Europawahl: Warum sie besonders für die einzelnen Länder wichtig ist

Populistische Parteien könnten bei der Europawahl vom 23. bis 26. Mai deutlich zulegen, auch wenn die Parteien der Mitte weiter dominieren dürften. Dies könnte letztlich zu einem weniger berechenbaren Europäischen Parlament führen, so Apolline Menut, Ökonomin für die Eurozone bei AXA Investment Managers, in ihrem Gastbeitrag.

„Die Fragmentierung könnte temporäre Bündnisse diverser politischer Kräfte ermöglichen und somit die Unsicherheit bei der Entscheidungsfindung erhöhen.“ Menut ist dennoch der Ansicht, dass die Auswirkungen der Wahl auf die europäische Integration und den weiteren Kurs der Europäischen Union begrenzt bleiben dürften. „Warum also sollten wir uns für die Wahl interessieren?“, fragt Apolline Menut, Ökonomin für die Eurozone be AXA Investment Managers.

Ihre Antwort: Erstens, weil die Europawahl der Auftakt für den Prozess zur Besetzung verschiedener wichtiger Positionen ist, einschließlich der EU-Kommission und der EZB-Präsidentschaft. Und zweitens, weil sie die Politik auf Länderebene beeinflussen kann. Sie ist eine Nagelprobe für das Verhältnis der politischen Kräfte in Italien, wird die Diskussion um das Ende der Ära Merkel in Deutschland beeinflussen und ist zugleich der erste Test von Frankreichs Präsident Macron an der Wahlurne.“

Der Einfluss der Europawahl auf die Besetzung von Posten in der EU

In Bezug auf die Besetzung wichtiger Posten in der EU hängt Menut zufolge viel davon ab, ob der Spitzenkandidaten-Prozess, der 2014 eingeführt wurde, beibehalten wird oder nicht. Dieser Prozess sieht vor, dass der Spitzenkandidat der Parlamentsgruppierung, die in der Wahl die meisten Sitze gewinnt, zum nächsten Präsidenten der EU-Kommission gewählt wird.

Er ist allerdings nicht in EU-Verträgen festgelegt – und damit auch nicht dauerhaft gesetzt. „Unserer Ansicht nach verliert der Spitzenkandidat umso stärker an Glaubwürdigkeit, je fragmentierter das Parlament ist“, sagt Menut. „Damit sinkt auch der direkte Einfluss des Parlaments auf die Besetzung der Europäischen Kommission.“

Manfred Weber als neuer Kommissionspräsident?

In diesem europäischen „Game of Thrones“ sind jedoch neben der Fragmentierung des Parlaments weitere Faktoren zu berücksichtigen, namentlich die Nationalität der Kandidaten, ihre politische Ausrichtung und ihr Geschlecht. Entsprechend komplex dürfte die Entscheidungsfindung sein.

„Nimmt man beispielsweise an, dass der Spitzenkandidaten-Prozess respektiert wird, so könnte der deutsche EVP-Kandidat Manfred Weber der nächste Kommissionspräsident werden. Dadurch wiederum würden die Chancen für einen französischen oder Frankreich nahestehenden Kandidaten auf die EZB-Präsidentschaft steigen“, erläutert Menut.

Seite 2: Wie die Wahl auf die einzelnen Länder wirkt

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