Offene Immobilienfonds am Scheideweg

Offene Immobilienfonds galten rund 45 Jahre als Hort der Stabilität. Aktuell zeigt sich, dass langfristige Anlagen und kurzfristige Handelbarkeit nicht zueinander passen. Immer mehr eingefrorene Publikumsfonds werden abgewickelt.

Haus-Pfeil-auf-abBis Mitte November hätten sie theoretisch noch Zeit gehabt. Doch schon vier Wochen vor Ablauf der maximal zweijährigen Frist für die Aussetzung der Anteilsscheinrücknahme haben mit dem Axa Immoselect und dem Degi International die offenen Immobilienfonds (OIF) Nummer fünf und sechs innerhalb nur eines Jahres ihre Pforten für immer geschlossen. Die rund 2,5 respektive 1,6 Millionen Euro schweren Anlagevehikel werden abgewickelt. Damit summiert sich das Volumen der aktuell in Liquidation befindlichen OIFs – darunter auch der der Morgan Stanley P2 Value, der Degi Europa, der TMW Weltfonds von Pamerica, sowie das Nischenprodukt Kanam US-Grundinvest – auf etwa sieben Milliarden Euro. Komplett vom Markt verschwunden sind im Übrigen auch der ursprünglich auf Großanleger abzielende offene Immobilienfonds Degi Global Business (Volumen rund 250 Millionen Euro) sowie der Dachfonds Premium Management Immobilien-Anlagen von Allianz Global Investors (knapp 1,2 Milliarden Euro Volumen). Die Abwicklung beider Vehikel wurde jeweils im August bekanntgegeben.

„Aussichtslos“ lautete das Fazit der Kapitalanlagegesellschaften (KAGs) Aberdeen Immobilien und Axa Investment Managers mit Blick auf die Chancen einer erfolgreichen Wiedereröffnung ihrer jeweiligen OIFs. Das hatten Umfragen unter Vertrieben ergeben, so die Anbieter unisono in ihren im Abstand von nur einer Woche veröffentlichten Verlautbarungen zum Fall der Fonds. Demnach hätten trotz forcierter Objektverkäufe die jeweils verfügbaren liquiden Mittel für eine Beendigung der Rücknahmeaussetzung nicht ausgereicht. Die Anzahl der Anleger, die bei einer Wiederöffnung ihre Anteilsscheine zurückgeben wollten, sei noch immer zu hoch. Eine geordnete Auflösung sei daher „alternativlos“ gewesen – diese derzeit viel bemühte Formulierung wird sinngemäß auch von den KAGs gebraucht.

Laut Axa Investment Managers beeinflusse auch die erneute Zuspitzung der Eurokrise die Anleger negativ, indem sie diese verunsichere und Entscheidungsprozesse bei potenziellen Immobilienkäufern verzögere. Objektverkäufe wären zur Schaffung der erforderlichen Liquidität in Höhe von in der Branche geschätzten mindestens 25 bis 30 Prozent des Fondsvermögens allerdings zwingend nötig gewesen. Die aktuelle Liquiditätsquote des Axa Immoselect liegt nach Angaben des Fondsmanagements hingegen bei nur rund zehn Prozent.

Überrascht haben beide Entscheidungen Branche und Anleger kaum. Die Börse Hamburg, an der auch die Anteilsscheine der von der Rücknahme ausgesetzten OIFs gehandelt werden, hatte diese Entwicklung bereits an der Kursentwicklung absehen können: „Bei uns wurde der Axa Immoselect zuletzt mit einem Abschlag von 42,8 Prozent zum letztmalig festgestellten Nettoinventarwert gehandelt“, sagt der Geschäftsführer der Börsen Hamburg und Hannover Dr. Thomas Ledermann. Eine ähnliche Größenordnung sei zuletzt beim Degi International notiert worden. „Die Abwicklungen wurden von den Anlegern in den Kursen offensichtlich in den letzten Wochen bereits eingepreist“, so Ledermann weiter. Die Entscheidung, den Fonds abzuwickeln, erfolgte nach Unternehmensangaben in beiden Fällen in Abstimmung mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Nun heißt es: alles muss raus. Die KAGs haben drei Jahre Zeit, um die Immobilienportfolios möglichst erfolgreich zu versilbern.

Seite 2: Schadenersatzklagen drohen

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