Angriff aus dem Netz: So sinnvoll ist ein Cyberrechtsschutz

Eine Hand und dahinter zwei Schlösser
Foto: Shutterstock

Die Zahl der Cyber-Angriffe hat im vergangenen Jahr einen neuen Höchstand erreicht. Auch private Internetnutzer gehören zu den Opfern. Doch was passiert, wenn die Cyberattacke in einen Rechtsstreit mündet. Von Cash-Experte Torsten Schwan.

Niemand möchte in einen Rechtsstreit verwickelt werden, weder als Kläger noch als Beklagter. Solche Verfahren sind oft lang und teuer. Trotzdem kann jeder und jede schneller vor einem Amtsrichter stehen, als je erwartet.

2020 mussten die Richter allein über rund 185.000 Fälle von Streit um Mietwohnungen, 131.000 Verkehrsunfallverfahren, 110.000 Auseinandersetzungen wegen Kaufsachen und 87.000 Reisestreitigkeiten entscheiden. Ärger im Arbeitsrecht, Streit mit der Bank oder böse Überraschungen im Internet sind noch nicht mitgerechnet. Zugleich werden diese Auseinandersetzungen für alle Beteiligten immer schneller zu einer finanziellen Belastung. Im vergangenen Jahr stiegen die Kosten für Rechtsanwälte, Gerichtsgebühren, Sachverständigen- und Dolmetscherhonorare und Zeugenentschädigungen um bis zu 20 Prozent.

Damit die Frage von recht haben und recht bekommen, keine Frage des Geldes ist, gibt es Rechtsschutzversicherungen. Passgenau für Singles, Paare und Familien sowie nach Art des Ärgers.

Das Baukastensystem

Die Privatrechtsschutz greift etwa bei Ärger mit dem Nachbarn, mit dem Reiseveranstalter oder dem Finanzamt. Dazu kommen zusätzliche Angebote zum Verkehrs- oder Arbeitsrechtsschutz, aber auch Policen für Mieter, Vermieter und Eigentümer. Deshalb bieten die Versicherer spezielle Pakete wie „Privat“, „Beruf“, „Verkehr“ oder „Eigentum und Miete“ an. Da die größten Streithähne oft verwandt sind, erweitern gute Rechtsschutzanbieter ihre Pakete auch um die Beratung im Erb-/ Familien- und Lebenspartnerschaftsrecht.

Weil es kein pauschales Rundum-sorglos-Paket für alle möglichen Fälle von juristischem Ärger geben kann, bieten Versicherer innerhalb des Baukastenprinzips regelmäßig neue Leistungserweiterungen an. Je nachdem, welche neuen rechtlichen Problemstellungen entstehen.

Angriff aus dem Internet

Im vergangenen Jahr hat das Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik rund 144 Millionen Schadprogramm-Varianten gezählt – 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Experten schätzen, dass die Zahl der Hackerangriffe auch 2022 wieder einen neuen Rekordwert erreichen wird.

Der Digitalverband Bitkom warnt eindringlich: 60 Prozent der Internetnutzer wurden 2020 Opfer von Cyberkriminalität. Fast die Hälfte der Onliner war mit Schadprogrammen auf dem Smartphone oder dem Computer geschlagen. Von jedem Dritten wurden persönliche Daten ungefragt an Dritte weitergegeben.

Hacker greifen eben längst nicht mehr nur Unternehmen, Behörden oder Krankenhäuser an, sondern auch Privatleute. Dort ist es seltener der Verschlüsselungscode, der den Rechner lahmlegt. Hier machen Betrüger auch mit anderen Methoden Gewinn.

Deshalb bieten immer mehr Rechtsschutzversicherer sogenannte Cyber- oder Internetpolicen, als Bestandteil der Police oder als eigene Versicherung, für Privatleute an. Sie trägt auch die Kosten der Rechtverfolgung bei Schäden durch Hacker-Angriffe. Das ist gerade in Zeiten von dienstlichem Home-Office ein immer wichtigeres Thema.

Aber der Feind droht im Internet eben auch an anderer Stelle. Für alle, die online einen Ruf zu verlieren haben, kann eine Rechtsschutzpolice gegen Cybermobbing und Rufschädigung wichtig werden. Gute Versicherer übernehmen dann nicht nur Kosten der Rechtsverfolgung ihres Kunden. Sie helfen auch mit einer Fallanalyse, beim Löschen problematischer Einträge und übernehmen, falls nötig, auch die Kosten für die aktive Strafverfolgung, also der Erstattung einer Anzeige, gegen den Verursacher.

Der Versicherungsschutz kann online auch an anderer Stelle wichtig werden. Zum Beispiel bei Schadensersatz- und Unterlassungsansprüchen nach einem Identitätsdiebstahl. Beim Thema ‚Digitalen Nachlass‘, dem Umgang mit persönlichen Daten eines Verstorbenen, müssen die Erben auf der Hut sein. Auch für Probleme im Internet-Handel ist Cyberschutz besonders wichtig. Denn selbst versierte Internetnutzer können sogenannte Fake-Shops kaum noch erkennen. Diesen Betrügern geht es nicht nur um eine einmalige Zahlung, sondern auch um die Kredit- oder EC Kartendaten ihres betrogenen Kunden.

Der Versicherungscheck

Auch deshalb gibt es in Deutschland inzwischen rund 23 Millionen abgeschlossene Rechtsschutzversicherungen. 2020 übernahmen die Versicherer Leistungen für ihre Kunden in Höhe von rund 3,2 Milliarden Euro (Quelle: destatis).

Eine gute Rechtsschutzversicherung lässt sich auf die Ansprüche des Kunden maßschneidern. Grundsätzlich bietet sie eine telefonische anwaltliche Sofortberatung und trägt auch die Kosten einer Mediation. Die Versicherung gibt auf Wunsch eine Anwaltsempfehlung und übernimmt die gesetzlichen Gebühren für Anwalt, Gericht, Zeugen, Sachverständige und außergerichtliche Streitschlichtungsverfahren. Und sie zahlt auch Kosten, wenn der Versicherte im Verfahren unterliegt. Die Versicherungssumme sollte mindestens zwei Millionen Euro betragen und der Geltungsbereich auch das EU-Ausland, und für Urlaubsreisen die weltweite Deckung einschließen.

Die Stiftung Warentest empfiehlt Versicherten, eine Selbst­beteiligung von 150 Euro zu vereinbaren, um den jährlichen Versicherungs­beitrag zu senken.

Torsten Schwan leitet das Spartenmanagement Rechtsschutz bei der Ergo Versicherung AG.

Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments