Falsche Gewichtung von Risiken

Die Versicherer haben sich Gedanken über die Ursachen für die geringe Marktdurchdringung von klassischen BU-Policen gemacht. Auf Seiten der Verbraucher spielen sowohl finanzielle als auch psychologische Aspekte eine Rolle.

Bernhard Rapp, Canada Life: “Die Menschen halten spektakuläre Ereignisse wie Terroranschläge, Gewaltverbrechen oder Flugzeugabstürze für wahrscheinlicher als etwa schwere Erkrankungen wie Schlaganfall oder Herzinfarkt.”
Bernhard Rapp, Canada Life: “Die Menschen halten spektakuläre Ereignisse wie Terroranschläge, Gewaltverbrechen oder Flugzeugabstürze für wahrscheinlicher als etwa schwere Erkrankungen wie Schlaganfall oder Herzinfarkt.”

Es gab Zeiten, da sorgte die monatliche Bekanntgabe der Arbeitslosenzahlen für lange Gesichter in Deutschland. Im Januar 2005 etwa meldete die Nürnberger Bundesagentur für Arbeit erstmals mehr als fünf Millionen Arbeitslose. Von einer „schrecklichen Zahl“ sprach der damalige Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD). Heute kann von „schrecklichen Zahlen“ keine Rede mehr sein, im Gegenteil: Der deutsche Arbeitsmarkt boomt. Mit 3,9 Prozent weist die Bundesrepublik zur Zeit die niedrigste Arbeitslosenquote in der gesamten Eurozone auf.

Im April erreichte die Zahl der offenen Stellen hierzulande einen neuen Höchststand. Die ohnehin schon guten Chancen von Jobsuchern hätten sich damit weiter verbessert, berichtete die Bundesagentur für Arbeit. Der BA-X, der saisonbereinigt die Trends auf dem Stellenmarkt abbildet, stieg auf 231 Punkte. Gegenüber dem Vormonat kletterte der Indikator damit um drei Zähler. Im Vergleich zum Vorjahr lag er sogar 20 Punkte höher. „Deutschlands Arbeitsmarkt strotzt vor Kraft“, kommentierte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ die positive Entwicklung.

Angesichts solch hoher Beschäftigungszahlen überrascht es, dass nur etwa ein Fünftel der Deutschen über eine Erwerbs- oder Berufsunfähigkeitsversicherung verfügt. Besonders die jüngeren Zielgruppen, bei denen der Absicherungsbedarf besonders groß ist, sind nur unzureichend abgesichert. Dabei ist das Risiko, berufsunfähig zu werden, nicht gerade gering. Statistisch gesehen ist jeder fünfte Bundesbürger von diesem Schicksal betroffen. Doch offenbar verdrängen viele Deutsche das Risiko – oder sie vertrauen auf die Leistungen der gesetzlichen Berufsunfähigkeitsrente. Das könnte sich als fataler Fehler erweisen.

Gesetzliche Leistungen reichen nicht aus

„Der Gesetzgeber hat die Leistungen der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente in den letzten Jahren deutlich zurückgefahren. Insbesondere Menschen, die nach dem 1. Januar 1961 geboren sind, bekommen nur dann noch die volle Rente, wenn sie weniger als drei Stunden pro Tag in irgendeinem Beruf arbeiten können. Dabei spielt es dann auch keine Rolle, welchen Beruf sie zuletzt ausgeübt haben“, erläutert Mathias Zunk, Verbraucherexperte beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Außerdem reiche die Erwerbsminderungsrente nicht aus, um den bisherigen Lebensstandard zu wahren. Sie liege oft noch unter einem Drittel des letzten regulären Monatsgehalts, so Zunk.

Seite zwei: Bewusstsein schärfen

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