Berufsunfähigkeit: Die neuen Alternativen

Die Gothaer bietet ihre Grundfähigkeitsversicherung unter dem Namen Fähigkeitenschutz in drei Leistungspakten an. Diese können um die Zusatzbausteine „Schwere Krankheiten“ und „Psyche“ individuell erweitert werden. „Wenn man das Thema Psychische Erkrankungen betrachtet, ist der Versicherungsschutz einer BU-Versicherung deutlich höher“, betont Gothaer Pressesprecher Dr. Klemens Surmann.

Allerdings seien bereits im Basis-Paket zwei Leistungselemente mit direkten Bezug zum psychischen Leistungsvermögen der versicherten Person enthalten: Verlust der geistigen Leistungsfähigkeit (Intellekt) und Verlust der Entscheidungsfähigkeit (Betreuung und eigenverantwortliches Handeln). Daneben gibt es bei Gothaer Fähigkeitenschutz einen Zusatzbaustein „Schwere psychische Erkrankungen“.

Fast alle Grundfähigkeitsversicherungen sind im Bereich der Leistungsauslöser umfangreicher als noch vor einigen Jahren. „Psychische Erkrankungen sind häufig mitversichert. Das bedeutet, dass die versicherte Person nicht mehr in der Lage sein darf, alltagsrelevante Tätigkeiten auszuführen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Beruf nicht ausgeführt werden kann“, erläutert Assekurata-Analyst von Eicken.

Allerdings gebe es abweichende Definitionen in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen. „In der Grundfähigkeitsversicherung liegt eine psychische Erkrankung oftmals dann vor, wenn gerade in Bezug auf die Auffassungsgabe oder die Konzentration die geistige Leistungsfähigkeit der versicherten Person schwer gestört ist, etwa durch eine Demenz, durch Schizophrenie oder Psychose“, so von Eicken.

„Üblicherweise können psychische Leistungsauslöser als Zusatzbaustein gewählt werden. Das hat den Vorteil, dass ,Psyche’ nicht automatische eingeschlossen ist, wenn es nicht erwünscht ist. Das hält den Beitrag niedriger und die Gesundheitsfragen einfacher“, ergänzt Ascore-Geschäftsführerin Ludwig.

Bei der Erwerbsunfähigkeitsversicherung hingegen sind Einschränkungen durch psychische Ursachen automatisch eingeschlossen. „Es ist bei der EU nicht relevant, woher die Einschränkungen in der Arbeitsunfähigkeit kommt. Relevant für den Bezug einer EU-Leistung ist nur, dass man weniger als drei Stunden arbeiten kann“, so Ludwig.

Skepsis wegen des Leistungsauslöser-Wettbewerbs

Morgen & Morgen-Geschäftsführer Schiffels sieht den generellen Leistungsauslöser-Wettbewerb der Anbieter skeptisch. Was sich zuerst einmal gut anhöre, sei auf den zweiten Blick ambivalent zu bewerten. „Natürlich ist es für den einzelnen Versicherungsnehmer interessant, wenn er viele Leistungsauslöser abgesichert hat. Diese müssen jedoch auch alle bezahlt werden. Wir sehen aktuell die Gefahr, dass durch die tatsächlich stattfindenden Leistungserweiterungen die Zielgruppe der Grundfähigkeitsversicherung sich diese dann irgendwann wird nicht mehr leisten können.“

Pascal Schiffels, Geschäftsführer Morgen & Morgen

Laufen die Versicherer auch hier wieder Gefahr, sich ein weiteres Leistungsrennen zu liefern? Morgen & Morgen hat nach Aussage von Schiffels daher auch reagiert und bei seinem Rating M&M Grundfähigkeiten nur 15 Leistungsauslöser als ratingrelevant eingestuft.

Die restlichen Leistungsauslöser werden zwar analysiert, fließen aber nicht in das Rating mit ein. „Die Grundfähigkeitenversicherung wird sich als Ausweichprodukt zur BU durchsetzen, wenn es nicht zu der beschriebenen Überzüchtung der Bedingungen kommt“, ist sich der Experte sicher.

Dread-Disease mit Sonderrolle

Eine Sonderrolle gebührt der Dread-Disease-Versicherung. „Sowohl die Zielgruppe als auch der Versicherungsbedarf ist hier ein anderer als bei Versicherungen, dies das regelmäßige Einkommen absichern. Sie ist aber gerade durch den spezialisierten Leistungsbereich der schweren Krankenheiten ein, zu den anderen Bereichen, gut abgegrenzter Versicherungsschutz“, weiß Ludwig. Die Schwere-Krankheiten-Versicherung ist sinnvoll, um sich gezielt gegen bestimmte Krankheiten finanziell abzusichern, den Lebensstandard zu erhalten und zusätzlich Therapie- und Pflegerechnungen zahlen zu können.

Christine Schönteich ist Mitglied der Geschäftsführung beim Münchener Maklerpool Fondsfinanz

„Kommt es zu einem gesundheitlichen Schicksalsschlag, besteht die Möglichkeit, dass nicht nur die eigene Existenz bedroht ist, sondern auch die der Angehörigen. Gerade bei einer familiären Disposition ist eine Absicherung gegen schwere Krankheiten sinnvoll: Die Gesundheitsprüfung bei der Dread-Disease-Versicherung ist nämlich weniger umfassend und einschränkend als die der Berufsunfähigkeitsabsicherung. Auch eignet sich eine Dread Disease als Baustein innerhalb einer Key-Person-Absicherung bei Unternehmen. Im Falle eines plötzlichen, krankheitsbedingten Ausscheidens einer Schlüsselperson im Unternehmen leistet die Absicherung einmalig die vereinbarte Höhe. Mit dieser können finanzielle Nachteile, die durch den Verlust der Schlüsselperson entstanden sind abgedeckt werden“, sagt Fonds Finanz Geschäftsführerin Schönteich.

Welches Produkt für wen?

EU, Grundfähigkeiten oder Dread-Disease? „Die Herausforderungen liegen vor allem in der Abgrenzung. Welchen Schutz kann oder sollte man wem empfehlen?“, sagt Ludwig. Natürlich halten sämtliche Experten die BU-Versicherung für die optimale Absicherung.

Aber letztlich sind die Tarife überzüchtet und bei den Berufsgruppen derart feingeteilt, dass sich nicht jeder eine Berufsunfähigkeitsabsicherung mit ausreichender Rentenhöhe leisten kann. „Für die Wahl der passenden Alternative sind vor allem das Berufsbild, also die Art der Tätigkeit und die körperlichen oder geistigen Voraussetzungen für die Berufsausübung wichtig“, so Ludwig.

Als Orientierungshilfe in der Einordnung dienen die vorher beschriebenen Tarifeigenschaften und Zielgruppendefinitionen der jeweiligen Absicherungsvarianten. „Wer die Unterschiede verinnerlicht hat, kann auch die individuellen Vor- und Nachteile der jeweiligen Alternative einsetzen und erläutern“, resümiert die Expertin. Auf den Vertrieb dürfte jedenfalls eine durchaus eine Herkulesaufgabe warten. Der Aufwand dürfte sich lohnen. Denn 27,5 Millionen Menschen sind noch nicht versichert. (dr)

Fotos: Shutterstock / Assekurata / Morgen&Morgen / Canada Life

1 2 3 4 5 6Startseite
Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments