Gesetzlicher Garantiezins bei Lebensversicherungen bleibt – vorerst

Aus europarechtlicher Sicht wäre es laut dem Ministerium nicht mehr nötig, den „Höchstrechnungszins“ beizubehalten. Hintergrund sind die europaweit einheitlichen strengeren Eigenkapitalvorschriften („Solvency II“) für Versicherungen.

Danach orientiert sich der Kapitalbedarf von Lebensversicherern stärker an dem Risiko, das sie mit Zusagen eingehen. Lebenslange Garantien müssen also stärker mit Eigenkapital hinterlegt werden.

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Der bisherige „Höchstrechnungszins“ – auch Garantiezins genannt – werde für die Zwecke der Aufsicht nicht mehr benötigt, hatte das Finanzministerium bisher argumentiert. Ab 2016 wollte das Ministerium daher den Versicherern keine Vorgaben mehr machen. Die Unternehmen könnten aber weiterhin Garantieversprechen abgeben, hieß es bisher.

Für Neuverträge liegt der Garantiezins seit 2015 bei 1,25 Prozent. Angesichts der Niedrigzinsen am Kapitalmarkt ist diese garantierte Rendite von einst 4 Prozent auf nur noch 1,25 Prozent gesunken. Die Höhe dieses Zinses wird bisher vom Bundesfinanzministerium auf Empfehlungen von Versicherungsmathematikern sowie der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) festgelegt.

Im Bundesfinanzministerium hieß es jetzt: „Der Höchstrechnungszins als Aufsichtsinstrument wird damit vorerst beibehalten.“ So werde weiterhin gewährleistet, dass die Versicherer in ihrer Bilanz eine vorsichtige Bewertung ihrer Verpflichtungen vornehmen.

GDV begrüßt die Rolle rückwärts der Politik

„Die Fortschreibung der Höchstrechnungszinsverordnung ist insbesondere mit Blick auf Solvency II sachgerecht. Sie gibt Unternehmen, Aufsicht und dem Gesetzgeber den notwendigen Raum, Praxiserfahrungen mit dem neuen Aufsichtssystem auszuwerten, bevor über weitere wesentliche Regeländerungen nachgedacht wird“, erklärte Jörg von Fürstenwerth, Vorsitzender der GDV-Hauptgeschäftsführung. Der Höchstrechnungszins wird in der Deckungsrückstellungsverordnung durch das Bundesfinanzministerium festgelegt und beläuft sich auch 2016 auf 1,25 Prozent.

„Die klassische Lebensversicherung hat im Garantiezins eine klare Vergleichskomponente“, sagt Lars Heermann von der Ratingagentur Assekurata. Lars Gatschke vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) meint, beim Garantiezins handele es sich allerdings auch um ein „bisschen Augenwischerei“. Die Versicherer würden damit werben, entscheidender sei aber die Überschussbeteiligung. „Da trennt sich die Spreu vom Weizen.“

Immer mehr Versicherungen bieten mittlerweile Produkte ohne Garantieversprechen oder in abgespeckter Form an. Einige kündigten zuletzt sogar eine völlige Abkehr von Lebensversicherungspolicen mit Garantiezins an. Nach Einschätzung von Assekurata sind vielen Verbrauchern die festen Zusagen allerdings wichtig. „Die Mehrheit der Kunden will eine Garantie“, sagt auch der Chef der Alten Leipziger, Botermann.

Quelle: dpa-Afx

Foto: Shutterstock

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