Roundtable: „Man muss dem Vermittler stärker die Chancen der bKV aufzeigen“

Sie sprachen eingangs von den Wachstumsraten. Doch die Durchdringsquoten in der bKV sind trotz der Zuwächse immer noch gering. Welche Firmen schließen bKV-Verträge ab? Die großen oder die kleinen? 

Donzelli: Wir erkennen eine breite Fächerung bei den Interessenten. Es sind kleine und mittelständische Firmen, aber auch größere Unternehmen, die sich für Concept begeistern. Wichtig ist ein gut verständliches, niedrigschwelliges Einstiegsprodukt. Das überzeugt letztlich kleine Unternehmen. Der Mittelstand wiederum wählt des Öfteren das mittlere oder höhere Absicherungskonzept. 

Marquardt: Wir machen die Erfahrung, dass insbesondere die kleinen Unternehmen diese Modelle wählen. Der Mittelstand ist unsere Kernkundschaft. Natürlich haben wir auch sehr große Unternehmen ab 2.000 Mitarbeitern. Dort haben Sie aber viele Entscheidungsträger wie  aus  dem betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) oder den Personalchef, Betriebsrat oder den Nachhaltigkeitsmanager. Hinzu kommen Compliance, Datenschutz. Diese Unternehmen haben bereits eine Art von bKV, nennen es nur anders. Bei den großen Firmen sind sie eher in einer Beratung darüber, welche Benefits genutzt werden und ob diese noch zeitgemäß sind. Ist der Tankgutschein noch State-of-the-art? Der Mittelständler hingegen bietet seinen Mitarbeiter mit den Budgettarifen einen Gesundheitsbonus zum Gehalt on top. Inhaber legen Wert darauf, dass ihre Leute durch die bKV gut versorgt sind. In unserem beruflichen Alltag ist die bKV übrigens kein zartes Pflänzchen mehr. Mit Blick auf den Gesamtmarkt ist dort aber noch viel Platz für alle Protagonisten.

Ellen Ludwig: „Eine bKV ist immer auch eine Alternative zur Gehaltserhöhung“

Ein schönes Stichwort. Wie viele Unternehmen, Frau Ludwig, haben derzeit einen bKV-Vertrag abgeschlossen? 

Ludwig: Nach unseren Erkenntnissen aus öffentlichen Statistiken gibt es derzeit rund 14.000 Betriebe im Markt mit rund einer Millionen Beschäftigen, die über eine bKV verfügen. Wenn man das in das Verhältnis zum Gesamtmarkt setzt, sind es aber gerade einmal zweieinhalb Prozent. Das ist nicht viel. Aber man sieht ja, welches Potenzial sich bietet, wenn man den Vertrieb „trainiert“. Das ist auch nötig, weil man die Arbeitgeber sicherlich sehr individuell ansprechen muss. Die großen Unternehmen sehen die bKV eher als ergänzenden Benefit zur bAV. Für kleinere Betriebe, die sich oft mit Arbeitgeberleistungen schwer tun, sind Budgettarife als Einstieg prädestiniert, weil sie damit einfach planen und ihren Mitarbeitern trotzdem etwas anbieten können. Denn auch die kleinen Unternehmen befinden sich in einem sehr stark umkämpften Markt. Und man darf eines nicht vergessen: Eine bKV ist immer auch eine Alternative zur Gehaltserhöhung. Und im Gegensatz zur bAV spürt man den Zusatznutzen schnell. 

Zielgruppe für die bKV sind Firmenkunden, Unternehmen. Wo liegen hier die vertrieblichen Herausforderungen? 

Marquardt: Ich glaube, der Schlüssel liegt in einem spezialisierten Vertrieb. Wichtig sind Menschen mit hoher Fachexpertise. Denn es geht nicht nur um Produktberatung. Es geht um steuerrechtliche Fragen, Arbeitsrecht, um Datenschutz oder rechtssichere Versorgungsordnungen. Es geht aber auch um Themen wie Nachhaltigkeit, Human Ressources-Trends oder Digitalisierung. Hier müssen die Kollegen mit vielen Verantwortlichen sprechen und gute Antworten und Tipps liefern können. Im Zweifelsfall wollen die Verantwortlichen elf Antworten auf zehn Fragen. Also haben wir hierfür eine Vertriebseinheit gegründet, das Kompetenzcenter Firmenkunden. Ein hochspezialisiertes Team, das jetzt 16 Kolleginnen und Kollegen umfasst und auf Spezialmakler ausgerichtet ist. Die betreut ausschließlich das Geschäftsfeld bKV und begleitet die Makler bei den Firmen. 

