AfW Hauptstadtgipfel: Generationenkapital gescheitert, Mini-Reform im Herbst

Foto: AfW
Teilnehmer des AfW-Hauptstadtgipfels. In der Mitte AfW-Vorstand Frank Rottenbacher (mit Krawatte), links und rechts neben ihm die Vorstandskollegen Franziska Geusen und Norman Wirth.

Im Herbst soll ein Altersvorsorgepaket verabschiedet werden, das Teile der schon von der Ampel angeschobenen Vorhaben umsetzt. Zentrale Elemente kommen jedoch später oder gar nicht. Was die Politiker auf dem "AfW Hauptstadtgipfel 2025" angekündigt haben.

Michael Thews, neuer Berichterstatter der SPD für das Thema private Altersvorsorge im Finanzausschuss des Deutschen Bundestags, bekräftigte, dass die schwarz-rote Koalition im September ein neues Reformpaket beschließen möchte, dessen Regelungen teilweise an die Vorarbeiten der letzten Legislatur anschließen und ab 1. Januar 2026 gelten sollen, berichtet der AfW von seinem diesjährigen „Hauptstadtgipfel“, auf dem der Verband wieder Branchenvertreter und Politiker zusammengebracht hat.


Das könnte Sie auch interessieren:

Dazu gehören die Absicherung des Rentenniveaus bei 48 Prozent, die Aufhebung des Vorbeschäftigtenverbots und die sogenannte Aktivrente, die Menschen dazu motivieren soll, aufgrund eines Steuerfreibetrags von 2.000 Euro über ihr Renteneintrittsalter hinaus länger zu arbeiten.

„Die Frühstart-Rente soll noch diesen Herbst im Kabinett beschlossen werden. Für die organisatorische Umsetzung benötigen wir allerdings mehr Zeit. Einen Zeitplan für die Riester-Reform gibt es bislang noch nicht. Die Mütterrente soll 2027 kommen“, sagte Thews dem AfW zufolge.

Die „Frühstart-Rente“ sieht vor, dass Schüler zwischen dem 6. und der Vollendung des 18. Lebensjahres eine Förderung von zehn Euro für ihre Altersvorsorge erhalten. „Wie kann man steuerfrei aufstocken? Und wie und wann wird das Kapital ausgezahlt?“, nannte Thews beispielhaft zwei der noch zu klärenden Fragen. 

„Generationenkapital“ wird nicht weiterverfolgt

Auf die Frage nach dem nicht umgesetzten Generationenkapital der FDP aus der letzten Legislatur bedauerte Thews, dass die bereits geleistete Vorarbeit in diesem Bereich aktuell nicht weiterverfolgt wird, berichtet der Verband. Geplant war, einen kleinen Teil der gesetzlichen Rente vom umlagefinanzierten auf ein kapitalbasiertes System umzustellen.

Die SPD war hier gegen den Vorschlag, den staatlichen KENFO-Fonds mit circa acht Prozent jährlicher Rendite vollständig zu verlassen und das System auf Aktienbasis umzustellen, weil dies als zu unsicher empfunden wurde. Thews hält es dem AfW zufolge jedoch für möglich, dass eine solche Diskussion in der Zukunft wieder aufgenommen wird, insbesondere, wenn die Frühstart-Rente erweitert wird.

CDU hätte Ampel-Plan nahezu vollständig unterstützt

Auch Carsten Brodesser, CDU-Mitglied im Finanzausschuss, bedauerte, dass der Ampel-Referentenentwurf inklusive des Generationenkapitals nicht mehr verabschiedet werden konnte, die Union hätte die Vorschläge nahezu vollständig unterstützt.

Er begrüßte laut AfW die Frühstart-Rente. „Sie bietet unter anderem die Chance, Finanzbildung in Schulen zu etablieren, idealerweise mit einer begleitenden App, die spielerisch Finanzwissen vermittelt“, so Brodesser. Die Koordination mit den Kultusministerien sei dabei allerdings notwendig.

Dem AfW besonders wichtig: „Die Frühstart-Rente darf kein Monolith werden, der bei Erreichen der Volljährigkeit nicht mehr gefördert wird und in Vergessenheit gerät. Die Reform der Riester-Rente muss gleichzeitig angepackt werden. Dass sie im Reformpaket für September nicht enthalten ist, ist unklug“, so Brodesser.

Brodesser: „Seit 2017 faktisch nichts passiert“

Der CDU-Finanzexperte beklagte demnach, dass in dieser Frage faktisch seit 2017 nichts passiert sei, obwohl die Notwendigkeit zur Reform bereits damals erkannt wurde und nannte die Mängel beim Namen: Die Beitragsgarantie werde als schädlich, das Zulagensystem als hochbürokratisch und nicht zum Wohle des Sparers empfunden. Brodesser plädierte daher für ein breiteres und proportionales Zulagensystem („Jeder Euro gibt X Cent Zulage“).

Außerdem sprach sich der Fachpolitiker für eine Vereinfachung der Geschäftsprozesse und mehr Flexibilität bei der Auszahlung aus, berichtet der AfW. Ein möglicher Verzicht auf die Verrentungspflicht ermögliche Teilzahlungen und könne Produkte attraktiver machen.

Führt Kostendeckel zu Provisionsdeckel?

Um die Frühstart-Rente nahtlos in die private Altersvorsorge zu integrieren, sollte der Kreis der Riester-Berechtigten auf alle Steuerpflichtigen ausgeweitet werden. Brodesser wies zudem auf zahlreiche komplexe Fragestellungen hin. So erfordere der Nachweis des Wohnsitzes in Deutschland sowie über den Schulbesuch der Begünstigten eine Abstimmung mit den Bundesländern.

Die Möglichkeit zusätzlicher Beiträge von Eltern oder Verwandten und deren steuerliche Behandlung seien komplex und tangierten womöglich weitere Steuerfragen. Und: „Eine Kostendeckelung für die Frühstart-Rente könnte auch die Riester-Förderung betreffen und zu Provisionsdeckelungen führen, die Vertrieb und Beratung gefährden“, warnte Brodesser demnach.

Grüne: Vertrauen in unabhängige Beratung stärken

Katharina Beck, finanzpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, war als Vertreterin der Opposition eingeladen. Auch sie bedauerte dem AfW zufolge, dass die stärkere Einbeziehung des Kapitalmarktes in der ersten Schicht der Altersvorsorge mit der Idee des Generationenkapitals nicht verabschiedet werden konnte.

Beck lobte demnach die Einführung der Frühstart-Rente als „gute Idee“, um zumindest einen kleinen Puffer für Krisenphasen zu schaffen und vor allem die Einstellung zur privaten Zukunftsvorsorge zu ändern. Sie bejahte zudem die Notwendigkeit, das Vertrauen der Bevölkerung in unabhängige Vermittler zu stärken. „Ich bin offen dafür, über Themen wie die Transparenz bei Courtagen zu sprechen, um dieses Vertrauen wiederherzustellen“, sagte Beck.

Die grüne Politikerin kritisierte demnach unter anderem, dass europäische Regulierungen etwa bei der Klimadaten-Erfassung zu einem Bürokratiekonvolut geworden sind, das ursprünglich gute Ziele wie vergleichbare Daten und Anreize konterkariert und am Ende teurer wird.

Politiker fordern aktiv Feedback aus der Branche

Der AfW begrüßte die umfangreichen Auskünfte der Politiker zu den anstehenden Änderungen bei der Altersvorsorge. „Wir sehen es mit großer Freude, dass die Finanzexperten der Parteien unsere Mitglieder mittlerweile aktiv zu Feedback auffordern und sehr gerne zu unseren Events, um sich Informationen aus erster Hand zu beschaffen“, betonte Frank Rottenbacher, Vorstand des AfW.

Die anstehenden Gesetzesvorlagen begleite der AfW wie üblich mit Fachkompetenz und konstruktiver Kritik. „Das Generationenkapital ist zwar gescheitert, aber alle drei Finanzexperten haben es vom Prinzip her befürwortet. Wir haben die Hoffnung, dass es mittelfristig noch nicht vom Tisch ist“, so Rottenbacher.

Ampel war nur Stunden nach letztem Gipfel geplatzt

Zum 22. Mal brachte der AfW Bundesverband Finanzdienstleistungen auf seinem „Hauptstadtgipfel“ Entscheider aus der Politik mit Entscheidern aus der Finanzdienstleistungsbranche zusammen. Rund 55 Fördermitglieder und Kooperationspartner des AfW waren der jährlichen Einladung ins Steigenberger Hotel am Kanzleramt in Berlin gefolgt.

Üblicherweise im November, hatte der AfW das Gipfeltreffen diesmal in den Juli verlegt und damit mehr Glück bei der Terminwahl. Denn im Vorjahr zerbrach die Ampelkoalition wenige Stunden nach dem Hauptstadtgipfel und viele Aussagen der Politiker zur anstehenden Regulierung der Altersvorsorge wurden dadurch schnell obsolet.

Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments