Assekurata Marktausblick Schaden- und Unfallversicherung: „Cyber ist voll im Markt angekommen“

Foto: Assekurata
Dr. Reiner Will

Ungeachtet der weltweiten Corona-Pandemie setzte sich der positive Trend in der Schaden-/Unfallversicherung im Geschäftsjahr 2020 weiter fort. Das zeigt der Marktsausblick der Kölner Rating-Agentur Assekurata. Zudem konnte die Sparte auch die Profitabilität steigern. Neben pandemiebedingt geringeren Schadenaufwendungen in der Kfz-Versicherung profitierten die Versicherer zudem von einer geringen Elementarschadenbelastung. Für 2021 stehen die Zeichen ebenfalls auf Wachstum.

Analog zu 2020 dürften die wirtschaftlichen Auswirkungen des Corona-Lockdowns vor allem Industrie- und Gewerbeversicherer treffen, während die Belastungen im Privatkundengeschäft deutlich geringer zu spüren sein werden, sagte Dennis Wittkamp, Fachkoordinator Schaden-/Unfallversicherung bei Assekurata und Autor der Untersuchung bei der Vorstellung der Ergebnisse im Rahmen einer Online-Pressekonferenz.

Geringeres Schadenaufkommen

„Die Branche ist gut durch die Pandemie gekommen. Die verringerte Mobilität hat im vergangenen Jahr einem deutlichen Rückgang von Verkehrs-, Sport- und Freizeitunfällen geführt. Zusätzlich haben vergleichsweise geringe Elementarschäden dazu beigetragen, dass die deutschen Schaden-/Unfallversicherer im Geschäftsjahr 2020 den versicherungstechnischen Gewinn deutlich von 5,2 Milliarden auf 7,4 Milliarden Euro steigern konnten“, so Wittkamp.

Beitragsseitig konnte die Branche ihren Wachstumskurs fortsetzen, wenngleich die Einnahmen mit 2,1 Prozent etwas weniger stark anstiegen als im Mittel der vergangenen zehn Jahre. Dabei erwiesen sich 2020 mit Ausnahme der Unfallversicherung erneut alle Zweige als sogenannte „vitale Ertragsträger“, wenngleich wachstumsseitig zum Teil nur knapp.

Die Versicherungsleistungen sanken nach Angaben von Wittkamp von 53,3 Milliarden auf 52 Milliarden Euro. Folgerichtig ging die kombinierte Schaden-Kosten-Quote (Combined Ratio) von 92,8 Prozent auf rund 90 Prozent ab. Im Vergleich zum Zehnjahresdurchschnitt 2010-2020 (95,7 Prozent) stelle dies einen sehr guten Wert dar, so Wittkamp.

Auf der Schadenseite profilierten sich neben der Hausratversicherung insbesondere die Haftpflichtversicherung und die Unfallversicherung erneut als solide Erfolgslieferanten. Ferner profitierte die Kraftfahrtversicherung von einer geringeren Schadenbelastung und positionierte sich 2020 damit deutlich ertragreicher als in der Vergan-genheit.

Neben der Rechtsschutzversicherung erwies sich laut Wittkamp das Kfz-Segment als wesentlicher Wachstumstreiber der Branche. Auch die Wohngebäudeversicherung profitiere von den vergleichsweise geringen Elementarschadenereignissen. Die Branche sei dort profitabel. Für das 2021 erwartet Wittkamp eine ähnliche Entwicklung: „Die pandemiebedingten Rückgänge auf der Schadenseite dürften sich weiter fortsetzen und die Ertragssituation der Branche erneut positiv beeinflussen“, so der Experte.

Kfz: Neuer Preiswettbewerb dank sehr guter Ergebnisse

Mit Blick auf die Kraftfahrtversicherung erscheint vor diesem Hintergrund sogar ein erneuter Preiswettbewerb möglich. „Die Schadenentwicklung eröffnet Raum für marktweite Beitragssenkungen, ohne die Profitabilität allzu negativ zu beeinflussen“, sagt Wittkamp. Durch Beitragsrückerstattungen für das Jahr 2020 sinke zudem das Bei-tragsniveau für das Wechselgeschäft 2021/2022. „Wer dort eine Rolle spielen will, wird nicht umherkommen, die Prämien ebenfalls auf ein entsprechendes Niveau abzusenken“ prognostiziert Wittkamp.

