„Die starke Verbindung und das Vertrauen waren sehr gut“

Wie helfen Sie ihren Vertriebspartnern im Bereich der Gewerbeabsicherung Segment?

Wetzel: Ich hatte es ja schon einmal angedeutet. Wir haben in unseren Fachabteilung eine absolut hohe Spezialisierung zu dem Thema. Egal ob es während der Betriebszeiten ist, wo wir den Vermittler während der Angebotserstellung oder während der Vertragsgestaltung begleiten. Das gilt aber auch für den kompletten Schadenbereich. Das nehmen die Vermittler wahr und goutieren dies. Das belegen auch entsprechende Umfragen. Also nicht nur während des Abschlusses, sondern auch während der Laufzeit, wenn dort zu Veränderungen kommen könnte oder müsste.

Und das gilt natürlich auch für den Schadensfall. Ich würde das ganz gerne an Beispiel der „Erweiterten Vorsorge“ festmachen. Wir bieten für diesen Fall dann Versicherungsschutz, wenn die Leistungen eines Wettbewerbstarif über die unseres Tarifs hinausgehen. Wir haben vereinbart, dass wir proaktiv mit der Klausel umgehen. Heißt, wir clustern die Produkte der anderen Anbieter. In diesem Bereich unterstützen wir ganz gezielt den Makler.

Indem wir sagen: Hier gibt es einen Schaden, der ist nicht in unseren Bedingungen nicht mit abgedeckt. Ist allerdings im Bedingungswerk eines anderen Versicherers enthalten und somit über die „Erweiterte Vorsorge“ abgesichert. Hier nehmen wir dem Makler einiges an Arbeit ab.

Ich würde nochmals gerne auf das Thema „Zufriedenheitsgarantie“ zurückkommen. Was muss ich mir darunter vorstellen. Und wie stellt man die Zufriedenheit mit einem Versicherungsprodukt sicher?

Wetzel: Wir versprechen im Schadensfall, wenn ein Kunde unglücklich mit der Leistungsregulierung ist, dann kann er uns ansprechen. Wir versuchen somit, gemeinsam eine Lösung zu finden. Und wenn es zu Unzufriedenheit bei einer Vertragsauflösung kommen sollte, gehen wir auch hier kundenorientiert vor.

Das neue Produkt definiert sich ja nicht nur über die Leistung. Auch der Preis spielt eine wichtige Rolle. Wie ist der Tarif kalkuliert?

Wetzel: Wir haben natürlich unsere Schadenerfahrungen in die aktuarielle Kalkulation mit einfließen lassen. Zudem spielt etwa die Rückversicherungsabgabe ebenfalls eine Rolle. Zudem müssen wir auch immer auf den Markt blicken. Denn das Produkt muss ja auch konkurrenzfähig sein. Bei der tariflichen Kalkulation konnten wir aufgrund unserer Schadenerfahrungen den neuen Tarif deutlich günstiger anbieten. Die ganzen Erfahrungen, die wir in dem Segment machen, fließen natürlich in die Produktkalkulation mit ein.

Wir haben zudem eine Produktrevision im Haus. Natürlich schauen wir uns laufend die Produkte an. Aber einmal im Jahr schauen wir uns unsere Schadenentwicklung, die Marktpreise an und lassen die mit einfließen. Es muss nicht immer eine Neugestaltung sein. So bieten wir in der Privathaftpflicht nun beispielsweise einen Schadenfreiheitrabatt. Das sind Dinge, die wir dementsprechend einfließen lassen.

Würden Sie der Aussage zustimmen, dass sich die Produkterneuerungszyklen im Markt deutlich erhöht haben. Mittlerweile sei einmal pro Jahr beinahe die Regel, wissen wir aus Gesprächen mit Ascore Analyse.

Wetzel: Das ist absolut korrekt. Kann ich nur bestätigten. Der ganze Markt arbeitet an diesen Produkten. Und es kommen stetig immer wieder Neuerungen auf den Markt. Wir sind dadurch quasi angehalten, die Tarife auf ihre Aktualität hin zu überprüfen. Daraus resultiert auch unsere Produktrevision. Die führen wir tatsächlich einmal jährlich durch, um unsere Tarife auf dem neuesten Stand zu halten.

Da reichen manchmal kleine Stellschrauben. Aber auch die komplette Neukalkulation ist mittlerweile schneller. Hinzu kommt, dass der Markt inzwischen sehr schnell auf Produktneuerungen reagiert. Das ist zwar eine Herausforderung für uns als mittelständischer Versicherer. Wir sind jedoch davon überzeugt, dass eine mittlere Unternehmensgröße und eine Spezialisierung oftmals auch schnelleres und flexibleres Agieren innerhalb solcher Prozesse ermöglicht.

Wir wissen, dass das Feedback des Vertriebs bei der Produktentwicklung ein wichtiges Puzzleteil ist. Wie gehen Sie da vor?

Wetzel: Wir sammeln bewusst die Verbesserungsvorschläge. Das machen wir, wenn wir planen, Tarife zu überarbeiten. Ganz erstaunlich, ist, dass wir nicht nur über den Vertrieb, sondern auch über das Service-Center Anregungen bekommen. Das hat sich etabliert. Und ist ein Prozess, der auch bei den Vertriebspartnern in Fleisch und Blut übergegangen ist. So fragen wir in regelmäßigen Abständen die Zufriedenheit bei unseren Vermittlern ab. Zudem wollen wir wissen, welche Wünsche die Partner an unsere Produkte haben.

