Prospekthaftung: Wie wichtig bleibt der BGH?

Dennoch verdient das Urteil Beachtung – in Bezug auf aktuelle Emissionen. Bei alternativen Investmentfonds (AIF) orientieren sich die meisten Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGen) schon längst nicht mehr am IDW S4, der zudem durch eine weitaus weniger anspruchsvolle Neufassung ersetzt werden soll (die weiterhin als Entwurf auf der Website des IDW ihr Dasein fristet).

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Zu denken geben muss das BGH-Urteil vor allem den Anbietern von Blind Pools, für deren Prospekte das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) einen vollständigen Investitionsplan nicht explizit vorgeschreibt und die nicht selten darauf verzichten.

Denn der BGH postuliert erneut und ohne zeitliche oder sachliche Eingrenzung, ein Prospekt sei “fehlerhaft”, wenn der Anleger ihm nicht ohne weiteres entnehmen könne, „in welchem Umfang seine Beteiligung nicht in das Anlageobjekt fließt, sondern für Aufwendungen außerhalb der Anschaffungs- und Herstellungskosten verwendet wird“.

Blind-Pool-Prospekte „fehlerhaft“?

Nach diesem Maßstab wären Blind-Pool-Prospekte, die allein die KAGB-Mindestangaben enthalten, „fehlerhaft“. Zwar müssen laut KAGB die (maximalen) Gebühren im Prospekt angegeben werden, nicht aber unbedingt die Höhe der weiteren Kosten, die nicht in das Fondsobjekt fließen. Der Anteil der gesamten „Weichkosten“ ist dann nicht ersichtlich.

Nun bezieht sich die bisherige BGH-Rechtsprechung ausschließlich auf Prospekte, die vor Mitte 2005 herausgegeben wurden, also bevor es für geschlossene Fonds überhaupt eine gesetzliche Prospektpflicht und eine Prüfung durch die Finanzaufsicht Bafin gab. Das KAGB und seine umfangreiche Regulierung waren erst recht in weiter Ferne.

Trotzdem meinen nicht wenige Juristen, dass die BGH-Grundsätze zu Prospekten aus der unregulierten Ära auch für AIF gelten. Auch wenn die Frage nicht unumstritten ist: Dass dies zumindest nicht ausgeschlossen ist, belegt ein BGH-Urteil zu einem Wertpapierprospekt, der 2005 nach dem damaligen Verkaufsprospektgesetz (VerkProspG) herausgegeben und von der Bafin geprüft worden war (XI ZR 344/11).

Seite drei: Rückgriff auf unregulierte Ära

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