Ecke auf Ecke gestapelt

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Teil des größten Hafens der Welt: Container-Terminal in Shanghai

Ein Großteil der Container auf den Schiffen, Güterzügen oder Lkw gehört nicht den Reedereien oder Transportunternehmen selbst. Sie sind, wie weiteres Equipment auch, gemietet. Damit ist die Containerleasing-Branche ein unerlässlicher Teil einer funktionierenden Logistik.

Jeder kennt wohl diese Bilder: Türme aus bunten Quadern, soweit das Auge reicht. Sechs, sieben Lagen übereinander. Riesige Kräne, die einzelne der normierten Stahl-Boxen zentimetergenau zu den anderen auf ein Schiff bugsieren. Ecke auf Ecke. So gestapelt passen bis über 20.000 Container mit 20-Fuß-Standardmaß (TEU) auf ein einziges Schiff.  

Fast immer, wenn Redaktionen über den Welthandel – oder dessen Störung – berichten, illustrieren sie die Artikel oder Sendungen mit solchen Fotos beziehungsweise Film-Sequenzen. Das ist kein Zufall: Die Containerschifffahrt ist – neben Massengutfrachtern und Tankern – das Rückgrat des internationalen Handels. 

Die Bilder stammen meistens aus Hamburg oder aus Shanghai in China, also dem etwa fünfmal so großen und weltweit riesigsten Container-Umschlagplatz. Dieser ist zuletzt besonders häufig zu sehen. Denn dort stockt es. Im April hat die chinesische Regierung nach Corona-Ausbrüchen in der Stadt einmal mehr rigorose Lockdowns verhängt, die auch Teile des Hafens beziehungsweise der Hafenarbeiter umfassen. Die Folge: Ein riesiger Schiffsstau vor Shanghai, nach Medienberichten von zeitweise über 300 Frachtern. Die weltweiten Auswirkungen sind gravierend. Allerorten fehlen Produkte, Bauteile und vor allem Computerchips sowie andere Elek­tronik-Komponenten. Die Industrie beklagt Produktionsausfälle oder -verzögerungen. Das Stichwort „internationale Lieferketten“ hat nie geahnte Bekanntheit erlangt.

Auch für die Schifffahrt selbst haben die andauernden Turbulenzen Folgen. Doch diese sehen anders aus, als vielleicht mancher glaubt. So sanken die Charterraten für Containerschiffe, also die Mieten für die Frachter, mit dem ersten Corona-Schock Anfang 2020 nur kurz ab. Danach stiegen sie steil an und erreichten im April 2022 nach einigen Aufs und Abs ein neues Hoch. 

Ein ähnliches Bild, wenn auch weniger volatil, zeigt sich bei den Mieten für Container. Wie die Schiffe gehören auch diese nur zum Teil den Reedereien selbst. Nach einer Statistik des maritimen Dienstleisters Drewry stammt gut die Hälfte des weitweiten Containerbestands von Leasinggesellschaften, die sie ihrerseits zum Teil für andere Investoren, darunter auch Privatanleger, verwalten und an die Reedereien sowie andere Transportunternehmen vermieten. Die Stahlboxen einschließlich Kühl-, Tank- und sonstige Spezialcontainer sind dabei der größte Bereich des Logistik-Equipments, aber auch für andere Segmente wie Wechselkoffer oder Güterwaggons gibt es spezialisierte Eigentums- und Vermietungsgesellschaften. Das funktioniert nur, weil das Equipment so normiert ist, dass es nicht nur auf verschiedenen Transportmitteln eingesetzt werden kann, sondern ohne größere Umstände auch von unterschiedlichen Nutzern.

Auch diese Märkte unterliegen durchaus zyklischen Schwankungen. So hat sich laut Drewry etwa der Preis für einen 40-Fuß-Highcube-Standardcontainer zwischen dem 2. Quartal 2020 und dem 2. Quartal 2021 um 95 Prozent erhöht. Doch die Zyklen bei Containern sind traditionell kürzer und flacher als bei den Schiffen. Das wird vielfach mit der kürzeren Bauzeit begründet. Bei einem Standardcontainer vergehen zwischen Bestellung und Ablieferung um die sechs Wochen, bei Schiffen gerne mal zwei Jahre oder mehr. Die Containerleasinggesellschaften können also schneller auf geänderte Nachfrage oder Überkapazitäten reagieren und ihre Bestellungen anpassen. Zudem erlaubt der geringe Preis für eine einzelne Box den Vermietern, das Risiko durch Pakete mit verschienenen Vertragslaufzeiten, unterschiedlichen Mietern und mehreren Equipment-Typen zu streuen. 

Dazu zählen auch Wechselkoffer. Diese mobilen Lkw-Laderäume mit ausklappbaren Standbeinen können ohne Kräne abgestellt und vom gleichen oder einem anderen Lkw wieder aufgenommen werden. Auch in diesem Fall ist die Normierung das A&O. Sie werden auf Schienen und Straßen vor allem von Kurier-, Express und Paketdiensten (KEP) für kürzere Strecken und kleinere Mengen eingesetzt und sind somit ein wichtiger Teil der lokalen und regionalen Lieferketten. 

Auch dieses Segment wies schon vor der Pandemie kontinuierliches Mengenwachstum auf. Es hat durch den explodierenden Online-Einkauf in den letzten zwei Jahren noch einmal spürbar zugelegt. Nach einer Befragung der KEP-Unternehmen durch die KE-Consult wird auch über 2022 hinaus jährlich weiteres Wachstum der Branche erwartet. Anders als bei den Schiffen ist indes mit einem Aufholeffekt nach der Pandemie wohl eher nicht zu rechnen. Die Containerfrachter hingegen dürften einiges – auch im wörtlichen Sinne – nachzuholen haben, wenn die Fabriken und Häfen vor allem in China wieder voll einsatzbereit sind. Sie alle brauchen dann eines: Container.

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