Donzelli: Wir betreuen seit Jahrzehnten einen der größten Firmenverträge Deutschlands. Das geht gar nicht ohne ein eigenes Team, das gezielt mit den Strukturen und Bedarfen des Firmenkunden vertraut ist und diese beachtet. Unser Bereich Firmenkunden ist hierbei Ansprechpartner für Vermittler und Kunden – konzeptionell, operativ und vertrieblich. Außerdem sehen wir den deutlichen Vorteil, dass bei uns in einem Vorstands-Ressort parallel die Sparte Leben und somit auch das bAV-Geschäft verantwortet wird. So profitieren wir zusätzlich von den bestehenden Kontakten in unserer erfolgreichen bAV. Insgesamt ist es essenziell, dass in der betrieblichen Absicherung alle Bereiche auf die Anforderungen der firmenkundenaffinen Vermittler und der Unternehmen ausgerichtet sind. Ein spezialisiertes Vertriebsteam, das vor diesem Hintergrund die betriebliche Versorgung von der Planung bis zur Umsetzung eng begleitet, ist tatsächlich der Schlüssel zum Erfolg. Die Continentale hat insofern das Thema bKV konsequent umgesetzt. 

Und wie viele Vermittler fokussieren sich auf die bKV?

Marquardt: Wir haben seit zwei oder drei Jahren einen Kern an Vertriebspartnern, mit denen wir eng zusammenarbeiten. Im qualifizierten Geschäftsfeld bKV werden es immer mehr Vertriebspartner, die sich strategisch damit beschäftigen. Es gibt ebenfalls große Maklerpools, die in der bKV aktiv sind und Banken, die von ihren Firmenkunden angesprochen werden. Es sind aber vorrangig die Industriemakler, die bAV-Makler und die spezialisierten bKV-Vermittler, welche über viele verschiedene Kanäle ihre Kunden ansprechen. Auch in den sozialen Medien nimmt die bKV einen immer größeren Platz ein. 

Donzelli: Ich schätze das ähnlich ein. Es sind die Industriemakler, die bAV-Makler und die spezialisierten bKV-Vermittler. Wir machen die Erfahrung, dass die Verbindungen zu den Vertriebspartnern in der bAV stark genutzt werden. Für diese Spezialmakler ist die bKV keine Herausforderung. Sie wissen, wie Firmenkunden angesprochen und Lösungen adressiert werden. Sie wissen, welche Personen bei einem Firmenvertrag an den Tisch kommen müssen. Alles andere sind die sogenannten Zufallsbekanntschaften. Und diese Vertriebspartner müssen an die Hand genommen werden. Ihnen zu vermitteln, wie die Firmenkundenansprache funktioniert, ist in meinen Augen eine der Herausforderungen. 

Ludwig: Wir sehen über den Ascore-Navigator, dass sich gerade sehr auf bKV spezialisierte Vermittler mit dem Thema auseinandersetzen. Bei den Softfair-Programmen registrieren wir hingegen eine sehr breite Streuung. Dort ist es so, dass die bKV vielen Vermittlern gar nicht auffällt. Viele haben es freigeschaltet und klicken den bKV-Vergleich gar nicht an. Nur zwei Prozent unsere User nutzen die Tools wirklich, 98 Prozent nicht. Ich glaube, dass viele Vermittler bei der bKV eher auf die spezialisierten Vermittler zugehen und diese um Unterstützung bitten. 

Wie nehmen Sie diese Partner an die Hand? 

