BGH-Beschluss: Die Bafin hat nicht immer recht

Dass schon in diesem frühen Stadium ein nicht ganz unwesentlicher Punkt unzulänglich geregelt wurde und sich dies erst sechs Jahre nach der Verabschiedung des Gesetzes herausstellt, lässt wenig Gutes in Hinblick auf die späteren und aktuellen Regulierungsvorhaben erwarten, die immer umfangreicher und chaotischer wurden und werden.

Wenigstens ebenso große Bedeutung hat der zweite Punkt: Gerichte können die Aufsichtspraxis kassieren beziehungsweise die Gesetze in Hinblick auf ihr eigenes Rechtsgebiet anders interpretieren als die Bafin. Das ist zwar in der Theorie nicht neu, wird in dem aktuellen Fall aber in der Praxis belegt.

Hier ging es um das Strafrecht, im Zivilrecht verhält es sich jedoch nicht anders. Angesichts der Unzahl neuer Vorschriften ist in künftigen BGH-Urteilen wohl noch einiges an Überraschungen zur Auslegung der Gesetze und zur Verwaltungspraxis zu erwarten. Das kann auch die Richtersicht zu Emissionsprospekten betreffen, die von der Bafin genehmigt wurden.

Bafin-Prospekt ist keine Garantie

Insofern ist der Vorgang auch ein Anlass, erneut daran zu erinnern: Kapitalverwaltungsgesellschaften und Vertriebe dürfen bei aller Erleichterung, die ihnen die Regulierung in Hinblick auf die Prospekt- und Vertriebshaftung bringt, nicht die zivilrechtliche BGH-Rechtsprechung aus den Augen verlieren.

Auch ein von der Bafin genehmigter Emissionsprospekt ist keine Garantie dafür, dass er später vor Gericht standhält. Die Verantwortlichen und die Vermittler sind dadurch keinesfalls vollkommen von der Haftung freigestellt.

Übrigens: Auch der Vietnamese ist noch nicht vom Haken. Der BGH wies den Fall an das Landgericht zurück. Der Beschuldigte betrieb ein Reisebüro als GmbH, über das er wohl auch seine Kunden akquirierte. Wenn das Reisebüro auch in die Zahlungsdienste eingebunden war, was die Richter in Leipzig nun untersuchen müssen, hätte er sie als Geschäftsführer einer juristischen Person betrieben. Das wäre strafbar.

Stefan Löwer ist Chefanalyst von G.U.B. Analyse und beobachtet den Markt der Sachwertanlagen als Cash.-Redakteur und G.U.B.-Analyst insgesamt schon seit 25 Jahren. G.U.B. Analyse gehört wie Cash. zu der Cash.Medien AG.

Foto: Florian Sonntag

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