Unendliche Pflicht zur Provisionszahlung?

Zeitliche Befristung der Zuführungsprovision?

Somit war dem Grunde nach klar, dass eine Zuführungsprovision vom Versicherer zu zahlen war. Der weitere Streit entfachte sich dann an der Frage der zeitlichen Dauer. Der Versicherer wandte ein, dass eine derartige Provision branchenüblich jedenfalls auf ein oder zwei Jahre beschränkt sei, länger müsse deshalb auch nicht gezahlt werden. Die Klägerin hielt dem entgegen, dass eine solche zeitliche Begrenzung gerade nicht branchenüblich sei. Es müsse so lange gezahlt werden, wie die hinzugewonnene Geschäftsbeziehung besteht und tatsächlich Neugeschäft vermittelt wird. Dies könnte theoretisch unendlich lange sein.

Zur Beurteilung der Branchenüblichkeit wurde ein Sachverständigengutachten eingeholt. Der Sachverständige bestätigte, dass die Zahlung einer Zuführungsprovision zwar eine seltene Vergütungsart und in der Mehrzahl bei Maklerpools anzutreffen sei. Gleichwohl habe sich eine Üblichkeit derart herausgestellt, dass solche Zuführungsprovisionen zeitlich unbefristet gezahlt würden und nicht von vorneherein auf wenige Jahre beschränkt seien.

Dieser Beurteilung hat sich das HansOLG angeschlossen und ausdrücklich eine zeitlich unbefristete Zahlungsfrist festgestellt. Es hat einen ortsüblichen Handelsbrauch bejaht und geurteilt, dass es branchenüblich sei, dass die von der Versicherungsgesellschaft dem Zuführer zu zahlende Provision zeitlich unbeschränkt ist und nur mittelbar durch die Dauer der Geschäftsverbindung zwischen dem Versicherungsvermittler und dem Versicherer begrenzt wird.

Rechtskräftiges Urteil

Die Entscheidung des Gerichts ist rechtskräftig und nicht mehr anfechtbar. Im Ergebnis hat das HansOLG daher das Tor für eine theoretisch unendliche Zahlungspflicht von Versicherern weit aufgestoßen. Solange also der zugeführte Vermittler Neugeschäft vermittelt, profitiert hiervon der Zuführer.

Die einmalige Zuführungsleistung wird mit einem dauerhaften Provisionsanspruch belohnt. Natürlich kann auch diese Belohnung letztlich jederzeit ein jähes Ende finden. Denn auf den Bestand der Geschäftsbeziehung zwischen Versicherer und zugeführtem Vermittler wird der Zuführer keinen entscheidenden Einfluss haben.

Aus dem Verdikt des Gerichts folgt auch, dass sich die angesprochenen Unternehmen in dem vom Gesetzgeber sicherlich wenig angetasteten Bereich der Zuführung von Vermittlungsunternehmen nicht nur auf abgeschlossene (oder eben nicht abgeschlossene) Verträge besinnen sollten.

Das Gesetz (Paragraf 354 Abs. 1 HGB) kann nach dem Verdikt des HansOLG womöglich kaum geahnte Folgen in Form von theoretisch sogar unendlichen Provisionsansprüchen haben. Diese Folgen dürften dann sprichwörtlich des Einen Freud und des Anderen Leid sein. Sind sich aber alle Beteiligten über derartige Folgen im Vorhinein im Klaren, sollte eine klare Absprache im Vorfeld, die vertraglich festgehalten wird, nach wie vor am wenigsten Überraschungsgefahr bergen und größtmögliche Rechtssicherheit bieten.

Autor Florian Kelm ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht bei der Rechtsanwaltskanzlei Zacher & Partner in Köln.

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