Angekündigter Vertragsbruch ist keine Kündigung

Der 23. Zivilsenat des OLG München ließ sich nach der Urteilsbegründung unter anderem von folgenden Erwägungen leiten. Teile der Vertreter dem Unternehmer in Form einer E-Mail mit, dass er sich entschieden habe, das aktive Tagesgeschäft einzustellen, seine Kunden und die akquirierten Kontakte aber weiter zu bearbeiten, und führe er weiter aus, dass beide wie versprochen in Kürze klären würden, wie das im Einzelnen aussehen würde, könne diese Erklärung weder als ausdrückliche noch konkludente Kündigung des Vertretervertrages verstanden werden.

Dies müsse zumindest gelten, sofern der Vertreter den Unternehmer zugleich gebeten hat, ihm mitzuteilen, ob er noch mit ihm zusammenarbeiten wolle und in welcher Form.

Eine Kündigung als einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung sei so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen muss. Bei der Auslegung müsse auf die Verständnismöglichkeit des Empfängers geachtet werden.

Kündigungserklärung muss unmissverständlich sein

Dieser dürfe aber auch nicht einfach von dem für ihn günstigsten Sinn ausgehen. Entscheidend sei im Ergebnis der durch normative Auslegung zu ermittelnde objektive Erklärungswert des Verhaltens des Erklärenden.

Eine Kündigungserklärung müsse eindeutig und unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass der Vertrag spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist beendet werden soll.

Der Angabe des Vertreters, dass er sich entschieden habe, das aktive Tagesgeschäft, das heißt die Akquise neuer Kunden, einzustellen, sei dies nicht zu entnehmen.

Vertreter bot Diskussionsgrundlage an

Aus dem Gesamtkontext sei ersichtlich, dass der Vertreter an einer vertraglichen Beziehung festhalte, vor allem, wenn er ausführe, dass beide in Kürze klären sollten, wie das im Einzelnen aussehen würde. Es gehe kein eindeutiger Wille hervor, den Vertretervertrag insgesamt nicht mehr zu wollen.

Das Vorbringen des Vertreters, keine Neuakquise mehr durchführen zu wollen, stelle einen Vorschlag für die Vereinbarung einer Vertragsänderung und gegebenenfalls die Ankündigung einer Vertragsverletzung dar, jedoch keine Kündigungserklärung.

Dies ergebe sich vor allem daraus, dass es in dem Betreff der E-Mail „Vorab-Info, alles weitere in Kürze“ heiße. Daraus folge, dass der Vertreter lediglich eine Diskussionsgrundlage angeboten habe.

Untätigkeit gilt nicht als Kündigung

Die Kündigung eines Vertretervertrages könne zwar formlos, unter Umständen auch konkludent erfolgen. Die bloße Untätigkeit des Vertreters lasse jedoch nicht auf eine Kündigung schließen. Insofern ist auch nicht maßgeblich, ob der Vertreter noch seiner Berichtspflicht nach Paragraf 86 Absatz zwei HGB nachkomme.

Gebe der Vertreter Kunden eine andere Visitenkarte als die des Unternehmers, sei der eindeutige Rückschluss auf eine bereits erfolgte Kündigung nicht möglich.

Dies gelte sogar dann, wenn der Vertreter gegenüber dem Kunden äußere, er wolle mit dem Unternehmer nicht mehr zusammenarbeiten. Es handele sich dabei lediglich um die (innere) Einstellung des Vertreters gegenüber dem Unternehmer.

Seite drei: Kommentar zur Entscheidung

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