Bürgerenergie-Projekte dominieren erste Windkraft-Ausschreibung

Die Konsequenzen der aktuellen Ergebnisse der ersten Ausschreibung für Onshore-Windparks sind mehr Wettbewerb, hohe Unsicherheit und weniger Investitionsobjekte. Kommentar von Thomas Seibel, Geschäftsführer der re:cap global investors ag

Thomas Seibel: "
Thomas Seibel: „Sicher ist, dass der Zubau 2019 zunächst zurückgehen wird.“

Die Bundesnetzagentur hat vergangenen Freitag (19. Mai) die Ergebnisse der ersten Ausschreibungsrunde für Onshore-Windenergie veröffentlicht. Für das Ausschreibungsvolumen von 800 Megawatt wurden 256 Gebote abgegeben und davon 70 bezuschlagt.

Der durchschnittliche Zuschlagswert lag bei 5,71 ct/kWh und damit deutlich unterhalb der bisherigen EEG-Vergütung von 8,03 ct/kWh. Akteure der Branche müssen sich jetzt also offiziell Gedanken über Strategien zur Preissenkung machen. Eine Entwicklung, die Projektentwickler, Turbinenhersteller und Investoren zwar vor neue Herausforderungen stellt, jedoch schon im Vorfeld absehbar war.

Mehr Bürgerenergie-Projekte

Deutlich überraschender ist hingegen die Dominanz von Bürgerenergie-Projekten unter den bezuschlagten Geboten. 65 der insgesamt 169 eingereichten Bürgerenergie-Projekte haben einen Zuschlag bekommen. Dies entspricht rund 93 Prozent aller Zuschläge beziehungsweise 96 Prozent des Zuschlagsvolumens.

Dieses Ergebnis bringt eine hohe Unsicherheit in den Zubau neuer Anlagen, denn Bürgerenergie-Gesellschaften dürfen laut EEG – im Gegensatz zu allen anderen Bietern – auch ohne vorherige Genehmigung ihrer Anlagen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz an der Ausschreibung teilnehmen. Zudem gilt für Bürgerenergie-Projekte eine zwei Jahre längere Realisierungsfrist; ihre Anlagen müssen erst 54 Monate nach öffentlicher Bekanntgabe in Betrieb genommen werden. Ob und wie viele dieser Projekte nun genehmigt und anschließend tatsächlich gebaut und wirtschaftlich betrieben werden, ist deshalb überhaupt noch nicht absehbar. Sicher ist nur, dass der Zubau 2019 zunächst zurückgehen wird.

Eine weitere Sonderregelung für Bürgerenergie-Gesellschaften: Der Zuschlagswert wird nach dem Einheitspreisverfahren ermittelt. Das bedeutet, dass die bezuschlagten Projekte automatisch die maximale Förderhöhe erhalten. Für alle anderen erfolgreichen Bieter entspricht der Zuschlagswert dagegen lediglich dem individuellen Gebot. Dieses Vorgehen bietet einen klaren Vorteil für Bürgerenergie-Projekte und Bedenken, dass Gebote dieser Art vereinzelt etwas zu optimistisch kalkuliert werden, um die Erfolgswahrscheinlichkeit zu erhöhen, sind leider gerechtfertigt. Sollte im EEG diesbezüglich nicht nachgebessert werden, könnte Bürgerenergie auch die nachfolgenden Ausschreibungen dominieren und so den Wettbewerb verzerren.

Weniger Investitionsmöglichkeiten

Die Folge: Für institutionelle Investoren wird es in Zukunft auf dem deutschen Wind-Markt deutlich weniger attraktive Anlagemöglichkeiten geben. Aus dieser Ausschreibungsrunde beispielsweise gibt es keine Projekte, die Finanzinvestoren zugänglich sind. Investoren, die mit dem Thema Erneuerbare Energien „liebäugeln“, sollten eine Entscheidung also nicht auf die lange Bank schieben.

Denn Investitionen zu einem späteren Zeitpunkt werden von niedrigeren Renditen und höheren Risiken, beispielsweise Genehmigungsrisiken, gekennzeichnet sein. Aufgrund der sinkenden Anzahl verfügbarer Projekte in Deutschland wird zudem der Auslandsanteil in Portfolios steigen. Die re:cap wird sich zunächst weiterhin auf deutsche Projekte konzentrieren, die bis Ende 2016 eine Genehmigung erhalten haben und damit noch unter den Bestandsschutz fallen und nicht an Ausschreibungen teilnehmen müssen.

Thomas Seibel ist Geschäftsführer der re:cap global investors ag, Zug/Schweiz. Das Unternehmen ist für die Projektauswahl und Transaktionsberating des Luxembuger Spezialfonds FP Lux Investments S.A. SICAV-SIF verantwortlich. Insgesamt hält die FP Lux Gruppe in ihren Teilfonds Wind- und Solarprojekte mit einem Volumen von fast 500 Megawatt in Deutschland und Europa.

Foto: re:cap global investors

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