Rassat-Kolumne: Endlich Sommer!

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Michaela Rassat, Ergo-Rechtsexpertin und Cash.-Kolumnistin

Die Sonne scheint und alle zieht es in den Garten oder auf den Balkon. An einige Regeln müssen sich Nachbarn, Eltern und Tierfreunde trotzdem halten. Die Rechtsschutzkolumne von Michaela Rassat.

Es gibt viele Möglichkeiten, die Natur gleich vor der Haustür zu genießen. Aber nicht alle Nachbarn teilen das Vergnügen. Rücksichtnahme ist dann das Gebot, um auch weiterhin Freude an spielenden Kindern, Grillabenden oder umher schwirrenden Bienen zu haben. Der Gesetzgeber hat auch hier klare Vorstellungen. Die wichtigste zuerst: Ruhezeiten gelten noch immer. Sie sind nach Bundesland und Gemeinde unterschiedlich geregelt. Bei der Frage der Zimmerlautstärke gilt aber meist: Mittagsruhe herrscht von 13 bis 15 Uhr, Nachtruhe von 22 bis 7 Uhr und an Sonn- und Feiertagen ganztägig.

Auch für den berühmten Ball, der aus Versehen in Nachbars Garten landet, gibt es klare Regeln. Einfach über den Zaun klettern dürfen Kinder dann nicht. Erstmal müssen sie den Nachbarn oder die Nachbarin fragen. Sonst wäre es schlimmstenfalls sogar Hausfriedensbruch. Andersherum muss der Nachbar gelegentlich auftauchendes Spielzeug akzeptieren und es wieder zurückgeben. Kommt dies jedoch ständig vor, hat er einen Unterlassungsanspruch – dann muss das Spiel an einen anderen Ort verlegt oder ein Ballfangnetz aufgestellt werden.

So entschied zumindest das Oberlandesgericht Naumburg vor Jahren, dass mehr als ein Ball pro Woche zu viel sei – der benachbarte Sportverein musste ein Fangnetz errichten. Landet das Wurfgeschoss aber in Nachbars Fenster, wird es für die Eltern unter Umständen teuer. Haben sie ihre Aufsichtspflicht verletzt, müssen sie den Schaden zahlen.

Lachen, hüpfen, toben

Ein Garten voller lachender Kinder ist ein großes Glück. Aufpassen müssen Eltern dennoch. Wie weit die Aufsichtspflicht geht, hängt von Alter, Verhalten und Einsichtsfähigkeit des Kindes ab. Je jünger es ist und je weniger Einsicht in „richtig und falsch“ das Kind hat, desto mehr Aufsicht ist nötig. Achten die Eltern nicht ausreichend auf das Kind und verursacht dieses einen Schaden, haften sie dafür. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen das Kind selbst haftet. Möglich ist dies ab dem vollendeten siebenten Lebensjahr. War ein Kind in diesem Alter bereits so selbstständig und einsichtsfähig, dass die Eltern keine Aufsichtspflicht mehr hatten, haftet es selbst. Hat es kein Geld, ändert das wenig: Ein Gerichtsurteil bleibt 30 Jahre lang vollstreckbar. Haben Eltern bei einem Kind unter sieben Jahren ausreichend aufgepasst und verursacht dieses trotzdem einen Schaden, hat der Geschädigte unter Umständen gegen niemanden Anspruch auf Schadenersatz.

Je mehr Kinder auf einem Grundstück spielen, desto höher ist die Unfallgefahr. Gefahrenquellen sind zum Beispiel Gartenteiche, herumliegende Gartengeräte oder Spielgeräte. Trampoline bergen selbst für größere Kinder noch Unfallgefahren. Die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie warnt eindringlich, dass die Zahl der Unfälle stark steigt, darunter Beinbrüche und ernste Kopfverletzungen.

