Armutrisiko Pflege: Neue DAK-Studie zeigt – 35 Prozent der Pflegebedürftigen von Sozialhilfe abhängig

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Auch nach der Pflegereform der Bundesregierung entstehen unkalkulierbare Kosten für Pflegebedürftige in stationären Einrichtungen. Das ist ein Ergebnis der neuen Studie des Bremer Pflegeökonomen Prof. Dr. Heinz Rothgang im Auftrag der DAK-Gesundheit. Mehr als ein Drittel der Pflegebedürftigen ist aktuell von Sozialhilfe abhängig.

Ihr Anteil wird in diesem Jahr das Rekordniveau von rund 35 Prozent erreichen. Das ist der höchste Wert seit Einführung der Pflegeversicherung Mitte der 1990er Jahre.

An dieser Entwicklung wird sich auch durch die Pflegereform mittelfristig nichts ändern. Die mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG) verabschiedete Pflegereform führt nur zu einer kurzfristigen Entlastung der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen.

Deckungslücke von 3,5 Milliarden Euro in 2025

Auch in Zukunft wird daher ein erheblicher Teil der Pflegebedürftigen in Pflegeheimen auf Sozialhilfe angewiesen sein, so die Studie. Zudem drohe in der Pflegeversicherung eine reformbedingte Deckungslücke von 1,1 Milliarden Euro. Bis 2025 soll diese dann auf 3,5 Milliarden Euro steigen.  

Laut DAK-Studie des Bremer Pflegeökonomen Rothgang wirkt die Pflegereform von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn nicht nachhaltig. „Die Entwicklungen in der Pflegeversicherung sind alarmierend“, warnt DAK-Vorstandschef Andreas Storm. „Die Pflegeversicherung kann trotz der jüngsten Reform ihren eigenen Anspruch, pflegebedingte Sozialhilfeabhängigkeit zu verhindern, zunehmend weniger erfüllen“, so Storm weiter. 

Nur kurzfristige Entlastung

Die Pflegereform 2021 sei nicht geeignet, die Probleme der finanziellen Überlastung der Pflegebedürftigen und ihrer Familien zu lösen. Die neuen Leistungszuschläge führten nur zu einer kurzfristigen Entlastung, begrenzten den weiteren Anstieg der Eigenanteile aber nicht. Nach wie vor sei es unmöglich vorherzusagen, wie hoch der Eigenanteil sein werde, wenn Pflegebedürftigkeit in Zukunft auftritt.

„Gezielte Vorsorge ist daher weiterhin nicht möglich“, sagt Kassenchef Storm. Die in der Pflegereform beschlossenen Leistungszuschläge seien zudem so niedrig angesetzt, dass sie im Durchschnitt nicht einmal in der Lage seien, die reformbedingten Anstiege der Pflegesätze zu kompensieren – geschweige denn die Eigenanteile zu senken. „Diese Reform ist eine ‚Pflegereform light‘. Wir brauchen dringend verlässliche und finanzierbare Heimkosten für Pflegebedürftige“, sagt Kassenmanager Andreas Storm. 

Verlässliche und finanzierbare Heimplätze gefordert

Datengrundlage der Expertise sind unter anderem Berechnungen zu Einkommen, Vermögen und Heimentgelten. Zudem wurden die Finanzwirkungen, die durch die Reformelemente des GVWG in Bezug auf Pflegefinanzierung, Entlohnung und Personalanstieg entstehen, analysiert. Ein Ergebnis: Durch die Verpflichtung zur Entlohnung auf Tarifniveau und die Refinanzierung von mehr Personal wird die finanzielle Entlastungswirkung der gestaffelten Leistungszuschläge zunichte gemacht.

„Dies führt dazu, dass die Sozialhilfeabhängigkeit nach 2022 wieder ansteigt,“ sagt Pflegeökonom Rothgang. Schon ab 2024 werde die Sozialhilfequote der stationär versorgten Pflegebedürftigen von 2019 überschritten, deren Höhe bereits als zu hoch bewertet wurde und den Anstoß zur aktuellen Pflegereform lieferte.

Lesen Sie hier, wie es weitergeht.

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