EXKLUSIV

„Der Maklervertrieb ist eines der dynamischsten Wachstumsfelder bei Ergo“

Frau Henschel, Sie hatten die bKV vorhin schon angesprochen. Wie sieht es bei der Krankenvollversicherung aus? Und wie schätzen Sie die Chancen und Risiken für die PKV insgesamt?

Henschel: Ich möchte etwas grundsätzlicher antworten und die gesamte PKV betrachten: Voll- und Zusatzversicherung, Einzel- und betriebliche Lösungen. Ein zentraler Vorteil ist die Generationengerechtigkeit – durch Alterungsrückstellungen sorgt jeder selbst für stabile Beiträge im Alter. Ein Beispiel: Bei der DKV zahlen Rentner für ihre Krankheitskostenvollversicherung im Schnitt rund 600 Euro im Monat, obwohl viele ein deutlich höheres Leistungsniveau als in der GKV haben. Das gelingt durch unsere konsequente Rückstellungspolitik und ist ein starkes Argument für bezahlbare Beiträge im Alter. Gerade im demografischen Wandel wird das immer wichtiger.

Natürlich spüren auch wir den Kostendruck, sehen uns aber – auch im Vergleich zur GKV – gut aufgestellt. Unser Leistungsversprechen, gerade in den Premium-Tarifen der Vollversicherung, ist deutlich umfassender bei vergleichbaren Preisen zur GKV. In den ebenfalls sehr umfassenden und häufig verkauften Kompakttarifen ist der Beitrag sogar deutlich geringer als in der GKV. Auch in der Zusatzversicherung sehen wir starkes Wachstum. Über alle Bereiche hinweg – betrieblich wie privat – sind wir sehr gut positioniert. Der Maklervertrieb ist dabei zentral. Für Makler zählt vor allem: Es muss einfach sein. Deshalb arbeiten wir kontinuierlich an besseren Prozessen.

BiPro ist für uns dabei ein Schlüsselthema. Daher bin ich sehr froh, dass ich kürzlich für die Ergo ins BiPro Präsidium gewählt wurde. Neben schlanken Prozessen braucht es einfache Produkte. In der bKV haben wir Annahmerichtlinien vereinfacht, im Beihilfebereich Tarife optimiert sowie im Zusatzbereich neue Zahntarife eingeführt. Über zehn Produkte aus der DKV und der Ergo Kranken kommen ohne Gesundheitsprüfung aus – das macht es Maklern deutlich leichter.

Sie erwähnten die betriebliche Vorsorge. Wie gehen Sie das Thema vertrieblich an?

Henschel: Auch hier gilt: Es muss einfach sein. Der Markt wird zurecht von Budgettarifen dominiert – sie sind leicht verständlich, flexibel und bieten echten Mehrwert für Mitarbeitende. Diese Struktur hat der bKV neuen Schwung gegeben und macht das Geschäftsfeld auch für Sachmakler attraktiv, die sonst nicht viel KV-Geschäft machen. Nach Jahren des leichten Wachstums kam in den letzten vier Jahren spürbar Dynamik auf – nicht zuletzt durch den steigenden Fachkräftemangel. Die bKV wird als Benefit wahrgenommen, nicht als Versicherung – ein Türöffner zur Mitarbeitermotivation.

Im Zusammenspiel mit der bAV entsteht ein starkes Duo. Spannend ist auch die internationale Perspektive: Immer mehr deutsche Unternehmen suchen Lösungen für ihre Standorte im Ausland, doch es gibt kaum Angebote am Markt. Mit einem neuen internationalen Budgettarif werden wir zeitnah diese Nische belegen. Damit solche Konzepte ankommen, haben wir spezialisierte Firmenberaterteams aufgebaut. Gerade bei komplexeren Fällen oder wenn Makler neu im Thema sind, begleiten wir sie im Beratungsgespräch, ein echter Mehrwert für unsere Partner.

Horn: In der Lebensversicherung unterstützen wir das voll – etwa mit unseren „bAV-Einfachmachern“. Die stehen für alles, was Maklern die Arbeit erleichtert. Ein echter Mehrwert ist, dass unsere Experten direkt ins Kundengespräch eingebunden werden können, Besonders ist zudem, dass wir über unsere Tochter Longial auch Rechtsberatung anbieten. Arbeitgeber erhalten nicht nur ein Versorgungskonzept, sondern auch die Sicherheit, dass alles rechtlich sauber aufgesetzt ist. Ein weiterer Fokus liegt auf digitalen Portallösungen. Unser bAV-Portal besteht aus drei Komponenten: ein Vermittlerportal mit Zugriff auf Verträge, ein Arbeitgeberportal zur einfachen Datenpflege – etwa bei Gehaltsänderungen oder Elternzeit – und ein Mitarbeiterportal zur transparenten Einsicht in die persönliche Versorgung. Alles kommt aus einer Hand – Beratung, Umsetzung und Betreuung. Das schafft Vertrauen und macht es für Makler und Kunden einfach und effizient.

