Pensionsrückstellungen: 
Wie Unternehmen sich wappnen

Die Verfassungshüter billigten diesen Schritt und verwiesen auf den wirtschaftlich angemessenen Rahmen. Maßstab der Prüfung war das Zinsumfeld des Jahres 1981 – seinerzeit lagen die Zinsen weit über dem heutigen Niveau; am Kapitalmarkt waren sogar mehr als sechs Prozent erzielbar.

Im damaligen Beschluss stellte das Bundesverfassungsgericht zugleich klar, dass der Gesetzgeber die Regelung überprüfen und den Zins anpassen muss, wenn es zu einschneidenden Veränderungen kommt.

Das ist aber bis heute nicht geschehen, obwohl sich das Zinsumfeld seit 1981 zweifellos erheblich verändert hat – spätestens seit dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008.

Mit Blick auf die damalige Entscheidung erscheint es jedenfalls nicht unwahrscheinlich, dass das Bundesverfassungsgericht den sechsprozentigen Satz für verfassungswidrig erklärt.

Anlass zur Hoffnung

Das Finanzgericht Köln hat in seinem Vorlagebeschluss jedenfalls deutliche Worte gefunden: Der Rechnungszinsfuß entspreche „bereits seit Jahren nicht mehr der Realität“. Somit liege „ein Verstoß gegen das Willkürverbot“ und eine „Verletzung des Gebots realitätsgerechter Typisierung“ vor.

Somit besteht für Unternehmen berechtigter Anlass zur Hoffnung – und zwar bereits für Pensionsrückstellungen des Jahres 2015. Denn um dieses Jahr geht es im Streitfall.

Da das Zinstief seitdem anhält, gelten die Argumente des klagenden mittelständischen Unternehmens natürlich erst recht für 2016, 2017 und womöglich auch für das laufende Jahr und darüber hinaus. Denn eine einschneidende Zinswende ist bislang nicht in Sicht.

Auch die Steuerbescheide dieser Jahre gilt es also unbedingt offen zu halten, zumal bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch einige Jahre vergehen können.

Entscheidung zum Nachforderungszins

Auch die Verfassungsmäßigkeit des ebenfalls unverändert bei sechs Prozent verharrenden „Nachforderungszinses“ ist weiter umstritten. Der Bundesfinanzhof vertritt zwar in einem aktuellen Urteil die Ansicht, dass dessen Höhe nicht verfassungswidrig ist (Az. III R 10/16).

Die Entscheidung betraf allerdings das Jahr 2013, in dem sich die „Zinssätze für verschiedene kurz- und langfristige Einlagen und Kredite“ laut einer Analyse des Bundesfinanzhofs in einer Bandbreite von 0,15 bis 14,7 Prozent bewegten. Weitere Verfahren sind anhängig.

Obwohl der Leitzins der Europäischen Zentralbank bereits 2011 unter die Marke von einem Prozentpunkt gefallen sei, „konnte somit nicht davon ausgegangen werden, dass der gesetzliche Zinssatz die Bandbreite realitätsnaher Referenzwerte verlassen hat“, argumentierten die obersten Finanzrichter.

Keine Rückschlüsse auf Pensionsrückstellungen

Der Zins von 14,7 Prozent bezog sich allerdings auf den Überziehungszins für Privatpersonen. Konsumentenkredite oder Kreditkartensätze können aber kein Maßstab für die betriebliche Sphäre sein.

Hier ist man mit Unternehmensanleihen deutlich treffsicherer. Deswegen erlaubt diese Entscheidung keinen Rückschluss auf die Pensionsrückstellungen – zumal die Zinsen seit 2013 weiter gesunken sind.

Auch im Hinblick auf den Nachforderungszins gilt: Sollte das Verfassungsgericht den Zins kippen, profitieren nur Steuerpflichtige, deren Zinsfestsetzungsbescheide noch offen sind.

Lesen Sie den vollständigen Artikel in der aktuellen Cash.-Ausgabe 4/2018.

Autor Jürgen Helfen ist Partner bei der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC. Autor Martin Knappstein ist dort Manager. Beide sind Experten für Altersversorgung.

Fotos: Shutterstock, PWC

 

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