Roundtable: „Ein vollgelaufenes Haus ist meistens unrettbar verloren“

Foto: Cash., Florian Sonntag
Gruppenbild vor dem Cash.-Extra-Expertengespräch ( v.l.n.r.): Michael Neuhalfen, Alte Leipziger, Melanie Freund, Softfair, und Uwe Schumacher, Domcura.

Teilnehmer: Uwe Schumacher, Vorstandsvorsitzender der Domcura AG, Michael Neuhalfen, Leiter Vertrieb bei der Alte Leipziger Versicherung, und Melanie Freund, Leiterin des Fachbereichs Schaden, Unfall, Haftpflicht beim Hamburger Analysehaus Softfair.

Der Markt in der Sachversicherung ist in Bewegung: Der Klimawandel und seine Folgen und der Megatrend Nachhaltigkeit sind zwei Aspekte. Die Zinsmisere, die Digitialisierung, neue agile Anbieter und die Überalterung in der Vermittlerstruktur sorgen für weiteren Druck. Cash. diskutierte mit Uwe Schumacher, Vorstandsvorsitzender der Domcura AG, Michael Neuhalfen, Leiter Vertrieb bei der Alte Leipziger Versicherung, und Melanie Freund, Leiterin des Fachbereichs Schaden, Unfall, Haftpflicht beim Hamburger Analysehaus Softfair, über die Bedeutung des Sachversicherungsgeschäfts und die Positionierung in einem sich rapide verändernden Markt.

Sach macht Krach lautet ein Slogan. Und die Zahlen der Kölner Rating-Agentur Assekurata zeigen, dass die Sachversicherer 2020 einen deutlichen Gewinnsprung hinlegen konnten. Wie gut lief das Sachversicherungsgeschäft in der Pandemie?

Schumacher: Wir sind sehr gut durch die Pandemie gekommen und hatten 2020 das fünfte Rekordjahr in Folge. Das betrifft Umsatz und Gewinn. Und dass, ohwohl wir vor 15 Monaten den größten Teil unserer Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt hatten.

Was mich überrascht hat ist, wie reibungslos das klappte. In der Spitze hatten wir ungefähr 90 Prozent unserer Mitarbeiter zu Hause und zehn Prozent in unseren verschiedenen Büros verteilt.

Neuhalfen: 2020 war für die gesamte ALH Gruppe ein hervorragendes Jahr. Nicht nur, weil es weniger Elementarschäden und Kfz-Unfälle gab. Es ist auch ein Ergebnis der 2019er Leistungen gewesen. Denn ein Geschäftsjahr in der Kompositversicherung lebt ein Stück weit von dem, was in den Vorjahren angebahnt wurde.

Und da waren wir offenbar erfolgreich im Vermittlermarkt. Was Uwe Schumacher sagte, kann ich nur bestätigen: Im Juni diese Jahres waren bei uns durchschnittlich 75 Prozent der Beschäftigten im Homeoffice. Dabei war vorteilhaft, dass wir digitale Formate und Webinare bereits eingeführt hatten.

Die Pandemie hat wie ein Brennglas die Entwicklungen verstärkt. Was mich 2020 begeistert hat, war diese Aufbruchsstimmung. Mittlerweile sind die Leute müder. Auch wegen der vielen Regel und pemanenten Änderungen. Ich bin persönlich sehr froh, dass Lockerungen Einzug halten.

Freund: Softfair ist ebenfalls sehr gut durch die Corona-Krise gekommen. Wir konnten im Prinzip von jetzt auf gleich den Schalter umlegen und hatten in der Spitze sogar fast 100 Prozent unserer Mitarbeiter im Homeoffice. Bis auf den Empfang und die IT-Administration. Auch bei uns zeigt sich, dass die Kolleginnen und Kollegen von den Regeln genervt sind.

Gleichwohl wollen über 75 Prozent unserer Mitarbeiter gerne auch nach Corona flexibler arbeiten. Was wir anhand der Geschäftszahlen von den angeschlossenen Pools und Vertrieben sehen, ist, dass es keinen Einbruch der Antragszahlen gab. Das spiegelt genau die Einschätzung von Herrn Neuhalfen und von Herrn Schumacher wider.

Domcura und Alte Leipziger bieten Hausrat- und Wohngebäudeversicherungen an. Wir sehen, dass in dem Segement immer wieder Smarthome-Bausteine vorgestellt werden. Welche Bedeutung hat die Digitalisierung der Wohnwelt für die Versicherer? Sehen Sie dort Gefahren?

Schumacher: Natürlich ist Smarthome ein Trend – allerdings auf einem noch sehr überschaubaren Niveau. Für uns ist es im Moment eine neue Bautechnik und noch kein differenzierendes Kriterium.

Schätzungsweise drei Prozent der Versicherten haben Smarthome-Bausteine mit eingeschlossen. Wenn man die Wahrscheinlichkeiten also multipliziert, ist die Schadengefahr derzeit noch sehr gering. Insofern würde ich das im Moment noch nicht als Gefahr sehen.

Neuhalfen: Es wird mehr darüber geschrieben als es relevant ist. Was ist Smarthome? Es gibt keine geschützte Definition. Ist das der Rauchmelder, den jeder hat? Oder ist es der Kühlschrank, der die Gurken nachbestellt? Ich würde genau das bestätigen, was Uwe Schumacher sagt: Es ist ein sehr weites Feld und der Versicherungsschutz folgt dem Bedarf.

Spielt Smarthome wirklich kaum eine Rolle, Frau Freund?

Freund: Viele Versicherer haben Smarthome-Absicherungsbausteine im Leistungsspektrum. Und weitere springen auf diesen Zug auf. Die Kundennachfrage und das Bewusstsein scheint aber noch nicht so hoch.

Lesen Sie hier, wie es weitergeht.

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