Manche Versicherer haben für solche Themen eigene, spartenübergreifende Einheiten gegründet.

Henschel: Das ist oft trotzdem stark spartenspezifisch organisiert. Wir nutzen gemeinsame Tools und Schnittstellen, das bringt Synergien. Aber in der Umsetzung braucht es differenzierte Expertise – zum Beispiel bei der medizinischen Perspektive in der bKV oder der versorgungsrechtlichen in der bAV. Bei Konzeptansprachen, etwa zur betrieblichen Vorsorge insgesamt, denken wir aber natürlich übergreifend. Da kann auch eine betriebliche Unfallversicherung Teil des Gesamtangebots sein.

Worüber gelingt häufiger der Einstieg ins Unternehmen – bAV oder bKV?

Henschel: In meinen Gesprächen war die bKV fast immer der Türöffner. Wenn man mit Unternehmen über Fachkräftegewinnung, Mitarbeiterbindung oder Gesundheit spricht, stößt man sofort auf Interesse. Aber es gibt auch den umgekehrten Weg: Wenn über die bAV bereits ein Kontakt besteht, kann daraus schnell auch Interesse an der bKV entstehen.

Der Begriff „War for Talents“ fiel des Öfteren. Ist das aus Ihrer Sicht das Argument für Arbeitgeber?

Henschel: Ganz klar, ja. Der Arbeitsmarkt wird sich massiv verändern – in 20 bis 30 Jahren fehlen bis zu 30 Prozent der Arbeitskräfte. Schon heute ist es schwer, passende Bewerber zu finden. In nahezu jedem Gespräch, das ich führe, heißt es: „Ja, wir haben da ein Thema.“ Mit der bKV bieten wir einen echten Mehrwert für die Belegschaft. Gesundheit ist für die meisten Menschen das Wichtigste – das spiegelt sich auch im Arbeitsleben wider. Die bKV spricht also nicht nur rationale, sondern auch emotionale Bedürfnisse an.

Horn: Ich möchte ergänzen: Es geht nicht nur um Fachkräftesicherung, sondern auch um gelebte Fürsorge der Arbeitgeber. Viele Unternehmen wollen Verantwortung für ihre Mitarbeitenden übernehmen – und genau da setzen betriebliche Lösungen an. Man darf nicht vergessen: Nur rund 51 Prozent der Arbeitnehmer verfügen überhaupt über eine betriebliche Versorgung. Das zeigt, wie groß das Potenzial in bKV und bAV noch ist. Umso wichtiger ist es, dass wir als Versicherer diese Themen aktiv und gemeinsam mit unseren Maklerpartnern bei den Arbeitgebern platzieren.

Frau Henschel, die bKV boomt. Wie sieht es mit der betrieblichen Pflege aus?

Henschel: Ein enorm wichtiges Thema. Pflege ist eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen. Jeder fünfte Pflegebedürftige ist unter 65. Und in einer Paarbeziehung liegt die Wahrscheinlichkeit, dass mindestens eine Person pflegebedürftig wird, bei 94 Prozent. Trotzdem ist das Bewusstsein dafür gering. Die DKV bietet bereits als eines von wenigen Unternehmen am Markt eine betriebliche Pflegeversicherung an. Aber ohne staatliche Förderung bleibt die Verbreitung zu gering. Unternehmen konzentrieren sich oft auf kurzfristige Themen wie Gesunderhaltung oder Krankheitskosten. Eine staatliche Förderung wäre ein wichtiger Hebel, um das Thema Pflegevorsorge in der Breite zu verankern.

Themenwechsel: Sie haben mehrfach den Stellenwert von Maklern für Ergo betont. Wie unterscheidet sich die Betreuung bei Ergo von der der Wettbewerber?

Koßmann: Unser Ansatz ist klar fachlich ausgerichtet. Wir analysieren die Bedürfnisse verschiedener Maklersegmente und richten unsere Betreuung gezielt darauf aus. Ein Erfolgsfaktor ist unsere datenbasierte Vertriebssteuerung: Wir erkennen, welche Makler welche Unterstützung benötigen, und sprechen sie individuell an – mit großem Erfolg.

