Prospekthaftung: Pfeift der BGH komplett auf die BaFin?

Nun mag die Bezeichnung als „Altersvorsorgefonds“ für eine geschlossene Beteiligung manchem aus heutiger Sicht in der Tat befremdlich erscheinen. Fakt jedoch ist, dass sie mit dem Prospekt von der BaFin genehmigt worden war. Umso erstaunlicher ist, dass die Aufsichtsbehörde in dem 20-seitigen Urteil nicht mit einem einzigen Wort erwähnt wird.

Entweder hat also der Anwalt des Treuhänders das Argument der BaFin-Prüfung nicht vorgetragen, was kaum vorstellbar ist (jedenfalls wäre es reichlich unverständlich, darauf zu verzichten). Oder der BGH misst dem so wenig Bedeutung bei, dass er noch nicht einmal darauf eingeht. Das allerdings würde bedeuten: Der BGH pfeift komplett auf die BaFin.

So oder so: Die Entscheidung ist nicht nur eine Ohrfeige für die Aufsichtsbehörde, sondern wirft auch die Frage auf, welchen Nutzen ihre Prüfung überhaupt hat(te).

BGH: Unrichtigkeit „ohne weiteres erkennbar“

So spricht das Gericht nicht nur von „Ungereimtheiten und Widersprüchen“ im Prospekt. Es stellt auch fest, dass eine Rechtfertigung für die plakative Bezeichnung als Altersvorsorgefonds „nicht einmal ansatzweise erkennbar“ war und die Unrichtigkeit des Prospekts „bereits bei einer bloßen Plausibilitätsprüfung (…) ohne weiteres erkennbar“ war.

Nun war der Umfang des gesetzlichen Prüfungsauftrags an die Behörde 2006 noch geringer als heute. Insbesondere die Prüfung auf „Kohärenz“, also die innere Widerspruchsfreiheit des Prospekts, wurde erst 2012 mit dem VermAnlG eingeführt. Bis dahin prüfte die BaFin allein die formale Vollständigkeit.

Trotzdem konnte schon damals erwartet werden, dass sie zumindest offensichtlich fehlerhafte Prospekte ablehnen würde. Und dass schon der Titel eines von der BaFin gestatteten Prospekts sich als rechtswidrig entpuppt und eine Haftung auslöst, macht einigermaßen fassungslos.

Seite 3: Kein Verlass auf die BaFin

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