Votum lobt Klingbeil-Initiative zu Europa – und fordert Ende des Trilogs zur RIS

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Martin Klein, Votum: "Der glaubwürdigste Aufbruch für einen echten Bürokratieabbau wäre die Einstellung des Trilogs zur Retail Investment Strategy."

Mit einem gemeinsamen Beitrag haben der deutsche Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) und sein französischer Amtskollege Éric Lombard einen Impuls zur wirtschaftspolitischen Neuausrichtung Europas gesetzt. Was Votum-Chef Martin Klein dazu sagt.

Der gemeinsame Beitrag der beiden Finanzminister wurde in den Zeitungen „Handelsblatt“ und „Les Echos“ veröffentlicht. Die klare Forderung nach mehr strategischer Eigenständigkeit, besserer Kapitalallokation und gestärkter Wettbewerbsfähigkeit treffe einen zentralen Punkt – gerade in einer Phase, in der geopolitische Unsicherheiten, asymmetrische Handelsbeziehungen und eine chronische Überbürokratisierung die wirtschaftliche Dynamik in Europa zunehmend bremsen, kommentiert der Votum Verband unabhängiger Finanzdienstleistungsunternehmen in Europa.


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Votum begrüße die deutsch-französische Initiative ausdrücklich. Entscheidend sei nun, daraus die richtigen wirtschafts- und ordnungspolitischen Schlüsse zu ziehen. Europa brauche nicht mehr, sondern intelligentere Regulierung. „Es braucht Entlastung für kleine und mittlere Marktteilnehmer, gezielte Investitionen in Innovation und Infrastruktur – und vor allem eine Finanzmarktpolitik, die Wirkung entfaltet, anstatt symbolische Ersatzlösungen zu produzieren“, heißt es in der Votum-Mitteilung.

Allerdings: Während in dem Artikel erneut zugesichert werde, dass man die Meldepflichten der Unternehmen um 25 Prozent und mehr reduzieren möchte, würden im laufenden Trilog zur Retail Investment Strategy (RIS) neue umfassende Meldepflichten verhandelt und ersonnen.

„Berg von Sonntagsreden“ wächst

„So machen sich die Europapolitiker zusehends weiter unglaubwürdig, und ihre wohlfeilen Versprechungen lassen den Berg der Sonntagsreden wachsen, ohne Wirkung zu erzielen“, so Votum. Die RIS ist die geplante Vorschrift zur europäischen Kleinanlegerstrategie, als Trilog werden die abschließenden Verhandlungen darüber zwischen EU-Kommission, -Parlament und Rat bezeichnet.

„Der glaubwürdigste Aufbruch für einen echten Bürokratieabbau wäre die Einstellung des Trilogs zur Retail Investment Strategy. Keiner ihrer Regulierungsansätze ist geeignet, Europa wettbewerbsfähiger zu machen“, so Martin Klein, Geschäftsführender Vorstand des Votum Verbandes.

„Im Ergebnis brauchen wir mehr erfolgreiche europäische Projekte wie Airbus anstatt die nächste EU-Richtlinie“, so Votum. „Auch die Einführung des neuen ‚Finance Europe‘-Labels bewerten wir daher mit großer Zurückhaltung.“ Die Idee, über ein freiwilliges Siegel Kapital in europäische Unternehmen zu lenken, mag gut gemeint sein – sie ersetze jedoch keine strukturellen Reformen.

„(Unklare) Steuervorteile für Europatriotismus“

Die starre Vorgabe, mindestens 70 Prozent der Anlagewerte im Europäischen Wirtschaftsraum zu investieren, limitiere die Diversifikation und erhöhe das Beratungsrisiko, ohne erkennbaren Mehrwert für Kundinnen und Kunden. Der fehlende europaweite steuerliche Ordnungsrahmen verhindere eine wirksame Lenkung, während die Selbstzertifizierung durch Produktanbieter Fragen hinsichtlich Transparenz, Vergleichbarkeit und Kontrolle aufwerfe. Für private Sparer bleibe der praktische Nutzen des Labels ohnehin schwer greifbar.

Martin Klein: „Zusammengefasst bedeutet das ‚Finance Europe‘-Label – (unklare) Steuervorteile für Europatriotismus. Berater werden sich zukünftig in der Situation wiederfinden, ihre Kunden vor die Frage zu stellen: Willst du eine Anlage mit Steuervorteilen, die zu über zwei Drittel in Europa allokiert ist und eine Mindesthaltedauer von fünf Jahren hat, oder eine Anlage ohne Steuervorteile, dafür weltweit unbegrenzte Anlageoptionen und keine Kapitalbindung? Welche der Anlagen die bessere Nachsteuerrendite haben wird, bleibt der Glaskugel vorbehalten.“

Es bleibe zu hoffen, dass von den neu eingesetzten Expertengremien unter der Leitung des ehemaligen Gouverneurs der Banque de France, Christian Noyer, und Ex-Bundesfinanzminister Jörg Kukies (SPD) wirklich entscheidende Maßnahmen erarbeitet werden, die den europäischen Finanzplatz nachhaltig stärken. „Ein noch so schönes Europa-Label ist deutlich zu wenig“, so Votum.

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