Finanztest testet BU-Policen – in einer eigenen Welt

Prämienbeispiele stiften eher Verwirrung als Nutzen

Mit nur drei Berufsbeispielen kann man für Leser keine sinnvolle Orientierung geben. Das war vielleicht vor zehn Jahren noch möglich, aber heute gibt es so viele Berufsdifferenzierungen, dass die drei genannten Beispiele nur auf sehr wenige Menschen zutreffen.

Finanztest gibt den Versicherern durch vage Berufsangaben große Spielräume für unrealistische Prämienangaben, die nicht zu vergleichbaren Ergebnissen führen können. So unterscheidet einer der günstigsten Anbieter für die Modellkundin „Arzthelferin“ drei verschiedene Berufsausprägungen. Im Test ist die günstigste Variante gelistet, die in der Praxis häufigere Berufsausprägung liegt mit 184 Prozent der aufgeführten Prämie deutlich darüber. Dem Versicherer kann man hierbei wohl am wenigsten einen Vorwurf machen.

Selbst wenn man nicht nur drei, sondern dutzende Berufsbeispiele anbrächte, bliebe die Aussagekraft unspezifisch, denn für jeden Verbraucher zählt nur seine individuelle Prämie. Es wäre reiner Zufall, wenn sich der für den jeweiligen Leser günstigste Anbieter unter den günstigen Anbietern im Test befindet.

Test setzt systematisch Fehlanreize, die teuer werden können

Trotz erdrückender Faktenlage empfiehlt Finanztest unverändert die Anbieterauswahl nach Netto- statt Bruttobeiträgen. Die Begründung ist befremdlich, denn sie legt die Schlussfolgerung nahe, dass Finanztest über kein eigenes Know-how verfügt und auch kein Research betreibt. So habe die Deutsche Aktuarvereinigung keine schlüssige Antwort gegeben, warum man Bruttobeiträge heranziehen solle.

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Weiterhin seien Finanztest keine maßgeblichen Überschusssenkungen bekannt geworden, und auch Leser hätten dies bisher nicht gemeldet. Die Erkenntnisse über bisherige Überschussabsenkungen hätten die Tester aus den Geschäftsberichten gewinnen können. Dort werden die Überschüsse zu allen vorhandenen Tariflinien veröffentlicht. Allerdings sind die Fakten nur mit viel Aufwand und spezifischem Know-how zu erhalten.

Franke und Bornberg hat zu bisherigen Überschusssenkungen eine Studie veröffentlicht, in der mehrfache Überschuss-Senkungen bis auf null nachgewiesen werden. Das würde bei einigen Anbietern eine Verdopplung des Zahlbeitrages bedeuten. Über die Ergebnisse der Studie wurde in Fach- und Publikumsmedien (unter anderem FAZ) berichtet.

Auch die Tatsache, dass einer der Testsieger des vorangegangenen Tests schon zwei Jahre nach dem Auflegen des Tarifs seine Überschüsse absenken musste, hat in den Empfehlungen von Finanztest keinen Niederschlag gefunden.

Erneut ein Testdesign für Besserverdiener mit niedrigen Berufsrisiken

Schon auf der ersten Seite bemängelt Finanztest, dass die BU teuer ist. Finanztest verstärkt dieses Problem aber selbst, indem die garantierte Rentensteigerung als eines der wesentlichen sechs Testkriterien aufgenommen wird. Diese Tarifgestaltung verteuert aber den Schutz noch einmal spürbar. Das Testdesign schließt also, wie bei vorherigen Tests, gerade jene Erwerbstätigen aus, die den Schutz viel dringender brauchen als Beschäftigte in den getesteten Beispielberufen.

Bemerkenswert ist zudem, dass Finanztest die aufgeführten Prämienbeispiele ohne diese Dynamik gerechnet hat. Damit stellt Finanztest eines der Testkriterien selbst infrage.

Lösungsansätze für die Mehrzahl der Erwerbstätigen, die sich eine BU objektiv nicht leisten können, fehlen. Es gibt keine Hinweise auf mittlerweile etablierte und qualitativ gute Alternativlösungen wie die Erwerbsunfähigkeitsversicherung oder für körperlich Tätige die Grundfähigkeitsversicherung. Für Menschen außerhalb der Finanztest-Welt scheint es somit keine Möglichkeit zu geben, ihre Arbeitskraft zu versichern.

Seite drei: Zwei kritische Informationen zur Anzeigepflicht

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