ROUNDTABLE Private Krankenversicherung: „Eine Art Zwangsdigitalisierung“

Es gibt ja die Schüler-BU, es gibt die Schüler-Schwere-Krankheiten. Warum geht man nicht auch mit dem Thema Pflege auf diese Zielgruppe zu? Für ganz schlankes Geld, 15 Euro im Monat beispielsweise, so dass man da quasi über die Eltern die Kinder schon für später abholt. Das wäre vielleicht auch mal ein Ansatz.

Gaißer: Das ist ein sehr wichtiger Ansatz. Wir bilden das in unseren Tarifen ab, indem wir einen vollwertigen Versicherungsschutz zu einem reduziertem Startbeitrag schon ab drei Euro ermöglichen. Dafür berechnen wir unseren Pflegetarif zunächst ohne Alterungsrückstellungen.

Wir schulen in unseren Weiterbildungsmaßnahmen ganz bewusst, wie wichtig es in der Pflegeversicherung ist, die ganze Familie abzusichern, die Eltern und die Kinder. Das gilt auch für die Berufsunfähigkeitsversicherung, die wir nicht nur Erwachsenen, sondern auch Schülern ab zehn Jahren anbieten. Wenn mit den Kindern irgendetwas ist, eine schwere Erkrankung oder ein Unfall, dann brauchen sie einen hochwertigen Versicherungsschutz.

In 2021 ist Bundestagswahl und ich habe die Befürchtung, dass es gewisse Bereiche in der Politik gibt, die das Thema PKV wieder aufs Tableau hieven wollen, Stichwort Bürgerversicherung. Warum legt die Politik eigentlich immer Hand an ein System, von dem die Bürger sagen: Es ist gut, dass es diese Dualität gibt?

Engemann: Ich gehe auch davon aus, dass die Bürgerversicherung wieder diskutiert wird. Das Thema kommt regelmäßig auf, auch wenn es jetzt gerade recht ruhig ist. Wir haben vor drei Jahren in dem Bewusstsein, dass es weitergeht mit der PKV, einen neuen Volltarif gebracht und haben nicht die Entscheidung getroffen wie das eine oder andere Unternehmen, jetzt nur noch auf die Zusätze zu setzen. Das gibt es ja auch im Markt. Wir sind von der Vollversicherung nach wie vor überzeugt.

Schiffels: Gerade in der aktuellen Situation mit der Pandemie hat sich das duale System doch bewährt. Wir haben eines der besten Gesundheitssysteme der Welt, auf das andere Länder neidisch blicken. Man sollte auch nicht vergessen, dass die gesetzliche Krankenversicherung komplett umlagefinanziert ist, sie kommt schon jetzt nur mit Steuerzuschüssen in Milliardenhöhe zurecht.

Zudem haben wir eine sinkende Geburtenrate, das macht es ja nicht besser. Ich weiß nicht, wie das mit der Bürgerversicherung funktionieren soll. Aber die Diskussion wird wieder aufkommen, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Doch es gibt mannigfaltige Gründe, die dagegen sprechen.

Gaißer: Ich bin immer wieder erstaunt und finde es unglaublich, dass wir diese Diskussion über Jahrzehnte hinweg führen. Was ist daran bitte schön gerecht, wenn sich so wie in England nur Vermögende eine teure Krebstherapie leisten können oder Menschen, die das Geld haben, sich eine Zusatzversicherung zu kaufen? Es kann doch nicht unser Ziel sein, dass wir die erste Klasse abschaffen und die zweite schlechter machen. Ich finde diese immer wieder aufkommende Diskussion vollkommen unberechtigt.

2020 war für alle Beteiligten ein extrem herausforderndes Jahr. Was muss eigentlich geschehen, damit Sie am 31. Dezember dennoch zufrieden auf das Jahr zurückblicken können? Und welche Herausforderungen erwarten Sie für 2021?

Engemann: Ich würde mich freuen, wenn wir am Ende des Jahres sagen können, dass wir vieles richtig gemacht haben, dass alle gesund sind und dass wir unseren Service erbracht haben. Wenn man uns als Gesundheitsspezialist wahrgenommen hat, nicht nur als reinen Kostenerstatter, bin ich definitiv zufrieden. Beim Blick nach vorn gehen ganz klar beide Daumen nach oben, was das Thema Gesundheit angeht. Wenn nicht jetzt, wann dann? Das gilt für die Vollversicherung, die Zusatzversicherung, die Pflege und auch für die PKV allgemein. Außerdem würde ich mir wünschen, dass es uns gelingt, noch wesentlich stärker die gesellschaftspolitische Bedeutung der PKV zu betonen – auch mit Blick auf die Bundestagswahl.

Schiffels: Für dieses Jahr ist der Wunsch ganz klar, dass meine Familie gesund bleibt und auch unsere Mitarbeiter. Für das nächste Jahr wünsche ich mir ein Ende der Pandemie und ein Zusammenkommen mit Kollegen und Kunden, um das Miteinander wieder zu leben. Darauf freue ich mich sehr. Außerdem würde ich mich über etwas mehr Mut der Versicherer freuen, in Bezug auf digitale Prozesse neu zu denken und anders auf die Kunden zuzugehen.

Gaißer: Gesundheit ist auch für meine Familie und mich ein wichtiges Thema. Das Gleiche gilt natürlich für meine Kolleginnen und Kollegen, man wünscht sich, dass alle gut durch die Pandemie gelangen. Ansonsten würde ich mich freuen, wenn wir mit unserem Unternehmen und ganz besonders im Vertrieb so gut wie 2020 oder vielleicht noch besser durch das neue Jahr kommen. Ich bin sehr gespannt auf 2021. Wir stehen möglicherweise vor einem längeren zweiten Lockdown, das ist kaum absehbar. Ich hoffe, dass das Virus bald weggeimpft sein wird und dass wir uns dann wieder ganz normal treffen können. (Die Diskussion fand im November 2020 statt und wurde von Jörg Droste, Cash., geleitet)

1 2 3 4 5Startseite
Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments