EXKLUSIV

„Boomer-Soli“ – Solidarität oder Raubrittertum?

Foto: Florian Sonntag
Jörg Droste, Ressortleiter Versicherungen: Was es wirklich braucht, ist eine langfristige, tragfähige Rentenreform.

Der „Boomer-Soli“ soll das Rentensystem stabilisieren, durch eine Sonderabgabe auf hohe Alterseinkünfte. Ist das solidarischer Ausgleich oder schlicht nur ungerecht? Warum es mehr braucht als einen Griff in die Taschen der Ruheständler. Ein Kommentar von Jörg Droste.

Die Idee klingt erst einmal charmant: Statt weiter die arbeitende Bevölkerung zu belasten, sollen künftig wohlhabende Rentnerinnen und Rentner über eine Sonderabgabe – den sogenannten „Boomer-Soli“ – stärker zur Finanzierung des Rentensystems beitragen. Schließlich haben die geburtenstarken Jahrgänge nicht nur von einem lange stabilen Arbeitsmarkt profitiert, sondern oft auch von günstigeren Rentenregelungen. Ist es da nicht nur gerecht, sie nun in die Pflicht zu nehmen?

Ich finde, ganz so einfach ist es nicht. Der „Boomer-Soli“ klingt zwar nach einer politisch cleveren Konstruktion – kurzfristig umsetzbar, rechtlich halbwegs unproblematisch, finanziell durchaus wirksam. Doch erste Juristen haben beim „Boomer Soli“ bereits Zweifel angemeldet. Und gerechter wird das System dadurch nicht automatisch. Denn nicht alle „Boomer“ sind wohlhabend. Die Abgabe orientiert sich an Einkommen, nicht an Lebenslagen. Wer knapp über dem Freibetrag liegt, wird höchstwahrscheinlich zahlen müssen, auch wenn keine großen Vermögen vorhanden sind. Zudem bleibt das zentrale Problem dieses Landes ungelöst: Das Rentensystem selbst ist nicht krisenfest und steht mit dem Rücken zur Wand.

Was es wirklich braucht, ist eine langfristige, tragfähige Rentenreform. Eine, die Altersarmut verhindert und den demografischen Wandel ernst nimmt. Dazu könnte auch eine breitere Finanzierungsbasis gehören, weil etwa auch Beamte und Selbstständige einzahlen. Und neben steuerfinanzierten Komponenten, braucht es auch eine moderate Anhebung des Renteneintrittsalters und mehr kapitalgedeckte Vorsorge. Auch sie muss Teil des Mix sein.

Der „Boomer-Soli“ mag kurzfristig helfen, aber er ersetzt nicht die längst überfällige Reform. Wer Generationengerechtigkeit wirklich ernst meint, muss das System neu justieren – nicht nur an einzelnen Schrauben drehen. Solidarität ist wichtig. Nachhaltigkeit auch. Und die Bevölkerung hat hierzu eine klare Meinung. Eine aktuelle Umfrage von Civey zeigt, dass rund zwei Drittel der Befragten die Gedankenspiele des DIW äußerst skeptisch sehen.

Jörg Droste, Ressortleiter Versicherungen, Cash.

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