IMD 2 – Versicherungsanlageprodukte im Visier

Die geplanten Neuerungen zur Gebührentransparenz im Rahmen der Vermittlerrichtlinie (IMD 2) sind in aller Munde. Allerdings wird IMD 2 für den Vertrieb von so genannten Versicherungsanlageprodukten noch entschieden weiterreichende Änderungen bringen.

Gastbeitrag von Thomas Elster, Dr. Roller & Partner Rechtsanwälte

“Wie im Kommissionsentwurf zur MiFID 2 ist auch im IMD 2-Entwurf eine Regelung vorgesehen, unter welchen Voraussetzungen Berater sich als unabhängig bezeichnen dürfen.”

Der europäische Kommissionsentwurf vom 3. Juli 2012 zur Neufassung des IMD 2 und die Verlautbarungen der involvierten Ausschüsse lassen erkennen, dass die aufsichtsrechtlichen Erfordernisse für den Vertrieb von Versicherungsprodukten steigen werden.

Der Geltungsbereich der IMD 2-Richtlinie wird zudem erheblich erweitert. Dies gilt vor allem für Versicherungsanlageprodukte. Gemeint sind Versicherungsprodukte mit einem Anlageelement, also beispielsweise fondsgebundene Lebensversicherungen.

MiFID 2: Wertpapieranlagevorschriften gelten auch für Versicherungsanlageprodukte

Das Europäische Parlament hat in seiner Position zur MiFID 2-Richtlinie gefordert, dass die Vorschriften, die für den Vertrieb von Wertpapieranlagen gelten, auch auf Versicherungen mit Anlageelementen ausgedehnt werden. Diese Forderung entspringt dem politischen Willen zur einheitlichen und lückenlosen Regulierung zum Zwecke des Anlegerschutzes.

Der Entwurf der IMD 2 setzt diese Forderung um, indem ein eigenes Kapitel zu den dort genau definierten Versicherungsanlageprodukten in die Richtlinie aufgenommen wurde. Umfangreiche Wohlverhaltenspflichten, wie sie aus dem Wertpapierhandelsgesetz bekannt sind und durch MiFID 2 fortentwickelt werden, sind vorgesehen.

Im Rahmen des IMD 2 sind beispielsweise geeignete Vorkehrungen zur Vermeidung von Interessenkonflikten zwischen allen an der Vermittlung beteiligten Personen, beispielsweise Kunden, Angestellte, gebundene Vermittler, zu treffen.

Interessenkonflikte sind offenzulegen

Soweit Interessenkonflikte nicht ausgeräumt werden können, sind sie offenzulegen – ganz im Sinne der sogenannten „conflicts of interest policies“, die das WpHG fordert.

Weiterhin werden Pflichten zur Kundenbefragung (Kundenexploration) vorgesehen, die wie im Bereich des WpHG zwischen dem Beratungsgeschäft und dem beratungsfreien Geschäft unterscheiden. Die aus dem WpHG bekannten Begriffe der Angemessenheitsprüfung im beratungsfreien und der Geeignetheitsprüfung im Beratungsgeschäft werden aufgegriffen.

Wie im Kommissionsentwurf zur MiFID 2 vom 20. Oktober 2011 ist auch im IMD 2-Entwurf eine Regelung vorgesehen, unter welchen Voraussetzungen Berater sich als unabhängig bezeichnen dürfen. Voraussichtlich wird eine Verwendung des Begriffs „unabhängig“ voraussetzen, dass die Berater

• auf „Gebühren, Provisionen oder andere monetäre Vorteile“ von Dritten verzichten,
• eine „hinreichende Zahl“ von Versicherungsprodukten auf dem Markt „beurteilen“
• und sich nicht auf Produkte von Anbietern beschränken, die in enger Verbindung zu ihnen stehen.

Kritikpunkt an IMD 2: Einseitige Förderung der Honorarberatung

Ob sich diese Differenzierung nach unabhängiger und nicht unabhängiger Beratung durchsetzen wird, ist offen. An dieser Neuerung, die parallel in die Entwürfe für MiFID 2 und IMD 2 aufgenommen worden ist, entzündet sich viel Kritik, da hierin eine einseitige Förderung der Honorarberatung gesehen wird, und der positive Effekt auf die Qualitätsverbesserung der Beratung überhaupt in Frage gestellt wird.

Die Wohlverhaltensregeln, die sich im Wertpapierbereich über Jahre hinweg sukzessive entwickelt haben (zuletzt mit MiFID 1, umgesetzt im Jahr 2007, und demnächst mit MiFID 2), werden die Vertriebe von Versicherungsanlageprodukten im Schnelldurchlauf umsetzen müssen.

Anpassungen bei der Gestaltung von Geschäftsmodellen

In diesem Zusammenhang werden etliche Anpassungen bei der Gestaltung von Geschäftsmodellen, organisatorischen Vorkehrungen, Vertragsunterlagen und der Beratungsdokumentation erforderlich.

Die abschließenden Beratungen zu IMD 2 sind derzeit auf Herbst 2013 terminiert. Da die europäische Richtlinie danach noch in nationales Recht umgesetzt werden muss, wird die Geltung der neuen IMD 2-Regeln wohl 2014/15 zu erwarten sein.

Rechtsanwalt Thomas Elster ist Bankkaufmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Gründungspartner der Kanzlei Dr. Roller & Partner in München. Er berät Versicherungsvertriebe, Finanzdienstleister und Banken.

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