zusammenhang auf das in der Überarbeitung der OGAW-Richtlinie nunmehr vorgeschriebene KID hingewiesen, zu dem erst im Juli ein weiteres umfangreiches Konsultationspapier veröffentlicht worden ist.

Gesetzgeberische Schritte im 3. Quartal 2010

Letztlich stellt sich die Frage, ob die Kommission sich nicht schlechthin übernimmt: Das KID soll alle für die Anlageentscheidung wesentlichen Informationen enthalten. Diese Aufgabe kam bisher den Prospekten oder der auf 2.500 Worte beschränkten Zusammenfassung des Prospekts zu. Die Praxis hat jedoch gezeigt, dass bei Beachtung einer derartigen Begrenzung die Prospektzusammenfassung nicht unbedingt alle wesentlichen Merkmale und Risiken des Emittenten oder der Wertpapiere darstellen konnte. Desweiteren soll ein KID so kurz wie möglich sein – erste im Rahmen der überarbeiteten OGAW-Richtlinie vorgelegte Entwürfe haben einen Umfang von nicht mehr als zwei Seiten. Dies erscheint als der Versuch einer Quadratur des Kreises. Möglichst kurz und möglichst umfassend ist ein Widerspruch in sich, der angesichts der Komplexität der in Rede stehenden Produkte nur schwer aufzulösen ist. Ausgelobt ist mit dem KID der Stein der Weisen – doch den gibt es bekanntlich weder in der Chemie noch im Kapitalmarktrecht.

Der zweite Meilenstein betrifft die MiFID-Normen in Bezug auf Wohlverhaltensregeln, Kaufanreize sowie Interessenkonflikte. Auch diese sollen horizontal für alle erfassten Produkte gelten, unabhängig davon, ob eigene Produkte vertrieben werden oder Vermittler eingeschaltet sind. Die vorgesehenen Elemente umfassen eine faire Behandlung des Anlegers, eine anlegergerechte Beratung, an den Bedürfnissen des Anlegers ausgerichtete Produkte, eine Offenlegung von Risiken (sofern keine Beratung erfolgt), eine Vermeidung von Interessenkonflikten oder entsprechende Hinweise, falls diese doch vorliegen sollten, sowie die Information über mit dem Verkauf verbundene Gebühren, Provisionen oder andere Vergütungen.

Der aktuelle Fahrplan sieht vor, dass Abteilungen des Ausschusses der Europäischen Wertpapierregulierungsbehörden (CESR) im Oktober und November Konsultationen durchführen werden, deren Ergebnisse Ende des Jahres von der Kommission veröffentlicht werden. Erste gesetzgeberische Maßnahmen der Kommission sind allerdings nicht vor dem dritten Quartal 2010 zu erwarten.

Dr. Thorsten Voß ist Rechtsanwalt bei der Wirtschaftskanzlei Schulte Riesenkampff, Frankfurt/Main.

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