Henschel: Wichtig ist zudem, dass unsere Maklerbetreuer nicht hunderte Kontakte gleichzeitig bedienen, sondern Zeit für persönliche, fachlich fundierte Beratung haben. Wir setzen auf Qualität statt Quantität. Besonders in der Fläche sind wir stark – das hebt uns vom Markt ab. In der aktuellen Ass Compact-Studie wurden wir mit der DKV unter die Top 4 im Maklerservice gewählt – mit dem größten Fortschritt zum Vorjahr. Ein weiteres Standbein ist unser Firmenkundengeschäft: Hier haben wir – wie bereits oben erwähnt – eine Corporate Health Einheit aufgebaut. Spezialisierte Berater unterstützen den Makler dabei, gezielt auf Unternehmensbedarfe einzugehen.

Horn: Wir wollen unser Team in der Maklerbetreuung in den nächsten drei Jahren um 50 Prozent aufstocken. Aktuell arbeiten wir mit sechs Maklerdirektionen und bauen diese systematisch aus. Unser Anspruch ist es, Makler auch in der Fläche kompetent und persönlich zu betreuen. Darauf sind wir stolz.

Der Einfluss der Künstlichen Intelligenz wächst. Welche Relevanz wird sie bei Abschlüssen haben?

Koßmann: KI wird Prozesse verbessern und beschleunigen. Aber: In beratungsintensiven Bereichen wie der betrieblichen Vorsorge oder im Industrie- und Gewerbegeschäft bleibt der persönliche Vertrieb zentral. Nehmen Sie einen Underwriter, der mit dem Makler beim Kunden Brandschutzfragen bespricht und ein individuelles Konzept entwickelt – das kann keine KI. Digitale Unterstützung ja, aber Entscheidung und Beratung bleiben menschlich.

Und mit welchen digitalen Services unterstützen Sie Makler?

Koßmann: Besonders im Schadenbereich setzen wir auf digitale Technologien wie KI, Voice-Lösungen und Process Mining. Damit gelingt es, große Volumina an Schadenfällen effizient zu bearbeiten. Die Bearbeitungszeiten sinken deutlich, die Kundenzufriedenheit steigt. Schnelle, transparente Prozesse sind im Schadenfall entscheidend,  der sogenannte „Moment of Truth“. Genau da müssen wir als Versicherer liefern. Unser Ziel ist, dass der Schadenprozess zum echten Alleinstellungsmerkmal wird.

Letztlich ist die schnelle Schadenregulierung etwas, was Kunden erwarten.

Koßmann: Absolut. Im Schadenfall entscheidet sich, ob ein Kunde dem Versicherer vertraut. Dieser „Moment of Truth“ ist entscheidend. Es geht um Schnelligkeit, aber auch um Verlässlichkeit. Beides ist uns wichtig – und wir arbeiten daran, dass der Schadenprozess ein echtes Alleinstellungsmerkmal wird.

Wie lief dieser „Moment of Truth“ im Ahrtal?

Koßmann: Wir waren sofort vor Ort, haben umgehend einen Krisenstab eingerichtet und waren für unsere Kunden rund um die Uhr erreichbar. Das Ereignis war in seiner Dimension außergewöhnlich. Trotzdem konnten wir zeigen, dass wir im Ernstfall da sind. Auch bei den vielen kleineren Unwettern 2024, etwa in Baden-Württemberg und Bayern, haben wir schnell reagiert. Die Ereignisdichte war hoch, aber wir haben durch gezielte Prozessoptimierungen unsere Bearbeitungszeiten weiter reduziert.

Wenn Sie die Ergo im Jahr 2030 in einem Satz beschreiben müssten?

Horn: Mit attraktiven Produkten und einfachen, innovativen Prozessen sind wir erste Wahl für Makler und Kunden. Einfach, weil‘s wichtig ist.

Henschel: Wir haben unsere Position als größtes Gesundheitssegment mit DKV und Ergo Kranken ausgebaut. Der Maklermarkt war dabei entscheidend. Einfach, weil’s wichtig ist.

Koßmann: Wir sind innovativer Partner für ganzheitliche Versicherungslösungen an der Seite unserer Kunden und Vertriebspartner. Einfach, weil‘s wichtig ist.

Abschließende Frage: Welche Reformwünsche haben Sie an die neue Bundesregierung?

Henschel Erstens: mehr staatliche Förderung für die betriebliche Kranken- und Pflegeversicherung. Zweitens: mehr Wahlfreiheit für Versicherte durch eine Senkung der Versicherungspflichtgrenze. Wettbewerb zwischen GKV und PKV ist gesund und wichtig.

Horn: Ich wünsche mir, dass Reformen sich an drei Prinzipien orientieren: Sie müssen einfach, unbürokratisch und flexibel sein. Nur so werden sie den Bedürfnissen der Kunden gerecht.

Koßmann: Mein Wunsch: weniger Bürokratie und echte digitale Transformation – für eine moderne, zukunftsfähige Versicherungsbranche.

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