Cyber ist im Markt angekommen

Profiteure der Pandemie sind auch die Anbieter von Cyberversicherungen, wo das Neugeschäft merklich anzog. Cyber sei im Markt angekommen und sei eines der Wachstumsfelder in der Schaden- und Unfallversicherung, sagt Assekurata-Geschäftsführer Dr. Reiner Will.

Die Coronapandemie habe für eine deutlich stärkere Verbreitung der mobilen Arbeit, aber auch ein deutliche Zunahme von Schäden gesorgt. „Viele Unternehmen haben sich stärker mit ihren IT-Risiken auseinandergesetzt und zeitnah um Versicherungsschutz gekümmert“, erläutert Will. Schadenseitig wirkt sich die Pandemie in diesem Zweig aber negativ aus.

„Wie wir in unserer aktuellen Studie Quo vadis Cyber-Insurance 2021? Auf Goldgräberstimmung folgt Professionalisierung ermitteln konnten, führte der deutliche Anstieg an Schäden dazu, dass immer weniger Versicherer die Prämieneinahmen als auskömmlich erachten“, betont Will. „2021 wird eine hohe Nachfrage auf stagnierende bis nur leicht wachsende Kapazitäten am Markt treffen. Im Zusammenspiel mit steigenden Schadenquoten dürften die Prämien in der Cyberversicherung in diesem Jahr merklich ansteigen.“ Auch für die Wohngebäude- und die Rechtsschutzversicherungssparte erwartet die Rating-Agentur einen Anstieg der Prämien.

Prämiensteigerungen in Markt für Cyberversicherungen

Für das laufende Jahr werden sich aus Sicht der Rating-Agentur die Auswirkungen der Pandemie in der Schadensituation widerspiegeln. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass sich der positive Schadentrend in der Kraftfahrt-, Hausrat- und Unfallversicherung weiter fortsetzt.

„Zwar ist die Mobilität in den ersten fünf Monaten 2021 nicht so deutlich abgesunken wie 2020, gegenüber 2019 zeigt sich allerdings noch immer ein deutlicher Rückgang. Somit dürfte die Schadenbelastung in den genannten Zweigen noch immer vergleichsweise gering ausfallen“ erläutert Wittkamp. Auf der anderen Seite werden sich die negativen Auswirkungen der Corona-Maßnahmen weiterhin in der Betriebsschließungs- und der Kre-ditversicherung sowie der Rechtsschutz- und Veranstaltungsausfallversicherung niederschlagen.

„Neben dem Bereich Arbeitsrecht kommt es gerade auch auf dem Gebiet der Betriebsschließung zu einer Vielzahl an Rechtsstreitigkeiten. Wir gehen davon aus, dass Gesellschaften mit Schwerpunkten in Gewerbe und Industrie schwerer betroffen sind als Privatkundenversicherer“, führt Wittkamp aus.

Im Zusammenhang mit den Rechtsstreitigkeiten in der Betriebsschließungsversicherung (BSV) mahnte Asskurata-Geschäftsführer Will eine höhere Transparenz in den Bedingungswerken der BSV an. Mittlerweile habe der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft zwar reagiert und neue Musterbedingungen veröffentlicht. Damit könnte mehr Klarheit geschaffen werden. Allerdings seien die Bedingungswerke und deren Inhalte Sache der Unternehmen. Darüber hinaus habe die Pandemie die Versicherungswirtschaft an die Grenzen des Versicherbaren gebracht. Will fordert in dem Zusammenhang neue Lösungsansätze. Denkbar sei eine Private-Public-Partnership.

Wie sich der Geschäftsverlauf für das Jahr 2021 entwickelt, hängt laut Wittkamp unter anderem davon ab, in welcher Form und wie schnell sich die gesamtwirtschaftliche Situation wieder normalisiert. „Mit weiter sinkenden Inzidenzen, dem Fortschreiten der Impfkampagne und ersten Öffnungsschritten ist die Grundlage für eine höhere wirtschaftliche Dynamik im zweiten Halbjahr 2021 gelegt“, zeigt sich Wittkamp überzeugt. Für 2021 erwartet Assekurata ein Wachstum von rund 2,5 Prozent. „Die positiven Auswirkungen der Pandemiebekämpfung auf Schäden und Provisionszahlungen halten an. Auch bei sinkendem Prämienniveau in der Kraftfahrtversicherung dürfte die Branche unter dem Strich weiterhin einen hohen versicherungstechnischen Gewinn einfahren“, so das Fazit des Asskurata-Experten.

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