EZB überrascht – Anleihemärkte unter Druck

Nach einer außerordentlichen Sitzung zu später Stunde hat die EZB die Märkte mit einem plötzlichen Notfall-Anleihenkaufpaket in Höhe von 750 Milliarden Euro überrascht. Paul Markham, Global Equities Portfolio Manager bei Newton IM – einer Gesellschaft von BNY Mellon Investment Management, zum Pandemie-Notkaufprogramm.

Paul Markham, Newton IM

Die EZB ruft eine zweifellos hohe Summe auf und hat so dazu beigetragen, die Anleger zumindest vorübergehend zu beruhigen. Dies ist zwar möglicherweise nicht die letzte geldpolitische Maßnahme, die die EZB und die übrigen Zentralbanken ergreifen müssen, aber es ist sicherlich ein positiver Schritt.

Nach den Erfahrungen aus der europäischen Schuldenkrise im Jahr 2011 und dem Finanzcrash von 2008 gibt es nun ähnliche Bedenken in Hinblick auf die Geldpolitik der EZB, wenn es um die Verschuldung und insbesondere um die Liquidität geht. Dieses Kaufprogramm könnte der EZB helfen, die europäischen Anleihemärkte zu beruhigen und Vertrauen zu schaffen. Das dürfte sich als entscheidend erweisen, insbesondere mit Blick auf Länder wie Italien, deren Renditen für Staatsanleihen und Kosten für den Schuldendienst unter Aufwärtsdruck geraten sind.“

Jon Day, Portfoliomanager für Anleihen bei Newton IM und Manager des BNY Mellon Global Dynamic Bond Fund (Foto anbei), kommentiert die Entwicklung auf dem europäischen Anleihenmarkt:

„Aktuell kommen ganze Volkswirtschaften zum Stillstand. Der Bedarf an liquiden Mitteln ist akut – und dies allein, damit Menschen, Unternehmen und Lieferanten bezahlt werden können. Staatsanleihen sehen wir deshalb zunehmend negativ.

Die Zentralbanken haben ihr Bestes versucht und die Zinssätze drastisch gesenkt. Aber das Problem ist nicht der Preis des Geldes, sondern seine Verfügbarkeit. Staatliche Ausgaben für Steuersenkungen, Leistungszusagen oder Kreditbürgschaften sind jetzt die einzig richtige Antwort. Denn dadurch wird Geld bereitgestellt, damit Unternehmen und Einzelpersonen weitermachen können.

Die quantitative Lockerung hilft, indem sie einen Teil der Staatsausgaben finanziert. Aber es werden immer noch beträchtliche Neuemissionen von Staatsanleihen erforderlich sein. Dies wird die Renditen nach oben drücken, wie wir diese Woche bereits sehen. Die erste Reaktion der EZB auf die Krise hat nicht geholfen, da sie nur eine geringe Erhöhung ihres geldpolitischen Programms ankündigte. Und dies hat gemeinsam mit der sehr schlechten Marktliquidität den Abstand aller Staatsanleihen gegenüber Bundesanleihen weiter vergrößert.

In diesen beispiellosen Zeiten könnte, wie erneut diskutiert wurde, eine Anleihe für die gesamte Eurozone, bei der alle Mitglieder als eine Gruppe emittieren, in Frage kommen. Obwohl wir uns dabei fragen, ob Deutschland bereit wäre, seine AAA-Kreditqualität zu teilen.

Foto: Newton IM

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