25 Jahre Arbeit für 20 Jahre Ökovision

„Gewinner der Zukunft“ klingt einfach und kompliziert zugleich. Was bedeutet das praktisch?

Im Anlageausschuss haben wir positive und negative Kriterien, die wir abwägen und dann gemeinsame eine Entscheidung treffen. Negativ, das sind die Dinge, die wir nicht oder ganz und gar nicht wollen: Atomenergie, Kinderarbeit, Raubbau und fossile Energien, „grüne“ Gentechnik und Chlorchemie sind Ausschlussgründe.

Damit schließen wir die „Verlierer der Zukunft“ aus, denn solche Produkte, Technologien und Geschäftsmodelle haben in einer gerechten, stabilen und nachhaltigen Gesellschaft keinen Platz. Die Vision aber steckt in den positiven Kriterien, den Eigenschaften von Unternehmen, die wahrscheinlich als Gewinner dastehen werden, in die Ökovision investieren darf und soll.

Was sind das für Wunschkriterien?

Wir haben 15 Kategorien von Kriterien, die ich so zusammenfasse: Wir suchen Unternehmen mit umwelt- und sozial verträglichen Produkten, Verfahren, Dienstleistungen und Geschäftsmodellen, die sich durch ihre Tätigkeit und in der Öffentlichkeit und durch ihr Lobbying aktiv für einen Umbau zu einer gerechten und nachhaltigen Gesellschaft engagieren. Dabei müssen die Unternehmen nicht perfekt sein, aber unterm Strich muss es stimmen, und sie müssen auf dem richtigen Weg sein.

Haben Sie ein Lieblingsunternehmen in Ökovision?

Wir gehen an die Unternehmen eher nüchtern heran und arbeiten mit Kriterien. Gefühle sind da weniger im Spiel. Aber es gibt Unternehmen, die schon lange im Fonds sind und alle drei Jahre wieder Freude bereiten. Eines davon ist Boiron, ein französischer Hersteller von homöopathischen Arzneien. Der Aktienkurs mag rauf oder runter gehen, das Unternehmen überzeugt uns ein ums andere Mal mit seiner Ausrichtung und Substanz.

Gibt es auch aktuelle Beispiele?

Da denke ich an die „Gewinner der Energiewende“, zum Beispiel Vestas, SolarCity oder SMA, und mit der PowerWall auch Tesla. Diese Unternehmen sind leistungsfähig genug, um den Umbau der Energieversorgung weltweit zu beschleunigen, und sie profitieren davon mit Wachstum und Gewinn, zur Freude der Anleger in Ökovision. Jetzt zahlt sich aus, dass der Fonds aufgrund seiner Kriterien schon immer frei von fossilen Energien war.

Aber wachsen Entwicklungs- und Schwellenländer nicht schneller, ohne dass dort viel auf Umwelt- und Sozialaspekte geachtet wird?

Jein. Sie wachsen schneller, sind im Vergleich aber zu Deutschland und anderen Industriestaaten noch arm. Beim Umweltschutz machen sie allesamt Fortschritte, und der Wille ist erkennbar, unsere Fehler der Vergangenheit und der Gegenwart nicht zu wiederholen. Die positive Entwicklung der „wachsenden Märkte“ geht mit einer gesellschaftlichen und sozialen Öffnung einher. Auch wenn da noch viel zu tun ist und es gelegentlich wie derzeit in China oder der Türkei Rück-schritte gibt, die Schwellenländer werden tendenziell stabiler und für Investoren interessanter. Manche Unternehmen sind gut, aber zu intransparent, und ihre Managementsysteme sind nicht gut genug entwickelt. Mit unseren Ökovision-Kriterien stoßen wir da an Grenzen. Ökoworld hat deswegen einen Schwellenländerfonds namens „Ökoworld Growing Markets 2.0“ aufgelegt, der dieselbe Philosophie verfolgt wie Ökovision, aber an manchen Punkten etwas nachsichtiger ist bzw. sein muss. Die harten Ausschlusskriterien werden davon aber nicht berührt.

Interview: Tim Rademacher

Foto: Ökoworld

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