Donzelli: Wir haben zum einen unsere Vertriebsunterstützungseinheiten, die die Partner bei kollektiven Absicherungen vor Ort begleiten. Zum anderen informieren wir – digital, aber auch am Point of Sale. Immer abhängig davon, was in welchem Umfang benötigt wird. Jemanden an die Hand nehmen, heißt letztlich auch, bei Bedarf mit bei den Gesprächen im Unternehmen zu sein. Denn die bKV ist ein Konzept- und kein Produktverkauf, was bedeutet: Man muss sich auf die Situation des Firmenkunden einstellen. Der Kleinunternehmer wünscht eine ganz andere Ansprache und Unterstützung als ein Betrieb mit 2.000 Mitarbeitern. Die Individualisierung mag für KMU nicht unbedingt erforderlich sein; für ein großes Unternehmen ist die interne Kommunikationsstrategie hingegen wesentlich. Deswegen muss die bKV individuell, eben als Konzept, gestaltet werden. Dennoch benötigen wir gerade für den nicht so affinen Vermittler und das Kleinstunternehmen auch Standardlösungen. Ein Angebot, das en passant mitgenommen werden kann.

Marquardt: Der eine Vertriebspartner möchte nur ein Angebot erhalten. Ein anderer berät und möchte, dass wir als Hallesche die Umsetzung eng gemeinsam begleiten. Ferner begleiten wir die Kommunikation in den Belegschaften: Ich habe in meinem Team drei Leute, die ausschließlich die Belegschaften über die bKV informieren. Wir eröffnen Vertriebspartern die Chancen zur Diskussion über die bKV. Es geht nicht allein um Produkte, Kennzahlen, RfB-Quoten oder Rating-Ergebnisse. Es geht darum, eine sinnvolle Antwort auf die Frage der Unternehmer zu geben, warum sie sich um eine bKV kümmern sollen. Das Spektrum ist sehr breit und wir erleben, dass unsere Vertriebspartner sich das abholen, was sie benötigen. Ich glaube aber, dass man dem Vermittlermarkt stärker die Chancen der bKV aufzeigen muss. Wir vergessen oft zu erwähnen, dass die bKV keine Gesundheitsprüfung vorsieht. Hinzu kommt: Das Thema ist modern und attraktiv. Vor allem ist es ein neues Thema, mit dem Unternehmer angesprochen werden können. Wir als Anbieter müssen es aber schaffen, dass es sich nicht zu sehr nach Versicherung anfühlt, sondern als erlebbarer Benefit. Als intelligente Entlohnungsform. Denn die bKV ist deutlich mehr als eine arbeitgeberfinanzierte Zusatzversicherung ohne Gesundheitsprüfung. 

Sascha Marquardt: „Ich würde mir die bKV als eigenen Durchführungsweg wünschen“

Derzeit sind rund 15 bKV-Anbieter im Markt? Wie gut sind sie? 

Ludwig: Die am Markt angebotenen Bausteintarife lassen sich relativ gut vergleichen, da die Grundstruktur der Tarife ähnlich ist. Unterschiede sieht man aber durchaus in den Details der Absicherungshöhen, Sublimits, des Leistungsumfangs aber auch  bei den Annahmerichtlinien. Bei den Budgettarifen ist das Feld noch differenzierter, die versicherten Leistungsbereiche sehr unterschiedlich und der Überblick etwas diffiziler. So unterscheiden sich die Regeln, wie das Budget genutzt werden kann. Ganz neu ist der heute bereits erwähnte Budget-Retter. Da die Budgettarife von den Leistungsbereichen schwer vergleichbar sind, muss sich der Berater hier schon genauer mit den einzelnen Ausprägungen auseinandersetzen. Einige Budgettarife enthalten z.B. diverse Leistungsbereiche wie Vorsorge-, Zahn-, Sehhilfen und Hilfsmittel, andere sind z.B. reine Zahnzusatz-Budget-Tarife. Deswegen wollen wir bei Ascore für mehr Transparenz bei den Budgettarifen und deren Inhalten sorgen und dafür einen eigenen Vergleich gestalten. 

Gibt es noch weitere Unterschiede? 

Ludwig: Natürlich. Etwa in den Rahmenbedingungen. Ab wie vielen Personen kann ein Tarif angeboten werden? Oder die Frage der Übernahme. Verlässt eine Person die Firma, kann der Vertrag dann mitgenommen werden? Wie ist geregelt, ob der Tarif privat fortgeführt werden kann oder nicht? Immer wichtiger wird zudem die Option, Familienangehörige mit abzusichern. Auch hier gibt es Unterschiede bei den Gesellschaften.

Seite 3: Mit der bKV die Pflegelücke schließen

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