Die falsche Frage

Kolumne von Achim Küssner, Schroders

Es wird hitzig diskutiert und kräftig reguliert dieser Tage, wenn es um das Thema Anlageberatung geht. Ist es besser, wenn ein Berater eine Provision erhält oder sollte der Anleger nicht doch lieber ein Honorar für die Dienstleistung bezahlen wie beim Anwalt oder Steuerberater?

Achim Küssner, Schroders

Aus meiner Sicht ist diese Frage völlig überflüssig, solange sie die Qualität der Beratung nicht berücksichtigt. Fakt ist, ein Berater ist ein Unternehmer mit wirtschaftlichen Interessen. Das er für seine Dienstleistung vergütet wird, steht also nicht zur Diskussion. Wie er vergütet wird, ist ebenso nebensächlich, wenn ich als Anleger einen Mehrwert aus seiner Dienstleistung ziehe. Und ein Blick auf den Global Wealth Report verrät: Beratung zahlt sich aus. Die Zahl der Millionäre in Deutschland erhöht sich. Wer wohlhabend ist und über ein entsprechendes Anlegevermögen verfügt, nutzt in der Regel auch Beratung bei der Kapitalanlage. Und eben diese aktive Beratung führt zu einer höheren Aktienquote, Zugang zu alternativen Anlageklassen und vermehrt das Vermögen langfristig.

Auch private Anleger sollten professioneller werden

Viel wichtiger wäre es allerdings, wenn insbesondere Kleinanleger das Thema Kapitalanlage professioneller angehen würden. Die Reform der staatlichen Rentensysteme sorgt dafür, dass Altersvorsorge viel stärker zu einem privaten Thema wird. Spätestens heute sollten die Bundesbürger wissen, dass sie selbst die Verantwortung für ihren Lebensunterhalt im Alter tragen. Leider fehlt Vielen das Verständnis für die Tragweite einer qualitativ hochwertigen Anlageberatung. Die meisten Bankkunden etwa gehen davon aus, dass mit ihrer Girokontogebühr auch die Anlageberatung abgegolten ist.

Und genau hier sollte der öffentliche Diskurs ansetzen. Anstatt über das Für und Wider von Provisions- und Honorarberatung zu diskutieren, muss die breite Bevölkerung erst einmal dafür sensibilisiert werden, dass sie überhaupt Beratung braucht. Dafür muss zunächst mehr Aufklärung rund um das Thema Kapitalanlage betrieben werden. Denn nur aufgeklärte, mündige Bürger mit einem Grundverständnis für Finanzen, Investments und Altersvorsorge können auch Entscheidungen für den Vermögensaufbau treffen. Und nur so haben Anlageberater überhaupt eine Chance, eine vertrauensvolle Arbeitsbasis zu ihren Kunden aufzubauen.

Mehr Anreize für Beratung

Darüber hinaus müssen wieder mehr Anreize für Beratung insgesamt geschaffen werden. Denn Fakt ist, dass es im aktuellen regulatorischen Umfeld zu wenig davon gibt. Banken vermitteln heute noch rund 80 Prozent des Anlagevermögens, ziehen sich aber zunehmend aus der Beratung zurück. Zu groß ist der Aufwand, zu hoch die Strafen bei Fehlberatung. Oder wollen wir britische Verhältnisse in Deutschland? Dort haben sich Banken nach dem Provisionsverbot massiv aus der Beratung zurückgezogen. Das Ergebnis: Viele arbeitslose Banker und 5,5 Millionen Menschen ohne Hilfe bei der Kapitalanlage.

Beim Thema Anlageberatung gilt es, deutlich dringlichere Fragen zu beantworten als die nach der Vergütung der Berater. Der Ruf der Investmentbranche nach finanzieller Allgemeinbildung als Schulfach ist kein verkappter Versuch, möglichst früh möglichst viele neue Kunden zu akquirieren. Es ist ein Versuch, Aufklärungsarbeit zu leisten, damit wir nicht bald in einem Land voller Altersarmut leben. Und ist das nicht die Provision oder das Honorar wert?

 

Autor Achim Küssner ist Geschäftsführer der Schroder Investment Management GmbH.

 

 

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