Die Cybergefahr ist in der Pandemie deutlich gewachsen. Und macht natürlich auch vor Versicherern nicht halt. Sie waren im vergangenen Jahr Opfer eines heftigen Cyberangriffs. Was sind die Learnings daraus?

Wetzel: Die Wiederherstellung der Systeme und Daten ist recht schnell gegangen. Nach vier Tagen war die Haftpflichtkasse wieder erreichbar, und nach zehn Tagen konnten fast alle Services wieder angeboten werden. Der vollständige Geschäftsbetrieb mit allen Systemen und Schnittstellen war nach rund zwei Wochen wieder sichergestellt. Die schönste Erfahrung war, dass unsere Vertriebspartner uns bei dem Thema den Rücken gestärkt haben. Die starke Verbindung und das daraus resultierende Vertrauen waren sehr gut.

Was sind unserer Schlussfolgerungen daraus? Erstens: Unsere Wahrnehmung bezüglich dieser Thematik ist nach dem Cyberangriff weiter deutlich geschärft worden. Zweitens: Der Umgang mit Krisen bedarf einer ganz klaren Haltung. Das haben von Beginn an so definiert und konsequent verfolgt. Das betrifft zum einen die große Transparenz.

Uns war es wichtig, zeitnah und an der Faktenlage orientiert unsere Partner und Kunden einzubinden. Zudem haben wir klar von Beginn an kommuniziert, dass wir auf die Erpresserforderungen nicht eingehen. Und drittens hatten wir einen tragfähigen Krisenplan und ein absolut gutes Netzwerk von Dienstleistern. Das hilft bei einer solchen Krisenbewältigung enorm.

Stichwort Nachhaltigkeit: Welche Rolle spielt das Thema für Ihr Unternehmen?

Wetzel: Innovation, Einfachheit und Nachhaltigkeit sind für uns drei wichtige Erfolgsfaktoren. Und nachhaltiges Handeln gehört zu unseren Hauptzielen. Dabei konzentrieren wir uns auf die sozialen, ökonomischen und ökologischen Handlungsfelder.

Wie spiegelt sich Nachhaltigkeit in der Produktentwicklung wider?

Wetzel: Natürlich spielt der Nachhaltigkeitsgedanke eine zentrale Rolle in unserer Produkt- aber auch der Servicepolitik. Ein Beispiel: So können Tarife komplett digital abgeschlossen und verwaltet werden. Das schont den Geldbeutel. In der Hausratversicherung lässt sich der Nachhaltigkeitsgedanke deutlich einfacher integrieren als etwa in einer PHV.

Zudem haben wir innerhalb des Hauses ein ganzes Netzwerk, dass sich mit der nachhaltigen Ausrichtung auch der Tarife beschäftigt. Das geht von der Kommunikation über die Produktentwicklung bis hin zur nachhaltigen Schadenregulierung. Aber auch das Personal- und Risikomanagement spielen hier mit hinein. Wir legen zudem einen sehr hohen Wert auf einen fairen, bezahlbaren Versicherungsschutz.

Und welche Rolle spielt Nachhaltigkeit beim Kunden? Was hören Sie?

Wetzel: Das Thema hat die Branche und den Vertrieb erreicht und wird auf EU-Ebene mit absoluter Priorität vorangetrieben. Natürlich ist der Begriff „Nachhaltigkeit“ vielschichtig. Und in der Regel mit hohem Erklärungsbedarf verbunden. Hinzu kommen die regulatorischen Rahmenbedingungen. Das wachsende Interesse der Vermittler und der Endkunden ist dennoch deutlich spürbar. Wenn Sie sich damit nicht auseinandersetzen, würde ich das schon als fahrlässig bezeichnen.

Das Thema Nachhaltigkeit wird im Vertrieb weiter an Bedeutung gewinnen. Wir wissen auch Gesprächen mit der Branche aber auch, dass es im Vertrieb immer noch Defizite beim Thema Nachhaltigkeit gibt?

Wetzel: Für uns ist es herausfordernd, weil wir uns in einem Kleinsegment und einer Massensparte bewegen. Ich nehme deutlich wahr, dass es bei den Schulungsangeboten für Makler immer noch Defizite gibt. Da gibt es meiner Auffassung nach noch Nachholbedarf.

Welche Folgen erwarten Sie durch den Ukraine-Krieg? Der GDV hat hier ja durchblicken lassen, dass mit einer Abschwächung rechnet. Welche Erwartungen haben Sie vor dem Hintergrund der Gemengelage für das Jahr 2022?

Wetzel: Ich würde gerne etwas vorausschicken: Wir als Haftpflichtkasse verurteilen den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine auf das Höchste. Das Leid der Menschen dort ist unvorstellbar. Die direkten Folgen des Krieges bleiben für die Versicherungswirtschaft überschaubar, denke ich.

Tatsächlich sehe ich die indirekten Folgen problematisch. Ein weiterer Anstieg der Inflation wird auch die Versicherungswirtschaft treffen. Und natürlich spüre ich gegenwärtig eine deutliche Unsicherheit. Aber die genaue Abstufung der Folgen ist momentan nicht möglich. Für unsere Produktwelt der privaten Deckungen merke ich momentan noch kein verändertes Verhalten. Unser Vertrieb rechnet eher mit Auswirkungen in 2023.

Das Interview führte Jörg Droste, Cash.

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