Halten sich eingeladene fremde Kinder auf dem Grundstück auf, gehen die Gerichte davon aus, dass die Gastgeber-Eltern stillschweigend die Aufsichtspflicht auch über die fremden Kinder übernehmen. Entsprechende Urteile gibt es zum Thema Kindergeburtstag. Auch der Kinder-Besuch darf also nicht einfach unbeaufsichtigt im Garten herumtoben. Ist damit zu rechnen, dass sich fremde Kinder auch uneingeladen im eigenen Garten betätigen, hat man eine sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Das bedeutet: Gefahrenquellen müssen, soweit möglich und zumutbar, entschärft werden. Verletzt sich also ein fremdes Kind an einem nicht sicher aufgestellten Trampolin oder einem morschen Klettergerüst, kann dies eine Haftung zur Folge haben. Dies gilt auch für ein frei zugängliches Planschbecken, falls Nachbars Nachwuchs unerwartet auf abenteuerliche Gedanken kommt. Allerdings wird ein Gericht im Ernstfall auch prüfen, ob hier nicht die Eltern der fremden Kinder ihre Aufsichtspflicht verletzt haben und sie damit ein Mitverschulden trifft.

Planschbecken im Garten

Auf einem eigenen Grundstück darf jeder ein Bassin aufstellen. Aber auf dem eigenen Balkon kommt es schon darauf an, wie schwer das gefüllte Becken wird und wie viel Last der Balkon tragen kann. Mieter dürfen in der Regel ebenfalls eine kleine Badestelle im Garten oder auf dem Balkon errichten. Vorsicht aber vor Spritzwasser beim Nachbarn: Das kann zu Schadenersatzansprüchen führen, wenn etwa dessen Holzmöbel leiden.

Im Gemeinschaftsgarten ist die gemeinsame Absprache nicht nur zu den Kosten von Becken, Wasser und Reinigung wichtig, sondern auch die Übereinkunft zu Ruhezeiten. Diese finden sich meist in der Hausordnung.

Bienen im Anflug

Eine gute Nachricht aus den Gärten und von den Balkonen gibt es für die Natur: 2021 gab es in Deutschland wieder rund 1,1 Millionen Bienenvölker. Nur ein Prozent dient der gewerbsmäßigen Imkerei. Um alle anderen Völker kümmern sich Privatleute, viele im eigenen Garten oder sogar auf dem Balkon. Vor dort aus suchen die Bienen auf bis zu 50 Quadratkilometern nach Nektar. Rund 40.000 Mal fliegen Arbeitsbienen los, um 500 Gramm Honig einzusammeln. Aber: Dies ist nicht immer eine Freude für die Nachbarschaft und auch die Rechtslage ist nicht ganz einfach.

Auf dem eigenen Grundstück dürfen Bienenstöcke grundsätzlich aufgestellt werden. Ein großes Bienenhaus benötigt aber oft eine Baugenehmigung. Zu viele Bienenstöcke auf dem eigenen Grundstück können zu einem Verbot führen. Die rechtzeitige Rückfrage bei Stadt oder Gemeinde vermeidet Ärger. Zudem müssen die Stöcke beim zuständigen Veterinäramt registriert werden.

Die rechtzeitige Rücksprache mit dem Vermieter ist wichtig für tierliebe Mieter – auch wenn es um Bienen geht. Sie gehören Gerichtsurteilen zufolge nicht zu den Kleintieren wie Hamster oder Wellensittiche, für die keine Genehmigung nötig ist.

Fühlen sich Nachbarn auch von genehmigten Bienenstöcken gestört, zählt der Einzelfall. Die Angst vor einem Stich reicht nicht aus, es sei denn, der Nachbar ist schwerer Bienen-Allergiker. Stört übermäßiger Bienenflug den Nachbarschaftsfrieden, muss der Stock umgesiedelt werden.

Bei Fragen rund um das nachbarschaftliche Miteinander hilft ein Immobilien-Rechtsschutz weiter. Sowohl als Mieter, Vermieter und Eigentümer ist man damit rechtlich abgesichert. Sei es mit einer telefonischen Rechtsberatung durch einen Anwalt, der Unterstützung durch einen Mediator zur gütlichen Einigung oder, falls dies nicht möglich ist, der Vertretung durch einen Anwalt vor Ort. Wichtig für Eltern: Geht es um Fragen rund um eine mögliche Aufsichtspflichtverletzung, unterstützt Sie eine Privat-Rechtsschutzversicherung.

Die Rechtsexpertin Michaela Rassat ist seit 2005 Juristin bei der Ergo Rechtsschutz Leistungs-GmbH.

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